Russland: Atlantic Council wird als "unerwünschte Organisation" eingestuft
Die russische Generalstaatsanwaltschaft hat die Arbeit des Atlantic Council (Atlantischer Rat), einer US-amerikanischen Nichtregierungsorganisation (NGO), in Russland für unerwünscht erklärt. Das teilte die Behörde auf ihrer Webseite mit.
Laut Generalstaatsanwaltschaft bedroht diese Struktur die "Grundlagen der verfassungsmäßigen Ordnung und Sicherheit" des Landes.
Gemäß dem Verfahren wird die Aufsichtsbehörde ihre Entscheidung dem Justizministerium unterbreiten, das diese Organisation dann rechtsverbindlich in die Liste der unerwünschten Organisationen aufnehmen sollte.
Auf der Webseite dieser NGO heißt es, dass die Struktur seit 1961 als wichtiges Forschungsinstitut auf dem Gebiet der internationaleren Beziehungen existiert, das darauf abzielt, "kollektive Sicherheit und Frieden im euro-atlantischen Raum zu wahren". Ein besonderes Augenmerk liege dabei auf der weltweiten Förderung eines jüngeren elitären Nachwuchses, der die "transatlantische Werte" verkörpern solle.
Think Tank und diplomatische Kader
Der gegenwärtig in Moskau akkreditierte US-Botschafter, Jon Huntsman junior, war von 2014 bis 2017 Vorsitzender des Atlantic Council. Im April dieses Jahres sorgte er in Russland bereits für Aufsehen, als er als US-Botschafter in Russland den US-Flugzeugträger "Abraham Lincoln" im Mittelmeer besuchte.
Jeder der amerikanischen Flugzeugträger, die derzeit im Mittelmeer eingesetzt werden, repräsentiert 100.000 Tonnen internationale Diplomatie", meinte Huntsman damals.
Beide US-Flugzeugträger, die seinerzeit für Seemanöver in das Mittelmeer eingefahren seien, sollten Russland klarmachen, dass es auf all das verzichten sollte, was Washington als "destabilisierende Aktionen" ansieht, so der Diplomat.
Russische Außenpolitiker hatten diese Äußerung als Drohung bewertet. Man habe den Eindruck, dass der Botschafter sein diplomatisches Potenzial ausgeschöpft habe, und dies sei bedauerlich, hieß es aus den russischen diplomatischen Quellen.
Was ist eine unerwünschte Organisation?
Ausländische oder internationale Organisationen, deren Tätigkeit eine Bedrohung für Russland darstellen können, gelten als unerwünscht und können keine eigenen Niederlassungen mehr im Land betreiben oder einrichten und müssen bestehende schließen.
Es ist ihnen untersagt, Informationsmaterial in den Medien oder im Internet zu verbreiten und Programme oder Projekte in Russland durchzuführen. Wenn eine unerwünschte Organisation an Geldgeschäften teilnimmt, sollten sich die Finanzinstitute weigern, diese abzuwickeln. Wiederholte Verstöße können auch zu Haftstrafen führen.
In Russland sind derzeit 17 Nicht-Regierungs-Organisationen als unerwünscht aufgelistet, darunter zum Beispiel die European Platform for Democratic Elections (EPDE), der German Marshall Fund (GMF), die Open Society Foundations (OSF), die United States Agency for International Development (USAID) und andere. Das entsprechende Gesetz wurde vom russischen Parlament im Jahr 2015 verabschiedet. Der Vorsitzende des Menschenrechtsrates beim russischem Präsidenten, Michail Fedotow, sieht das Gesetz als asymmetrische Antwort auf westliche Sanktionen gegen Russland.
Unterschied zu "ausländischen Agenten"
Während "unerwünschte" Organisationen ihre Tätigkeit einstellen müssen, dürfen Nicht-Kommerzielle Organisationen (NKOs), die den "ausländischen Agenten" zugerechnet werden, weiterhin als Akteure in Russland arbeiten. Organisationen, die ihre Finanzierung aus dem Ausland beziehen, müssten sich dafür in das Register "Ausländische Agenten" eintragen lassen.
Deren Tätigkeit wird damit nicht behindert, wird aber mit der Last einer regelmäßigen Berichterstattung und mit möglichen behördlichen Kontrollen erschwert. Seit dem Jahr 2017 wird das Gesetz auch auf ausländische Medien angewendet. Derzeit befinden sich rund 200 NKOs in diesem Register, darunter bekannte ausländische Medien in Russland wie Radio Liberty oder Voice of America.
Dieses Gesetz, das die Aufnahme in das Register "Ausländische Agenten" regelt, stammt aus dem Jahr 2012 und wird hauptsächlich von Bürgerrechtlern und Umweltschützern als diffamierend kritisiert.
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