
"Es droht ein Fukushima 2.0": Experten über die Lage im AKW Saporoschje

Die Situation um das Atomkraftwerk Saporoschje, das größte in Europa und seit dem Jahr 2022 regelmäßigen Luft- und Drohnenangriffen des ukrainischen Militärs ausgesetzt, bereitet Experten derzeit massive Sorgen. Es wird geschrieben, dass die Situation kurz vor einer Katastrophe steht. Auslöser der aktuellen Krise waren ukrainische Angriffe, die die Anlage äußerer Stromzufuhr beraubt haben.
Selbst der britische The Guardian hat sich dieses Themas angenommen und kommt unter Berufung auf Experten der IAEO zum Schluss, dass sich in der Kernkraftanlage Saporoschje ein Szenario wie in Fukushima abspielen könnte. Die Experten bestätigen, dass die Kernkraftanlage Saporoschje seit – zum Zeitpunkt der Publikation – drei Tagen nicht mehr von außen mit Strom versorgt wird.

The Guardian erinnert daran, dass nach dem Unfall von Fukushima im Jahr 2011 europäische Aufsichtsbehörden Stresstests durchgeführt haben, die bestätigten, dass ein Kernkraftwerk einen Stromausfall ohne externe Stromversorgung bis zu 72 Stunden lang aushalten muss. Eine Überschreitung dieser Frist wurde bisher unter realen Bedingungen nicht getestet – was derzeit im Kernkraftwerk Saporoschje geschieht. Der Ausfall der externen Stromversorgung erhöht das Risiko einer unkontrollierten Erwärmung des Brennstoffs in den sechs Reaktoren.
Oleg Zarjow, ehemaliger Rada-Abgeordneter und einer der Gründungsväter von Noworossija, der selbst ein anspruchsvolles Studium in einem Feld mit Berührung zur Atomenergie absolviert hat, fasste die Expertenmeinungen nun zusammen und gab eine eigene Einschätzung. Er stimmt den "Panikmachern" tendenziell zu:
"In vielerlei Hinsicht haben sie recht, alles ist kompliziert, aber die Situation ist nicht erst gestern entstanden, und es werden alle Maßnahmen ergriffen, um die Risiken bis Ende dieses Jahres zu verringern."
Derzeit bezieht das Kernkraftwerk Strom aus der Ukraine. Das geschieht, schreibt Zarjow, notgedrungen und kostenlos, weil sie das Kernkraftwerk als ihr eigenes betrachtet. Aufgrund dieses Konflikts – das Kernkraftwerk Saporoschje steht unter russischer Kontrolle, wird aber mit Strom aus der Ukraine versorgt – haben die USA angeboten, es unter ihre Kontrolle zu nehmen. Jede Beschädigung der Leitung "Plodorodnoje – Energodar" (zum Beispiel durch Beschuss) führt dazu, dass das Kraftwerk sofort auf Dieselbetrieb umgestellt wird.
Die sechs Reaktoren des Kraftwerks seien derzeit abgeschaltet, berichtet Zarjow, und befinden sich im kalten Stillstand. Aber selbst abgeschaltete Reaktoren geben aufgrund des Zerfalls radioaktiver Elemente im Brennstoff Restwärme ab. Um diese Wärme abzuleiten und die Sicherheitssysteme des Kraftwerks zu betreiben, werden täglich 22 bis 35 Megawattstunden Strom benötigt. Ohne Stromversorgung fallen die Kühlpumpen und die Kontrollgeräte aus.
So schildert Zarjow, was in einem Kernkraftwerk geschieht, wenn die Stromversorgung ausfällt:
"In den ersten sechs Stunden ohne Kühlung erhitzen sich die Brennstäbe (TABs) auf über 1.200 °C. Ihre Zirkoniumhüllen zerfallen und setzen Wasserstoff und radioaktive Stoffe frei. Innerhalb von 6 bis 24 Stunden schmilzt der Kernbrennstoff (Uran-Dioxid) bei 2.800 °C und bildet eine geschmolzene Masse. In den folgenden 24 bis 72 Stunden brennt diese Schmelze durch den 25 Zentimeter dicken Stahlmantel des Reaktors. Nach 72 Stunden reagiert die Schmelze mit dem Betonfundament, was zur Zerstörung der Schutzhülle und zur Freisetzung von Strahlung (jedoch nicht zu einer nuklearen Explosion) führen kann."
Im Falle eines Unfalls würden die Folgen zwischen denen von Fukushima und Tschernobyl liegen. Der Unfall von Fukushima war schwächer als derjenige in Tschernobyl (Emissionen von 0,9 MCi gegenüber 5,3 MCi). Die Kernkraftwerke von Energodar wurden nach Tschernobyl gebaut und die Reaktoren mit passiven Sicherheitssystemen ausgestattet. Geschmolzenes Urandioxid, das die Reaktorkappe durchschmilzt, wird in Schmelzfallen aufgefangen. Es wird auch keine Stücke von radioaktivem Graphit geben, die nach dem Unfall in Tschernobyl über das Kraftwerk verstreut wurden. Das größte Problem im Falle eines Unfalls im Kernkraftwerk Saporoschje wäre dagegen die radioaktive Kontamination des Dnjepr.
Derzeit, schreibt Zarjow, wird die Stromversorgung des Kernkraftwerks durch die Diesel-Notaggregate gesichert. Die Dieselvorräte des Kraftwerks sollten bei aktuellem Verbrauch für 17 bis 18 Betriebstage reichen, pro Tag werden dabei 40 bis 60 Tonnen Kraftstoff verbraucht. Es ist also lebenswichtig, innerhalb dieser 17 Tage entweder die externe Stromzufuhr wiederherzustellen oder die Dieselvorräte des AKW aufzufüllen. Dem wirkten jedoch die ukrainischen Streitkräfte entgegen:
"Derzeit 'vergnügen' sich die ukrainischen Streitkräfte damit, dass sie, nachdem sie die Stromleitung, die das Kernkraftwerk versorgt, abgeschaltet/außer Betrieb gesetzt haben, Jagd auf die Tanklastzüge machen, die unsere Leute für die Dieselgeneratoren mit Kraftstoff beliefern. Der Kraftstoff wird mit Tanklastwagen aus Taganrog durch das aktive Kampfgebiet transportiert. Nach einigen Angaben wurden allein im Juni drei solcher Treibstoffkonvois zerstört. Die Lieferung von Dieselkraftstoff zum Kernkraftwerk unter dem Beschuss der ukrainischen Streitkräfte ist eine Heldentat. Können Sie sich vorstellen, was die Fahrer der Tanklastwagen empfinden, wenn sie sich auf den Weg machen?"
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