Russland

Trump und OPEC lassen Russlands Öleinnahmen einbrechen

Obwohl Russland von den US-Zöllen ausgenommen ist, treffen die Folgen indirekt auch Moskau. Die OPEC senkt unerwartet die Ölpreise, russisches Ural-Öl fällt auf 50 Dollar – weit unter das Haushaltsziel. Wie hart wird dieser Schlag für Russland?
Trump und OPEC lassen Russlands Öleinnahmen einbrechenQuelle: Gettyimages.ru © RICHARD JONES/SCIENCE PHOTO LIBRARY

Von Olga Samofalowa

Befürchtungen eines weltweiten Handels- und Wirtschaftseinbruchs aufgrund des Handelskriegs von US-Präsident Trump bis hin zu einer neuen globalen Krise schlagen auf die Ölpreise durch. Doch auch die OPEC trug zum Rückgang der Ölpreise bei: Nur einen Tag nach Trumps Ankündigung der Zolltarife beschloss sie, die Ölfördermenge zu verdreifachen: Statt der ursprünglich geplanten 135.000 Barrel pro Tag soll die Ölförderung im Mai um 411.000 Barrel pro Tag erhöht werden.

Am Montag – nach dem Rückgang der Erdölpreise auf dem Weltmarkt – fiel der Preis für unser Urals-Rohöl auf 50 US-Dollar pro Barrel. Dieser Preis liegt damit unter der Preisobergrenze von 60 US-Dollar pro Barrel. Viel wichtiger für Russland ist jedoch, dass er deutlich unter dem im Staatshaushalt einkalkulierten Ölpreis liegt.

Der Preisrückgang bei den verschiedenen Ölsorten begann am Donnerstag und Freitag und setzte sich am Montag fort, doch am Dienstag konnten sowohl die Weltölpreise als auch der Preis für Urals-Rohöl ihre Talfahrt beenden und stiegen wieder an. Dennoch sind die Langzeitfaktoren, die einen Preisrückgang bewirken, noch nicht verschwunden. Große Investmentbanken wie Goldman Sachs begannen bereits, ihre Ölprognosen für dieses und nächstes Jahr zu senken.

Wladimir Tschernow, Analytiker bei Freedom Finance Global, meint:

"Im Falle einer weiteren Eskalation der Handelskriege bleiben die Weltölpreise unter Druck. Dann würde der Ölpreis der Sorte Brent auf 55 bis 60 US-Dollar pro Barrel fallen, während der Ölpreis der Sorte Urals auf 45 bis 52 US-Dollar pro Barrel sinken würde. Beginnt Trump, mit den meisten Ländern über die Aufhebung neuer Zolltarife im Gegenzug für eine Verringerung des Handelsdefizits zu verhandeln, werden sich die Preise für das "schwarze Gold" wieder erholen und möglicherweise in den Preisrahmen von 65 bis 70 US-Dollar pro Barrel Brent-Rohöl und 60 US-Dollar pro Barrel Urals-Rohöl zurückkehren. Bislang halten wir das zweite Szenario für wahrscheinlicher."

Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die diesen Trend umkehren könnten, sodass die Ölpreise wieder rasch ansteigen würden.

Tschernow zufolge könnte dies beispielsweise der Fall sein, wenn die USA eine Militäraktion gegen Iran einleiten und die Eskalation der Handelskriege eindämmen – in diesem Fall könnten die Ölpreise für Brent-Rohöl weltweit auf 70 bis 75 US-Dollar pro Barrel steigen.

Igor Juschkow, Experte der Finanzuniversität der Regierung der Russischen Föderation und des Nationalen Energiesicherheitsfonds (NESF), ist der Meinung:

"Der zweite Faktor, der die Ölpreise in die Höhe treiben könnte, ist eine Positionsänderung seitens der OPEC, die bis jetzt Schweigen bewahrt hat. Aber selbst durch Verbalinterventionen kann sie diese Situation ändern. Es wird genügen, wenn die OPEC sagt, dass sie aufgrund der veränderten Marktlage ihre frühere Entscheidung, die Ölförderung ab Mai stark zu erhöhen, bis Ende April aussetzen werde. Die OPEC-Mitglieder können beispielsweise den Startzeitpunkt für die Erhöhung der Ölförderung von Mai auf Juli verschieben oder das Volumen der Erhöhung auf die bisherigen 135.000 Barrel pro Tag reduzieren. Dies wird den Ölpreis stützen."

Der dritte Faktor, der die Ölpreise in die Höhe treiben könnte, ist eine mögliche Senkung des Refinanzierungssatzes durch die US-Notenbank Fed.

