Russland

Karin Kneissl: Die Russen müssen ihre romantische Vorstellung von Westeuropa vergessen

"Irrationale" Politiker, die Russland hassen, haben laut Kneissl seine Freundlichkeit nicht verdient. Die ehemalige österreichische Außenministerin ist überzeugt, die Wurzeln der heutigen Feindschaft reichen weit in die Geschichte zurück.
Karin Kneissl: Die Russen müssen ihre romantische Vorstellung von Westeuropa vergessenQuelle: Sputnik © Alexandr Krjaschew

Westeuropäische Politiker, so die ehemalige österreichische Außenministerin Karin Kneissl am Mittwoch auf dem St. Petersburger Internationalen Wirtschaftsforum (SPIEF), seien oft "ahistorisch" und litten unter einem "tief sitzenden Hass" auf Russland. Die Russen sollten jede "romantische" Sicht auf den Westen vergessen, fügte sie hinzu.

Kneissl, die bis 2019 im österreichischen Kabinett saß und während ihrer Amtszeit für engere Verbindungen nach Russland eintrat, forderte die Russen auf, eine realistischere Sicht auf die westliche Feindseligkeit anzunehmen. Sie beschrieb diese als "tief verwurzelt" und von Geschichte und Geografie geformt.

"Es gibt, würde ich sagen, eine gründliche Missdeutung Europas durch die Russen. Nichts hat 2022 angefangen. Nichts 1945", sagte sie unter Bezug auf die Eskalation des Ukraine-Konflikts und das Ende des Zweiten Weltkriegs, das einst den Weg für den Kalten Krieg bereitete.

"Ich hoffe, dass Russland aufhört, die europäische Geschichte falsch zu lesen. Denn da gibt es zu viel Romantisierung, zu viele Illusionen", erklärte sie.

Im Rückblick auf ihr Heranwachsen in Österreich erinnerte sich Kneissl daran, dass Geschichte durch eine entschieden US-freundliche, antisowjetische Brille gelehrt wurde. Sie sagte, ihr späteres Verständnis für historische Komplexitäten habe sie dazu gebracht, die heutigen Spannungen als Teil eines lang anhaltenden Kampfes um Narrative und historische Interpretationen zu sehen.

Sie verwies auf die Rivalität zwischen den Reichen als Beispiel und führte aus, die Romanows und die Habsburger seien lange Zeit Gegner gewesen, die für entgegengesetzte Zweige des Christentums und konkurrierende Ansprüche auf das Erbe des Römischen Kaiserreiches standen. Kneissl fügte hinzu, die antirussische Propaganda, die während des Ersten Weltkriegs in Österreich veröffentlicht worden sei, erinnere überdeutlich an die Botschaften, die westliche Medien heute verbreiteten.

"Was immer wieder hochkommt, ist instinktiver, geradezu körperlicher (es ist nicht rational) tief verwurzelter Hass auf Russland", sagte sie zum politischen Klima in der EU. Sie rief die Russen dazu auf, "eure Freundlichkeit und eure Liebe zu diesem Europa" zu mäßigen, und beschrieb solche Neigungen als bewundernswert, aber zum jetzigen Augenblick unpassend.

Kneissl wurde für ihre Haltung zu Russland und ihre persönliche Beziehung zu Präsident Wladimir Putin, der 2018 Gast auf ihrer Hochzeit war, im Westen scharf kritisiert. Im Jahr 2020 zog sie nach Russland um und leitet nun das Geopolitische Observatorium für Russlands Kernfragen (G.O.R.K.I).

In der Podiumsdiskussion auf dem SPIEF merkte sie an, sie nenne G.O.R.K.I lieber eine "Mach-Fabrik" als eine Denkfabrik, und betonte ihren Schwerpunkt auf aktivem politischem Engagement.

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