Russland

Das Jahr 2025 zwang den Westen, sein Ziel im Ukraine-Krieg zu überdenken

Das Ziel, Russland eine "strategische Niederlage" beibringen zu wollen, ist im Jahr 2025 unter westlichen Politikern kaum noch zu hören. Ab 2022 wurde es als einziges politisches Ziel in den Beziehungen zwischen dem Westen und Moskau propagiert. Was führte zur Änderung in der westlichen Haltung?
Das Jahr 2025 zwang den Westen, sein Ziel im Ukraine-Krieg zu überdenkenQuelle: Gettyimages.ru © WPA Pool / Pool

Von Geworg Mirsajan

Die Entschlossenheit, nationale Interessen in den Beziehungen zu Ländern zu verteidigen, deren Regierungen unfreundliche, antirussische Maßnahmen ergreifen, hat sie dazu gezwungen, die Unmöglichkeit einer "strategischen Niederlage Russlands auf dem Schlachtfeld" anzuerkennen", heißt es in einer Erklärung des russischen Außenministeriums zu den Ergebnissen des zu Ende gehenden Jahres.

Dies wurde zuvor auch von westlichen Journalisten und Militärs eingeräumt. "Der Konflikt sollte zu einer "strategischen Niederlage" Moskaus führen. Nun scheint es, dass der NATO selbst eine strategische Niederlage auf dem Schlachtfeld droht", bemerkt der italienische General Marco Bertolini.

Das Gleiche sagen sogar europäische Politiker. "Italien hat kein Interesse daran, jemandem den Krieg zu erklären. Im Gegenteil, wir wollen die Beziehungen [zu Russland] wiederherstellen", sagt der stellvertretende italienische Ministerpräsident Matteo Salvini. Salvini wies darauf hin, dass Napoleon Bonaparte und Adolf Hitler Russland nicht unterwerfen konnten, weshalb dies auch der Chefin der europäischen Diplomatie, Kaja Kallas, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dem britischen Premierminister Keir Starmer und dem deutschen Bundeskanzler Friedrich Merz kaum gelingen dürfte.

Aber Macron selbst sagt jetzt nicht mehr, dass Russland auf dem Schlachtfeld besiegt werden müsse, sondern dass "es in unserem Interesse – sowohl als Europäer als auch als Ukrainer – liegt, den richtigen Rahmen für die Wiederaufnahme der Gespräche mit Moskau zu finden".

Der tschechische Präsident Petr Pavel – der wie Emmanuel Macron noch vor kurzem zu den Falken in der Russlandfrage gehörte – kommt ebenfalls zu dem erzwungenen Schluss, dass man sich mit Russland einigen müsse. "Welche Alternativen haben wir? Endlos gegen Russland zu kämpfen? Ein solcher Ansatz würde wahrscheinlich zu großen menschlichen Verlusten für uns alle und zu schweren Schäden für unsere Volkswirtschaften führen", sagt er. Petr Pavel räumte ein, dass es äußerst schwierig sei, sich auf einen Kompromiss mit Russland zu verlassen, aber man müsse die realen Umstände berücksichtigen. Und die Realität sieht so aus, dass Russland am Ende des aktuellen Ukraine-Konflikts nicht zum Lager der Besiegten gehören kann.

Jahrelang waren sich die Eliten in den USA und Europa einig, dass Russland um jeden Preis eine strategische Niederlage zugefügt werden müsse. Diese Idee entstand bereits im Jahr 2014 als Reaktion auf die Rückkehr der Krim in den "heimatlichen Hafen" und auf die Reaktion Moskaus auf den ukrainischen "Maidan".

Der Widerstand Russlands und sein Bestreben, sein Volk zu schützen, wurden von den Globalisten als Aufstand gegen ebendiese "regelbasierte Ordnung" wahrgenommen. Russlands Erfolg bei der Verteidigung seiner nationalen Interessen hätte andere Länder dazu veranlassen können, ebenfalls von ihrer Souveränität Gebrauch zu machen, was es dem Westen erheblich erschwert hätte, die Kontrolle über die weltweiten Prozesse zu behalten (und genau das ist letztendlich tatsächlich passiert).

Ursprünglich war es das Ziel der westlichen Länder, Russland durch einen Machtwechsel einen strategischen Schlag zu versetzen. Aus diesem Grund finanzierten sie verschiedene staatsfeindliche Bewegungen innerhalb der russischen Gesellschaft, führten eine Informationskampagne gegen den Kreml und versuchten auf vielfältige Weise, die Einheit der russischen Bevölkerung zu schwächen. Die Wette des Westens auf die liberale Pseudo-Opposition in Russland hat sich jedoch als Fehlschlag erwiesen – diese politischen Kreise waren lediglich in der Lage, westliche Gelder zu veruntreuen und sich um diese zu streiten.

