Wirtschaft

Wie deutsche Supermärkte Weinbauern in Südafrika ausbeuten

Deutschland ist nach Großbritannien der zweitgrößte Importeur von Wein aus Südafrika. Bei den Arbeitern und den Weinfarmen kommt allerdings nur ein Bruchteil des Verkaufspreises an. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die den Discountern eine Mitschuld gibt.
Wie deutsche Supermärkte Weinbauern in Südafrika ausbeutenQuelle: AFP © Anna Zieminski

Wein aus Südafrika hat sich in den vergangenen Jahren einen festen Platz im Supermarktregal und in Fachgeschäften gesichert. Doch von dieser Entwicklung profitieren die Arbeiter und Firmen vor Ort nicht in gleichem Maße wie die Abnehmer in Deutschland. Das zumindest besagt eine Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung, die die Lieferkette des Weins untersucht hat. "Menschen- und Arbeitsrechte werden hier grundlegend verletzt", heißt es im Fazit der Studie, bei der Weinproduzenten interviewt und südafrikanische Farmen besucht wurden. Eine Teilverantwortung wird dem deutschen Einzelhandel zugeschrieben, der massiven Preisdruck ausübe.

Deutsche Importeure sind für den Weinsektor in Südafrika von überragender Bedeutung. Deutschland ist nach Großbritannien der zweitgrößte Importeur von Wein aus dem Land am Kap. Insbesondere die Marktmacht der Supermärkte in Deutschland setzt die Kellereien und Weinfarmen in Südafrika unter Preisdruck. Unlautere Handelspraktiken sind laut Agrarwissenschaftler Benjamin Luig eher die Regel als die Ausnahme. "Zulieferer zahlen eine Gebühr von rund einem Viertel ihres Verkaufspreises, damit sie überhaupt in die Liste der Geschäftspartner aufgenommen werden", so der Autor der Studie. "Auch für einen gut sichtbaren Platz im Supermarktregal müssen sie zusätzlich zahlen." Kellereien aus Südafrika erfahren vom deutschen Einzelhandel sehr kurzfristig, welche Weinmengen ihnen abgenommen werden. 

17 Cent pro Flasche für die Farmen 

Dabei kritisiert Luig vor allem Discounter: Ein Blick auf die durchschnittlichen Margen einer 2,49 Euro teuren Weinflasche verdeutlicht, dass nur ein kleiner Teil des Ladenpreises nach Südafrika fließt: Drei Cent gehen demnach an die Arbeiter, 17 Cent an die Farm und 19 Cent an die Kellerei vor Ort. Fünf Cent werden für Fracht und Transport berechnet, der Rest bleibt in Deutschland. So geht die Studie davon aus, dass der Supermarkt in Deutschland 60 Cent an der Flasche verdient, 47 Cent für die Mehrwertsteuer berechnet werden und 98 Cent an die Kellerei in Deutschland geht.

Verstärkt wird diese Tendenz dadurch, dass Deutschland immer mehr sogenannten Tankwein aus Südafrika importiert. Dabei wird der Wein in großen Tanks nach Deutschland gebracht und erst hier in Flaschen umgefüllt; so wird der Anteil der Wertschöpfung in Südafrika geringer. Diese Art des Exports betrifft vor allem günstige Produkte. Bei höherpreisigen Angeboten wird der Wein meist schon in Flaschen verschifft.

Kellereien wie Peter Mertes oder Zimmermann-Graeff & Müller füllen jährlich Millionen Liter Wein aus Südafrika ab. Neben dem Lebensmitteleinzelhandel ist Deutschland jedoch auch über den Weinfachhandel und über die Gastronomie ein wichtiger Importeur von Wein aus Südafrika. Unternehmen wie die Hawesko Holding – zu ihr gehören unter anderem Jacques'-Weindepot-Läden, die Champagner und Wein Distributionsgesellschaft (CWD) und Wein Wolf – importieren ebenfalls große Mengen an Wein aus dem afrikanischen Land. Daneben gewinnt auch der Onlinehandel immer stärker an Bedeutung.

Krise im Weinsektor

Der vom Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland ausgeübte Preisdruck verschärft die Krise, in der sich der Weinsektor in Südafrika ohnehin befindet. Nach Angaben des südafrikanischen Arbeitsministeriums vom März 2020 war die Landwirtschaft der Sektor, in dem die Corona-Bestimmungen zum Gesundheitsschutz besonders stark verletzt wurden. Masken und Desinfektionsmittel wurden vielfach nicht verteilt und Abstände auf Feldern und in den Packhäusern nicht eingehalten. Zugleich ist der Weinsektor in besonderem Maße davon betroffen, dass die südafrikanische Regierung ein Verkaufsverbot für Alkohol im Land verhängt hat. Aktuell ist der Weinsektor in Südafrika daher besonders von seinen Exporten abhängig. Nach Angaben des Produzentenverbands werden im Weinsektor über 21.000 Jobs vernichtet werden.

80 Prozent der Landarbeiter im Weinsektor sind saisonal beschäftigt. Aktuell beträgt der Mindestlohn in der Landwirtschaft 18,68 Rand pro Stunde (das entspricht rund 1,16 Euro). Der Wochenlohn bei einer 45-Stunden-Woche liegt bei 840,60 Rand (knapp 52 Euro) und damit etwa ein Drittel unter dem notwendigen existenzsichernden Einkommen eines Haushalts in Südafrika.

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