Wirtschaft

FDP-Bundestagsfraktionschef fordert Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke

Im Interview mit der Welt setzte sich der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr für eine Laufzeitverlängerung der drei verbleibenden deutschen Kernkraftwerke ein, die Ende des Jahres abgeschaltet werden sollten. Man befinde sich in einer Ausnahmesituation.
FDP-Bundestagsfraktionschef fordert Laufzeitverlängerung für AtomkraftwerkeQuelle: www.globallookpress.com © Ulrich Stamm / www.imago-images.de

Am Dienstag setzte sich der Fraktionsvorsitzende der FDP Christian Dürr im Interview mit der Welt für eine Laufzeitverlängerung der drei verbleibenden AKWs in Deutschland ein. Seiner Auffassung nach müssen die Laufzeiten verlängert werden, da es jetzt sowohl im Strom- als auch im Gasmarkt auf jede Kilowattstunde ankomme. Insbesondere solle man die Verstromung von Gas in der aktuell besonderen Situation so weit wie möglich vermeiden. Nach Ansicht des FDP-Vorsitzenden würde bei einer Abschaltung der AKWs insofern der Druck erhöht, als dann noch mehr Gas verstromt werden müsse. Dabei werde jetzt jede Kilowattstunde Gas für den Wärmemarkt und für die Industrie gebraucht.

Außerdem, so Dürr, erwarteten auch die europäischen Partner die Weiterführung des AKW-Betriebs von uns Deutschen. Auf die Frage, was denn seiner Meinung nach die Grünen davon hielten, äußerte der Fraktionsvorsitzende Verständnis dafür, dass eine Partei, die ihre Wurzeln in der Anti-AKW-Bewegung habe, Probleme damit habe, die AKW-Laufzeiten zu verlängern. Aber schließlich befänden wir uns in einer besonderen Situation, verteidigte Dürr seine Position.

"Ich will nicht die Atomdebatten der vergangenen Jahrzehnte wiederholen. Es geht um eine ganz heftige Ausnahmesituation."

Das sieht laut Dürr auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck so. Und in einer besonderen Situation bräuchte man, wie er schon festgestellt hätte, eben auch besondere Maßnahmen.

"Wir dürfen nicht sehenden Auges in eine Energielücke im Winter laufen."

Deshalb dürfe das Thema auch bei der Kanzleramtsschalte am kommenden Donnerstag nicht "klein-klein" debattiert werden. Man müsse sich jetzt parteiübergreifend der Verantwortung dafür bewusst sein, dass wir alle sicher durch den Winter kommen.

Von der Welt gefragt, wie es denn mit verfügbaren Brennelementen, verfügbarem Fachpersonal und Sicherheitsvorkehrungen für den unvorhergesehenen verlängerten Betrieb der AKWs aussehe, stellte Dürr fest, dass ein AKW natürlich nicht am 31. Dezember 2022 noch absolut sicher und dann ab dem 1. Januar 2023 auf einmal absolut unsicher sei.

Schließlich seien wir ja diesbezüglich in einer besonderen Situation, die besondere Maßnahmen erfordere, betonte der FDP-Fraktionsvorsitzende an dieser Stelle noch einmal. Und aus diesem Grunde dürfe man jetzt auch keine ideologischen Debatten über Kernenergie führen. Vor allem nicht vor dem Hintergrund, dass Gas, wie schon bemerkt, nicht verstromt werden dürfe.

In der nächsten Frage zitierte die Welt ein Gutachten des Ökostromversorgers Green Planet Energy, wonach die längeren Laufzeiten der drei Atomkraftwerke höchstens ein Prozent des deutschen Gasverbrauchs ersetzen würden. Dementsprechend wäre der Aufwand der Laufzeitverlängerung im Verhältnis zum geringen Nutzen doch sehr hoch.

Darauf antwortete Dürr, dass zurzeit in Deutschland zehn Prozent des Gases zur Stromproduktion genutzt werde. Und in einer Situation, wo wir im Winter ein Problem bekämen, wenn die Sonne nicht scheine und kein Wind wehe, müsse man tunlichst vermeiden, wertvolles Gas zu verstromen. Und laut Habeck haben wir einen harten Winter zu erwarten, gab Dürr den Wirtschaftsminister wieder.

Schließlich habe man für diesen Winter noch keine neuen Gasquellen erschlossen. Insofern müsse man jetzt unkonventionell reagieren. Und in Bezug auf seine Haltung zum russischen Gas fügte er hinzu:

"Es macht Sinn, sich unabhängig von Russland zu machen und zu diversifizieren."

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