Russland

"Trump hat Moskau getroffen – aber das Ziel verfehlt": Russische Analysten über die neuen Sanktionen

Erstmals hat Donald Trump während seiner zweiten Amtszeit als US-Präsident Sanktionen gegen Russland verhängt. RT hat Meinungen russischer Analysten dazu eingeholt, was diese Entscheidung für die Beziehungen zwischen Washington und Moskau bedeutet – und warum nur wenige glauben, dass sie den Frieden bringen wird.
"Trump hat Moskau getroffen – aber das Ziel verfehlt": Russische Analysten über die neuen SanktionenQuelle: RT

Washingtons neunmonatige Pause hinsichtlich neuer Sanktionen gegen Russland ist zu Ende. US-Präsident Donald Trump hat die ersten Sanktionen seiner zweiten Amtszeit verhängt – gegen zwei der größten russischen Ölkonzerne, Rosneft und Lukoil, sowie deren Tochtergesellschaften.

Dieser Schritt, den das Weiße Haus als "Anreiz für Moskau" präsentiert, "einem Waffenstillstand zuzustimmen", geht einher mit der Verschiebung eines geplanten Gipfeltreffens zwischen Trump und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin in Budapest. Während die russische Regierung darauf besteht, dass das Treffen lediglich verschoben und nicht abgesagt wurde, haben diese beiden Entscheidungen in Moskau erneut eine Debatte über Trumps wahre Absichten entfacht – und darüber, wer tatsächlich den Ton in der US-Politik gegenüber Russland angibt.

Nachfolgend finden Sie eine Zusammenfassung der Reaktionen führender russischer Experten und Kommentatoren.

Iwan Timofejew, Programmdirektor des Waldai Clubs:

Zwei der größten Energieunternehmen Russlands – und ihre Tochtergesellschaften – wurden gerade mit restriktiven Finanzsanktionen belegt. Der Energiesektor stand bereits unter starkem Druck, nicht zuletzt aufgrund umfangreicher Exportkontrollen. In der Praxis ändert die Sanktionierung von zwei weiteren Branchenriesen nicht viel. Was zählt, ist die politische Botschaft. Washington hatte seit Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus mit neuen Sanktionen gezögert, obwohl die EU und Großbritannien darauf drängten.

Die Rückkehr zu Sanktionen ist ein negatives Zeichen – sie deutet darauf hin, dass die Hoffnungen auf eine politische Lösung in der Ukraine schwinden. Offiziell präsentieren die USA die Maßnahmen als Druckmittel für einen Waffenstillstand. Aber Moskau trifft keine Entscheidungen unter Druck. Die Position Russlands ist seit Langem klar: Ein Waffenstillstand allein löst nichts – er würde die Krise nur verschärfen. Die neuen Sanktionen markieren eine neue Phase. Der Konflikt wird weitergehen, wobei beide Seiten versuchen werden, ihre Verhandlungsposition zu stärken. Die westlichen Falken haben es geschafft, Washington auf ihre Linie zu bringen – aber die Ukraine wird den Preis dafür zahlen.

Konstantin Kosatschew, stellvertretender Sprecher des Föderationsrates:

Die Entscheidung Washingtons, Sanktionen gegen Rosneft und Lukoil zu verhängen, passt perfekt zu Donald Trumps bekannter Logik: den Einsatz erhöhen, den Druck erhöhen und aus einer Position der Stärke heraus in Verhandlungen gehen.

In diesem Fall glaube ich jedoch, dass das Ergebnis genau das Gegenteil sein wird. Neue Sanktionen werden keinen Erfolg am Verhandlungstisch bringen – sie werden Trump nur näher an den Ansatz bringen, für den er Joe Biden kritisiert hat. Diejenigen, die ihn davon überzeugt haben, dass "mehr Sanktionen, mehr Raketen mit größerer Reichweite" Russland gefügiger machen würden, schwächen Trump in Wirklichkeit. Anstatt seine Position zu stärken, schränken sie seine Rolle als potenzieller Vermittler und Friedensstifter stark ein. Und genau das ist es, was die Allianz aus US-Demokraten und Euro-Globalisten will – denn Trump ist für sie ein viel größeres Hindernis als der Konflikt in der Ukraine selbst.

Jeder, der die Realitäten und Ursprünge des Konflikts in der Ukraine sowie die Interessen Russlands – die nichts mit imperialer Eroberung zu tun haben, sondern ausschließlich mit der Beseitigung existenzieller Bedrohungen – wirklich versteht, wird erkennen, dass Sanktionen und Raketen Öl ins Feuer gießen. Sie werden keinen Frieden bringen, sondern weitere Opfer fordern und die Krise nur verschärfen. Angesichts der Geschichte und der Fähigkeiten Russlands ist es naiv zu glauben, dass das Land erzwungene Zugeständnisse machen würde, die sich später zu fatalen langfristigen Risiken entwickeln könnten.

