Russland

Foodsharing: Die größten russischen Handelsketten sind jetzt dabei

In Russland gewinnt Foodsharing zunehmend an Bedeutung – während sich früher nur gemeinnützige Organisationen damit befassten, sind nun auch große Handelsketten dabei. Nur eines steht dieser Entwicklung im Wege: das russische Steuersystem.
Foodsharing: Die größten russischen Handelsketten sind jetzt dabeiQuelle: Sputnik © RIA Nowosti/Konstantin Michaltschewski

"Nach Angaben von Foodsharing-Organisationen landen in Russland jährlich etwa 18 Millionen Tonnen Lebensmittel auf Mülldeponien. Das sind 895.000 Lastwagen, die man in einer Kolonne von Moskau nach Wladiwostok und zurück aufstellen könnte", sagt Roksana Rusiewa, Pressesprecherin der Wohltätigkeitsstiftung Food Bank Rus, im Gespräch mit der Zeitung Kommersant. Die Menge an Lebensmitteln, die derzeit in Russland weggeworfen wird, reicht aus, um 30 Millionen Menschen ein Jahr lang zu ernähren, fügt Alexandra Kumpan, Leiterin der Nichtregierungsorganisation Foodsharing, hinzu. Viele Lebensmittel landen auf Mülldeponien, nur weil ihr Verfallsdatum bald abläuft und die Handelsketten sie schnell entsorgen wollen.

Neben den offensichtlichen wirtschaftlichen Verlusten schaden weggeworfene Lebensmittel jedoch auch der Umwelt erheblich, sind sich Experten sicher: Bei der Zersetzung von Lebensmittelabfällen auf Deponien entsteht Methan – eines der stärksten Treibhausgase. Jährlich werden durch weggeworfene Lebensmittel etwa 2,4 Millionen Tonnen Methan und 78,2 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid freigesetzt, heißt es in einer Berechnung. In dieser Situation ist Foodsharing nicht nur eine Rettung für die Wirtschaft, sondern auch für die Umwelt.

Das russische Foodsharing wurde von seinem deutschen Pendant inspiriert, das im Jahr 2012 entstand, als der Journalist und Regisseur Valentin Thurn sowie der Aktivist Raphael Fellmer in Deutschland die spezielle Plattform foodsharing.de gründeten, auf der einfache Bürger ihre überschüssigen Lebensmittel miteinander teilten.

Die Hauptkategorien für die Lebensmittelrettung in Russland sind derzeit Gemüse, Obst, Lebensmittel, Fisch- und Milchprodukte, Brot und Backwaren, Fleischprodukte, Konserven, Getränke, Süßwaren, Tierfutter. Es schließt aber Non-Food-Produkte ein: Schreibwaren, Kleidung, Schuhe, Hygieneartikel, Elektronik oder Möbel. Bis vor Kurzem haben sich überwiegend NGOs und Freiwillige mit den Aktivitäten im Bereich Foodsharing befasst.

Nun haben sich auch große russischen Handelsketten wie X5, Magnit und Wkusvill diesen Initiativen angeschlossen – sie haben das Foodsharing quasi auf eine "industrielle Basis" gestellt und es erheblich ausgeweitet. Jetzt werden Bedürftige direkt aus den Geschäften mit Lebensmitteln versorgt. Man kann sagen, dass Foodsharing allmählich zur Norm für den Einzelhandel wird. So teilte die Pressestelle des Unternehmen Magnit der Zeitung Kommersant mit, dass seit dem Beitritt zum Foodsharing im Jahr 2022 etwa 1.400 Tonnen Lebensmittel und Non-Food-Produkte kostenlos an Bedürftige abgegeben wurden. Mehr als 600.000 Menschen erhielten Hilfe: kinderreiche Familien, alleinstehende Rentner und Menschen, die sich in einer schwierigen Lebenssituation befanden. Die Pressestelle von dem Konzern X5 teilte Kommersant ebenfalls mit, dass die Handelsketten Pjaterotscka und Perekrestok im Jahr 2024 317 Tonnen Lebensmittel an mehr als 164.000 Menschen verteilt haben. Allein in der ersten Hälfte des Jahres 2025 wurden fast 200 Tonnen Lebensmittel für wohltätige Zwecke gespendet, dreimal mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Einziger Wermutstropfen ist da die russische Gesetzgebung. Als Haupthindernis für die weitere Entwicklung des Foodsharing nennen Experten und Marktteilnehmer das derzeitige Steuersystem. Kumpan erklärt:

"Handelsketten weisen darauf hin, dass unter den derzeitigen Bedingungen die Kosten für die Entsorgung aufgrund der Mehrwertsteuer zwei- bis 3,5-mal niedriger sind als die Kosten für die Organisation von Foodsharing. Große Unternehmen, die Produkte kostenlos an Foodsharing-Dienste abgeben, müssen eine Mehrwertsteuer in Höhe von bis zu 20 Prozent des Warenwertes zahlen. Wenn diese Lebensmittel entsorgt werden, entfällt diese Verpflichtung."

Und obwohl bereits im Dezember 2024 die Präsidentin der Lebensmittelbank Rus Julia Nasarowa an den Präsidenten Russlands Wladimir Putin mit dem Vorschlag herantrat, die Übergabe von Waren an Wohltätigkeitsorganisationen von der Mehrwertsteuer zu befreien, und der Präsident die Regierung beauftragte, diese Problematik zu klären, gibt es bislang keine Fortschritte in dieser Richtung. Daher betreiben die großen Marktteilnehmer vorerst Wohltätigkeit, die sie ziemlich teuer zu stehen kommt.

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