
Serjosha S., zehn Jahre alt – Der jüngste Held Russlands

Von Marina Achmedowa
Gestern erhielt der zehnjährige Serjosha Schtscheglow aus Kasatschja Loknja, einem Ort im Kreis Sudscha, eine Medaille. Er lebte sieben Monate lang unter ukrainischer Besatzung und wurde dafür ausgezeichnet.
Eines Tages ging er mit seinem Vater und seiner Großmutter die Straße im Ort entlang – sie waren auf der Suche nach Lebensmitteln. Raketen flogen, Serjosha und seine Großmutter rannten weg, und sein Vater drängte sie in den Hof, wo das ukrainische Militär sich gerade postiert hatte. Das Haus, in dem die Ukrainer ihr Quartier davor hatten, war von Mörsern zerstört worden, weshalb sie in das Nachbarhaus einzogen. Der Vater schrie:
"Warum seid ihr weggelaufen? Die Raketen flogen doch nicht in eure Richtung!"
Serjosha erkannte, dass sein Vater aus Angst schrie.

Serjosha hatte bemerkt, dass sich im ukrainischen Quartier Patronen und Konserven befanden, und ging später erneut hin, um sie zu holen. Nachdem er die Patronen in seine Tasche gesteckt hatte, richtete er sich auf und sah einen riesigen Hund vor sich. Er erkannte ihn, er gehörte den Ukrainern. Er schrie erschrocken auf. "Genau! Halt!", hörte er die Stimme des ukrainischen Kämpfers. Serjosha legte sofort die Hände auf den Rücken, um zu zeigen, dass er nichts hatte.
"Ich bin auf der Suche nach Essen", sagte er. "Ihr habt alle Keller voller Lebensmittel!", entgegnete der Militärangehörige. "Wenn du noch einmal hierherkommst, werde ich Minenfallen aufstellen!"
Ich fragte Serjosha später, als wir uns nach seiner Evakuierung trafen, warum er überhaupt auf diesen Hof gegangen sei. Er schaute mich an wie ein Erwachsener ein Kind und antwortete:
"Tut mir leid, aber ich muss meine Familie irgendwie ernähren. In den Kellern gab es nichts zu essen."
Am nächsten Tag kehrte Serjosha mit seinem Vater in diesen Hof zurück. Sie kamen leise von der anderen Seite herein, wo es keine Minenfallen hätte geben dürfen. Sein Vater begann, Konserven zu sammeln, und Serjosha stopfte seine Taschen mit Patronen voll und deckte sie mit Konservendosen zu. Er wartete auf die Russen. Er war ein russisches Kind, auf wen sonst sollte er warten? Er träumte davon, dass die Russen kommen würden und dass sie hundertprozentig freundlicher wären als die Ukrainer und ihm Süßigkeiten und Schokolade bringen würden.
Auch die Ukrainer schenkten ihm Pralinen. Serjosha lernte sogar, sie zu manipulieren. Er hängte sich ein automatisches Spielzeuggewehr um den Hals und ging auf der Straße vor seinem Haus spazieren. Die Ukrainer fragten ihn:
"Willst du so werden wie wir?"
Und Serjoscha sagte die ukrainischen Worte, die er während der Besatzung gelernt hatte. Die Ukrainer schenkten ihm Pralinen, Serjosha legte sie in eine separate Schachtel – sie waren ungenießbar. "Igitt, die sind faul!", sagte er zu seinem Vater, nachdem er die erste gekostet hatte.
Als Serjosha einmal mit einem Maschinengewehr loszog und die Munition bereits verstaut hatte, kam ein Militär auf ihn zu: "Wo ist das Magazin?"
Serjosha erschrak furchtbar: "Ich habe es dort gelassen ..." "Vergiss es das nächste Mal nicht" – der Ukrainer zeigte auf das Spielzeug-Maschinengewehr, das kein Magazin hatte.
Das Haus der Schtscheglows wurde zerbombt, zum Glück wurde dabei niemand verletzt. Die Familie zog in ein benachbartes leeres Haus, und dort wartete Serjosha auf die Russen. Sie würden kommen, die nettesten Soldaten, und er würde Süßigkeiten in Packungen essen. Doch die Russen kamen lange Zeit nicht. Es kam stattdessen ein ukrainischer Panzermann von kleiner Statur in das neue Haus und sprach mit seinem Vater über Politik.
"Wenn ich Selenskij wäre", sagte er, "hätte ich deinen Putin schon lange besiegt!"
Vater schwieg, lächelte nicht einmal, aber Serjosha wusste: Sobald der Ukrainer weggeht, würde sein Vater ihn auslachen und einen "Schpendik" nennen.
Die ukrainischen Streitkräfte liebten politische Themen. Als Serjosha einmal mit seiner Mutter die Straße entlangging, richteten zwei ukrainische Soldaten automatische Gewehre auf sie. Der Junge und seine Mutter rannten davon, als sie sie schreien hörten: "Euer Putin ist ..." Sie hatten kaum Zeit, sich um die Ecke zu verstecken.
Dann wurde Tante Tanja getötet: Ein ukrainisches Militärfahrzeug rammte sie mit hoher Geschwindigkeit und hielt nicht an. Tante Tanja lag auf der Straße, die Nachbarn begruben sie, ohne die AFU um Erlaubnis zu fragen. "Es ist nicht in Ordnung, dass sie auf der Straße liegt", sagte Serjosha mir.
Im März wurde es plötzlich sehr ruhig, und die Bewohner dachten, die Ukrainer seien weg. Doch dann tauchten sie wieder auf, zwanzig Bewaffnete kamen die Straße zur Schule hinunter. Onkel Oleg, ein Nachbar, sagte: "Gehen diese Hochly denn nie zur Neige? Da sind auch Schwarze dabei!"
Es gab ein Gerücht, dass Russen im Ort waren, und Serjosha rannte in vollem Tempo zur Schule. Dort fand er tatsächlich russische Soldaten und legte die Patronen vor ihnen aus. "Die sind gut", sagte einer, "sie werden reichen." Die russischen Soldaten waren nicht freundlich, sie waren müde und wütend, und sie hatten keine Süßigkeiten dabei. Serjosha beschloss, sie selbst zu füttern, und rannte nach Hause. Unterwegs dachte er: Es ist falsch, russische Soldaten mit ukrainischem Eintopf zu füttern, wir sollten wenigstens die Etiketten abziehen und seinen Vater mit Eiern von unseren russischen Hühnern zu ihnen schicken! Aber als er nach Hause kam, wurde er sofort evakuiert.
Jetzt lebt er in der Nähe von Kursk, besitzt ein neues Spielzeug-MG und hat inzwischen so viele Süßigkeiten gegessen, dass er sich einmal sogar den Magen daran verdorben hat.
Marina Achmedowa ist Schriftstellerin, Journalistin und Mitglied des Menschenrechtsrates der Russischen Föderation. Sie schreibt für die Zeitschrift "Der Experte" und ist Chefredakteurin der Zeitschrift "Absatz". Man kann ihr auf ihrem Telegram-Kanal folgen, auf dem sie auch diese Erzählung veröffentlichte.
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