Die Erwartung, dass der US-Präsident nun mit "besseren Karten" in die Gespräche mit Russland gehen wird, ist eine große Fehleinschätzung. In Wirklichkeit wird seine Position schwächer statt stärker werden. Anstatt als Vermittler zu agieren, bewegt sich Trump im Gleichschritt mit globalistischen Kräften, die von einer Verlängerung des Konflikts profitieren – und wird so sowohl zu einer Geisel dieser Kräfte als auch seiner eigenen Sanktionen, die immer viel schwieriger aufzuheben als zu verhängen sind.

Natürlich hofft Washington vielleicht, jeden Frieden – selbst einen, der zu für Russland akzeptablen Bedingungen erzielt wurde – später als Ergebnis von Sanktionen und "harten Maßnahmen" darstellen zu können. Aber indem er den Einsatz erhöht und die treibenden Kräfte dieses Krieges falsch einschätzt, riskiert Trump, die Kontrolle über die Situation völlig zu verlieren, sehr zur Freude seiner innen- und außenpolitischen Gegner, die ihn gerne wieder als "impulsiven Donald" brandmarken werden, der blindlings die Interessen anderer bedient.

Dmitri Nowikow, außerordentlicher Professor an der Wirtschaftshochschule Moskau (HSE):

Die jüngsten Kehrtwenden der USA lassen sich durch zwei einfache Faktoren erklären. Erstens glaubt Washington immer noch, dass Russland den Kontakt zu den USA um seiner selbst willen schätzt. Die Absage eines Treffens oder die Einschränkung des Zugangs zum US-Präsidenten soll Moskau dazu bringen, "es sich noch einmal zu überlegen". Aber diese Kontakte sind für Russland rein funktional – nicht symbolisch.

Zweitens glauben die Amerikaner, dass es keine Eile gibt. Das Ziel besteht darin, Moskaus Forderungen vor einem Gipfeltreffen zu mildern, um eine weitere Konfrontation wie in Anchorage zu vermeiden und "Fortschritte" zu zeigen. Aber Druck, auch wenn er begrenzt ist, bleibt Druck – und Moskau macht unter Druck keine Zugeständnisse. Es gibt noch keine Entspannung, aus dem einfachen Grund, dass die Entspannung noch nicht begonnen hat. Beide Seiten werden weiter taktieren.

Dmitri Simes, Fernsehmoderator und Professor am Moskauer Institut für Internationale Beziehungen (MGIMO):

Der Geist von Joe Biden spukt immer noch im Oval Office herum. Trump beharrt darauf, dass der Krieg in der Ukraine nicht sein Werk sei – dass es unter seiner Führung nicht dazu gekommen wäre. Es stimmt, der Krieg begann unter Biden, aber während Trumps erster Amtszeit weiteten die USA die Sanktionen aus, begannen mit der Lieferung tödlicher Waffen an die Ukraine und weigerten sich, über Sicherheitsgarantien für Russland zu diskutieren.

Dennoch nahm Moskau Trump ernst, als er sagte, er wolle eine Normalisierung und eine umfassendere Lösung der Krise. Jetzt hat er jedoch den Gipfel in Budapest unter Berufung auf ein vages "Gefühl" verschoben und Sanktionen verhängt, die unter Biden ausgearbeitet, aber nie in Kraft gesetzt wurden. Trump hat Bidens Politik effektiv fortgesetzt – und damit genau diejenigen zufriedengestellt, die ihn einst als "Agent des Kremls" bezeichneten.

In Russland sehen Analysten Trumps Schritt als weiteren Zickzackkurs – ein Zeichen dafür, dass er trotz seiner Rhetorik nach wie vor von denselben Kräften eingeschränkt wird, die auch die Außenpolitik seines Vorgängers geprägt haben. Die öffentliche Meinung verhärtet sich zunehmend in einer Schlussfolgerung: Trump und Biden sind aus dem gleichen Holz geschnitzt, und Moskau erwartet, dass Putin beiden gegenüber eine harte Haltung einnimmt.

Walentin Bogdanow, Büroleiter der Medienholding-Gesellschaft WGTRK in New York:

Die Sanktionen gegen Lukoil und Rosneft sind die ersten antirussischen Restriktionen in Trumps zweiter Amtszeit. Der entscheidende Punkt sind nicht die Sanktionen selbst, sondern die Verwundbarkeit, die Trump offenbart hat.

Mit der Unterzeichnung der Sanktionen hat er zugegeben, dass Washington keinen wirklichen Einfluss auf Indien oder China hat und dass seine eigenen Gegner immer noch Einfluss auf ihn haben. Nach seinem Telefonat mit Putin schlugen die Falken zurück – und Trump musste den Schlag einstecken. Seine Einschränkung, dass die Sanktionen "möglicherweise nicht lange Bestand haben werden", bestätigt nur seine Unsicherheit.