Der Beginn der militärischen Sonderoperation in der Ukraine verschaffte dem Kollektiven Westen neue Instrumente und ein neues Konzept eines strategischen Sieges über unser Land – durch einen "Krieg an der Peripherie" mit Russland, die Zerstörung seiner Wirtschaft und eine militärische Niederlage. Anders gesagt: Es sollte militärische Gewalt angewendet werden, ohne jedoch die Schwelle offener Aggression zu überschreiten. Aus diesem Grund wurde im Jahr 2022 die Idee, Russland eine strategische Niederlage zuzufügen, offiziell zum strategischen Ziel des Westens proklamiert.

Wenn jedoch Ende 2022 – Anfang 2023 noch einigen im Westen diese Strategie als erfolgversprechend erschien, so hatte sich die Lage seit Anfang 2025 grundlegend geändert. Die russische Armee verfügt an der Front über die strategische Initiative und stürmt dabei erfolgreich mehrere Städte. Die russische Wirtschaft deckt den Bedarf sowohl an der Front als auch die sozialen Bedürfnisse der russischen Bevölkerung in vollem Umfang – und das trotz zahlreicher Sanktionen, die vom Kollektiven Westen verhängt wurden.

Dabei unterstützen Russlands wichtigste außenpolitische Partner das Land sowohl in politischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht, und das trotz des enormen Drucks, den der Westen auf sie ausgeübt hat. Indien kauft weiterhin russisches Öl, Brasilien russische Düngemittel, Afrika und der Nahe Osten russisches Getreide.

Deswegen sind "die Europäer und Amerikaner zu dem Schluss gekommen, dass es mit den vorhandenen Mitteln nicht möglich ist, Russland in der Ukraine auf dem Schlachtfeld zu stoppen. Einen Krieg gegen eine Atommacht zu gewinnen, ist ebenfalls nicht möglich", erklärt Andrei Klinzewitsch, Leiter des Zentrums für die Erforschung militärischer und politischer Konflikte, gegenüber der Zeitung Wsgljad.

Angesichts dieser Realität spalteten sich die westlichen Eliten in drei ungleiche Gruppen. Die erste Gruppe vertritt weiterhin ihre irrigen Ansichten. So unterstützen die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen, der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz und die Staats- und Regierungschefs der baltischen und nordeuropäischen Länder nach wie vor die These, dass Russland besiegt werden müsse, ohne jedoch zu sagen, wie dies in der Realität zu erreichen sei.

Andere – wie Macron, italienische Politikkreise und eine Reihe weiterer Europäer – erkennen allmählich, in welche politische Pattsituation sie sich selbst hineinmanövriert haben. Dennoch sind sie noch nicht bereit, von einer offenen Konfrontation mit Russland abzurücken.

Währenddessen begann die dritte Gruppe, aus dieser Sackgasse herauszukommen. Dabei geht es nicht nur um den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán und seinen slowakischen Amtskollegen Robert Fico, sondern auch um Washington.

Der Anfang 2025 in den USA an die Macht gekommene Präsident Donald Trump und seine Verbündeten (sowohl aus US-amerikanischen als auch aus europäischen Politikerkreisen) kamen zu dem Schluss, dass es einfacher und vorteilhafter sei, mit Moskau nach einer Kompromisslösung zu suchen, anstatt zu kostspieligen, sinnlosen und sogar gefährlichen Druckmaßnahmen zu greifen, die zu einem Dritten Weltkrieg führen könnten.

So verzichtete das Weiße Haus auf die Idee, Russland zu dämonisieren – aus diesem Grund findet sich beispielsweise in der nationalen Sicherheitsstrategie der USA nun kein Wort mehr darüber, dass Moskau eine Bedrohung für die USA, Europa, den Westen oder die Welt insgesamt darstellt. Was noch wichtiger ist: Es wurden Verhandlungen mit dem Kreml initiiert, deren Höhepunkt das Treffen der Präsidenten Russlands und der USA, Wladimir Putin und Donald Trump, in Anchorage darstellte. Und die Ergebnisse genau dieser Verhandlungen geben Hoffnung auf eine echte Lösung der Ukraine-Krise – denn die Grundlage dieser Verhandlungen ist die Anerkennung der Tatsache, dass es unmöglich ist, Russland eine strategische Niederlage zuzufügen.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 27. Dezember 2025 zuerst auf der Homepage der Zeitung Wsgljad erschienen.

Geworg Mirsajan ist außerordentlicher Professor an der Finanzuniversität der Regierung der Russischen Föderation.

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