
Russland öffnet den Weg zu letzten ukrainischen "Festungen" im Donbass

Von Boris Dscherelijewski
Ab dem 11. Dezember wird die Bezeichnung "Frontabschnitt Sewersk" aus den Lageberichten verschwinden. Künftig heißt es "Frontabschnitt Slawjansk-Kramatorsk". Die Stadt Sewersk ist befreit worden, was dem russischen Präsidenten Wladimir Putin auch gemeldet wurde.
An der entsprechenden Online-Konferenz nahmen der Chef des Generalstabs, Waleri Gerassimow, und der Kommandeur des russischen Truppenverbands Süd, Sergei Medwedew, teil. Letzterer erhielt ein besonderes Lob von Wladimir Putin: "Gesagt, getan. Ein echter Mann". Der Präsident bezog sich auf Medwedews Versprechen, die Stadt "bis zum 15. Dezember" zu befreien. Wie man sieht, lagen die russischen Streitkräfte sogar vor ihrem eigenen Plan.
Zudem nahm im Präsidentenbüro der Kommandeur der 123. Motschützenbrigade, die die Stadt befreite, Denis Pirogow, persönlich an der Besprechung teil. Tatsächlich wurde Sweresk bereits am Vortag, dem 10. Dezember, befreit, als alle Stadtteile von den Soldaten der 3. Armee unter Kontrolle gebracht wurden.
Nach aktuellen Meldungen aus Sewersk ist die Säuberung der Stadt abgeschlossen. Die letzten vereinzelten ukrainischen Widerstandsnester wurden zerschlagen. Russische Truppen sind nun zur Minenräumung und zu humanitären Missionen übergegangen.

Nach der Säuberung der Stadt vom ukrainischen Militär begannen Angehörige der 6. Separaten Garde-Motschützen-Kosakenbrigade namens Platow der 3. Allgemeinen Armee des Truppenverbands Süd, ein Haus nach dem anderen zu überprüfen, um die in der Stadt verbliebenen Zivilisten medizinisch und anderweitig zu versorgen. Im Sommer waren es noch etwa 1.000 Menschen, hauptsächlich Rentner. Neben Medikamenten bringen die Kosaken den Zivilisten Lebensmittel, warme Kleidung und evakuieren alle, die es wünschen, in Notunterkünfte. Somit kehren in die befreite Stadt jetzt schon friedliches Leben und Recht zurück.
Im Frühling und Sommer 2014 stand Sewersk unter der Kontrolle der Volksmiliz der Donezker Volksrepublik. Die Stadtbewohner stimmten bei einem Referendum für einen Austritt aus der Ukraine. Doch kurz nachdem sich die Milizionäre aus Slawjansk im Sommer 2014 von den Milizionären zurückgezogen hatten, wurde Sewersk von Kiewer Truppen besetzt.
Die Operation zur Befreiung von Sewersk begann im Juli/August 2025, als russische Truppen die Stadtränder erreichten. Von diesem Zeitpunkt an begann das Einkesselungsmanöver. Ende Oktober/Anfang November fand sich die ukrainische Garnison faktisch in einem Kessel wieder – alle Versorgungswege standen unter Feuerkontrolle russischer Truppen. Rotation von Kämpfern, Evakuierung von Verwundeten und Gefallenen, sowie der Nachschub von Munition und Lebensmitteln wurden somit unmöglich. Dennoch leistete das ukrainische Militär weiterhin erbitterten Widerstand.
Der finale Teil der Operation zur Befreiung der Stadt verlief rasch. Russische Stoßtrupps setzten sich im Stadtzentrum fest, überwanden den Fluss Bachmutka, der durch den westlichen Teil der Stadt fließt, und nahmen den wichtigsten ukrainischen Stützpunkt – die Sewersker Ziegelfabrik – unter Kontrolle. In deren Kellern hatte das ukrainische Militär Lager und Kasernen eingerichtet. Anschließend begannen russische Truppen, den Westteil der Stadt zu säubern.
An dieser Stelle sei die Bedeutung von Sewersk hervorgehoben. Die Stadt liegt im Nordwesten des Donbass, im Bezirk Artjomowsk der Donezker Volksrepublik, 15 Kilometer von Lissitschansk und 25 Kilometer von Slawjansk entfernt. Die Entfernung nach Artjomowsk (ukrainischer Name Bachmut) beträgt 30 Kilometer. Somit keilte sich der ukrainische befestigte Raum Sewersk in die befreiten Gebiete ein und ermöglichte Kiews Truppen, bereits unter russischer Kontrolle stehende Städte zu beschießen und russische Versorgungsrouten und Flussübergänge unter Beschuss zu halten. Damit ist nun Schluss.