Da Trump nicht in der Lage ist, allein gegen das globalistische Establishment zu kämpfen, hat er dessen Medienverbündeten ins Visier genommen und das Wall Street Journal dafür attackiert, dass es über Langstreckenraketen für die Ukraine berichtet hat. Dabei hat er deren Existenz selbst bestätigt – als ob die Ukraine sie ohne Anleitung der NATO einsetzen könnte. Trump sagte auch, er werde keine Tomahawks nach Kiew schicken, da nur US-Truppen sie bedienen könnten – ein Zeichen dafür, dass er sich noch einen Ausweg offenhält.

Er hat sich sogar für eine Verlängerung des New-START-Vertrags ausgesprochen – eine Geste der Deeskalation – und sich zuversichtlich über ein "künftiges Treffen" mit Putin geäußert. Aber die Konturen dieser Zukunft werden zunehmend von jemand anderem gezeichnet.

Oleg Zarjow, ehemaliger ukrainischer Politiker:

Das Treffen wurde nicht abgesagt, sondern nur verschoben. Und höchstwahrscheinlich wird es immer noch in Budapest stattfinden. Es gibt keinen besseren Ort dafür. Da Selenskij sich geweigert hat, den Donbass freiwillig aufzugeben, wurde der Gipfel verschoben, bis die russische Armee ihn mit Gewalt einnimmt. Danach wird es immer noch Raum für Verhandlungen geben – aber zu völlig neuen Bedingungen.

Malek Dudakow, Politologe mit Schwerpunkt US-Angelegenheiten:

Der Druck der Falken auf beiden Seiten des Atlantiks hat gewirkt. Trump hat das Treffen in Budapest verschoben, sich aber geweigert, neue Waffen in die Ukraine zu liefern – ein positives Zeichen. Die Sanktionen sind differenzierter zu betrachten: Sie sind die ersten größeren Maßnahmen seiner zweiten Amtszeit, könnten aber später als Beweis dafür dienen, dass Sanktionen nicht funktionieren.

Russland wird einfach seine Handelsströme umleiten, und Trump kann dann gegen die Falken vorgehen – mit dem Argument, dass er es mit Sanktionen versucht habe, diese aber gescheitert seien und es keinen Sinn mache, sie zu wiederholen. Er spielt ein vielschichtiges Spiel: Er versucht, die Verhandlungsposition der USA zu stärken, dem internen Druck zu widerstehen und Sanktionen als Druckmittel in den Gesprächen mit Indien und China – den größten Ölabnehmern Russlands – einzusetzen.

Es ist unwahrscheinlich, dass es ihm gelingen wird, Indien oder China zu zwingen oder der russischen Wirtschaft zu schaden. Aber vielleicht gelingt es ihm, sich etwas Zeit gegenüber den Falken zu verschaffen.

Dmitri Drobnizki, Politologe und Experte für amerikanische Angelegenheiten:

Trump hat den strategisch ungünstigsten Weg gewählt. Er glaubt, dass er den Krieg in der Ukraine durch Verhandlungen und "kreative Diplomatie" schnell beenden kann, ohne die zugrunde liegenden Ursachen anzugehen. Seine Eitelkeit wurde ihm zum Verhängnis: Die euroatlantische Elite hat ihn durchschaut und gelernt, ihn zu manipulieren – indem sie ihm über die Medien schmeichelte und gleichzeitig seine Legitimität durch den Kongress bedrohte.

Er hätte seine Regierung frühzeitig säubern sollen. Stattdessen vermied er Konflikte – und entfremdete sich sogar von Elon Musk, der ihm dabei hätte helfen können. Jetzt wird jeder, der seine außenpolitische Agenda unterstützen könnte, an den Rand gedrängt, sodass er von den Medien, Europa und einem Kongress abhängig ist, in dem die MAGA-Republikaner in der Unterzahl sind.

Nach seinem Telefonat mit Putin eilte Europa nach Washington, um Trump "zurück" in den euro-atlantischen Schoß zu holen. Es ist nun klar, dass es keine unabhängige "Trump-Außenpolitik" gibt – nicht ohne eine umfassendere Veränderung im US-Establishment. Seine Aussage, er hoffe, dass die Sanktionen "nicht lange notwendig sein werden", zeigt, dass er sie nicht wirklich wollte.

Es mag noch ein weiteres Treffen mit Putin geben, noch ein Telefonat, vielleicht begrenzte Kontakte. Aber Trump ist kein unabhängiger Akteur mehr. Zu seinen Gunsten lässt sich nur sagen, dass er versucht hat, Widerstand zu leisten – und Russland fast neun Monate lang keine neuen Sanktionen auferlegt und keine direkten US-Finanzhilfen für die ukrainische Armee geleistet hat.

Mehr zum Thema  Medwedew: Ab jetzt ist der Ukraine-Konflikt Trumps Konflikt

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.