Doch das Wichtigste ist, dass Sewersk die letzte ukrainische "Festung" auf dem Weg zum Ballungsraum Slawjansk-Kramatorsk darstellte. Eine Einnahme dieses Ballungsraums würde die Befreiung des gesamten Territoriums der Donezker Volksrepublik bedeuten. Putin erklärte dazu:
"Die Befreiung von Sewersk und erfolgreiche Offensiven an diesem Abschnitt bringen eine neue – zweifellos erfolgreiche – Offensive an anderen Frontabschnitten, eine Vertreibung ukrainischer bewaffneter Verbände von unserem Territorium und einen Wiederaufbau des friedlichen Lebens im Donbass bedeutend näher."
Gegenwärtig versuchen ukrainische Truppen, ihre Stellungen unmittelbar hinter der Stadt in Waldstreifen, auf Anhöhen und an den Hängen eines Kreidesteinbruchs zu halten. Einigen Angaben zufolge sind diese Positionen gut befestigt, und russische Streitkräfte greifen sie mit allen Waffen an.
Parallel dazu rücken russische Truppen aus Platonowka nach Süden, in Richtung von Resnikowka und Kirowo, vor. Faktisch wird somit dieser Widerstandsknoten abgeschnitten und ukrainische Kämpfer vor eine Wahl zwischen Rückzug und Einkesselung gestellt. Für einen längeren Widerstand an dieser Linie hat Kiews Militär keine Ressourcen.
Russlands Verteidigungsministerium gab bekannt, dass russische Truppen nach der Befreiung von Sewersk die Offensive in Richtung Slawjansk fortgesetzt haben. Die Rede ist von einem Vorstoß über Waldgebiete in Richtung Rai-Alexandrowka und Nikolajewka. Die letztere Siedlung ist faktisch ein Vorort von Slawjansk. Somit wird die Operation zur Befreiung des Ballungsraums Slawjansk-Kramatorsk und folglich die Endphase der Donezker Offensive in den nächsten Tagen beginnen.
Über ihre militärische Relevanz hinaus misst man der Befreiung von Sewersk eine gewichtige politische Bedeutung bei. Selenskij stützte nämlich seine Spekulationen bezüglich der Friedensvereinbarungen darauf, dass Russland für eine Befreiung des gesamten Territoriums der DVR vier Jahre benötigen werde. Noch im September schwor er seinen Geldgebern gegenüber buchstäblich darauf und versicherte, dass die ukrainische Verteidigung im Donbass so stark wie noch nie sei. Doch nun nähern sich russische Truppen dem letzten befestigten Raum des ukrainischen Militärs auf dem Boden des Donbass. Die Geschehnisse werden zweifellos sowohl in Europa als auch in den USA verfolgt und offensichtlich als klares politisches Signal wahrgenommen: Wenn Russland seine Territorien nicht durch ein Friedensabkommen befreien wird, dann wird es dies mit militärischen Mitteln tun.
Im Übrigen hat die Befreiung von Sewersk einen weiteren politischen Skandal in der ukrainischen Führung provoziert. So verkündete die Rada-Abgeordnete Marjana Besuglaja noch am 10. Dezember den Verlust von Sewersk und bezichtigte parallel dazu das ukrainische Militär und die Regierung des Lügens.
Der ukrainische Generalstab behauptet weiterhin, dass Stellungen "gehalten" werden, die Kämpfe andauern und die Lage "unter Kontrolle" sei. Dabei wissen alle in der Ukraine sehr wohl, dass Besuglajas Meldungen der Realität viel näherkommen, als Berichte der ukrainischen Militärbehörde. Ein solcher "Meinungsunterschied" ist ein klares Indiz dafür, dass das Führungssystem in der Ukraine aus dem Gleichgewicht geraten ist. Der zunehmende Vertrauensverlust der ukrainischen Bevölkerung und Streitereien unter der Führung schließen die Möglichkeit einer gesellschaftlichen Konsolidierung aus. All das ist ein direktes Ergebnis der anhaltenden russischen Militärerfolge. Kiew kann dem effektiven taktischen Schema der Streitkräfte Russlands, das aus dem Einsickern kleiner Gruppen, der Einkesselung und vernichtenden Bombenangriffen besteht, bisher nichts entgegensetzen.
Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen bei der Zeitung Wsgljad am 11. Dezember.
Mehr zum Thema – Die verborgene Anatomie des russischen Vormarsches an allen Frontenabschnitten
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