Igor Juschkow nimmt dazu Stellung:

"Um der Unternehmensentwicklung in den USA einen Anstoß zu geben, könnte die US-Notenbank eine Zinssenkung vornehmen. Dies wäre logisch: Die Industrieproduktion in den USA könnte aufgrund des Preisanstiegs oder der Nichtverfügbarkeit einiger Komponenten und Bauteile aus Europa und China leiden. Die US-Notenbank hat dies bereits während der Krise 2008/2009 getan, als sie eine quantitative Geldpolitik einführte, also den Leitzins senkte. Im Zuge dessen flossen große Mengen billigen Geldes in die USA. Als Folge davon wurden Termingeschäfte, darunter auch Öl-Futures, aufgekauft, und die Ölpreise stiegen. Jetzt könnte die Fed versuchen, das Gleiche zu bewirken."

Sollten solche bedeutenden Ereignisse nicht eintreten, wird die Welt seiner Meinung nach einem allmählichen Szenario des Marktgleichgewichts folgen: Es werde eine gewisse Zeit, vielleicht ein paar Monate, vergehen, bevor sich die niedrigen Ölpreise auf die Ölproduktion auswirken. Als Erstes werden die US-Schieferölprojekte ihre Produktion drosseln müssen, denn für viele von ihnen sei die Ölförderung bei einem Preis von rund 55 US-Dollar pro Barrel bereits unrentabel.

Dem NESF-Experten zufolge wären Preise um die 50 bis 60 US-Dollar pro Barrel jedoch für alle Ölproduzenten, auch für Russland, letztendlich schmerzhaft.

Der russische Haushalt sieht einen viel höheren Ölpreis von 69,7 US-Dollar pro Barrel und einen schwächeren Rubelkurs von 96,5 Rubel pro US-Dollar vor (heute liegt er bei 85,5).

Dazu erklärt Igor Juschkow:

"Wir verkaufen unser Öl in Rubel jetzt billiger als geplant. Statt der geplanten 6.700 Rubel verkaufen wir es jetzt für weniger als 5.000 Rubel pro Barrel."

Dies führt zu einem ungeplanten Anstieg des Haushaltsdefizits. Im ersten Quartal 2025 betrug das Haushaltsdefizit 2,17 Billionen Rubel beziehungsweise 1 Prozent des BIP. Dies ist doppelt so hoch wie das geplante Defizit für das gesamte Jahr 2025 von 1,17 Billionen Rubel beziehungsweise 0,5 Prozent des BIP.

Tschernow führt dazu eine Berechnung an:

"Das Finanzministerium hat die russischen Öl- und Gaseinnahmen im Jahr 2025 auf 10 bis 11 Billionen Rubel bei einem US-Dollar-Kurs von 96,5 und einem Preis des Urals-Rohöls von 60 US-Dollar pro Barrel berechnet. Wenn der durchschnittliche Jahrespreis für Urals-Rohöl auf 50 US-Dollar pro Barrel sinkt, könnten die Öl- und Gaseinnahmen des Haushalts um etwa 15 bis 20 Prozent gegenüber der Prognose zurückgehen, und bei einem Preis von 40 US-Dollar pro Barrel könnten die Verluste 30 bis 40 Prozent erreichen, was einen Rückgang der Einnahmen auf 6 bis 7 Billionen Rubel bedeuten würde."

Zu beachten ist, dass im Haushalt zwei Ölpreise vorgesehen sind: Bei einem Preis von 69,7 US-Dollar pro Barrel könnten die Reserven des Nationalen Wohlfahrtsfonds (NWF) wieder aufgefüllt werden (aber es besteht wenig Hoffnung darauf), und bei einem Preis von 60 US-Dollar pro Barrel wird der Haushalt ohne Auffüllung der NWF-Reserven aufgestellt. Sollte das Urals-Rohöl jedoch weniger als 60 US-Dollar pro Barrel betragen, müssen die Reserven zur Deckung des erhöhten Haushaltsdefizits herangezogen werden.

Wie kann Russland etwaige Risiken des Einnahmenrückgangs durch niedrige Ölpreise verkraften?

Erstens bietet der Rubel dem russischen Staatshaushalt auch eine gewisse Hilfe.

Tschernow stimmt dem zu:

"Die Abwertung des Rubelkurses könnte zu einer raschen Erhöhung der auf Rubel lautenden Haushaltseinnahmen führen. Der russische Haushalt sieht einen Wechselkurs vor, der etwa 10 Prozent über dem aktuellen liegt, sodass wir davon ausgehen, dass der Rubel bald an Wert verlieren wird."

Zweitens gibt es die Haushaltsregel und den Nationalen Wohlfahrtsfonds. Die Zentralbankchefin der Russischen Föderation, Elwira Nabiullina, erkannte die erhöhten Risiken niedrigerer Ölpreise und sagte, dass die Haushaltsregel zur Bewältigung dieses Problems beitragen würde. Diese Haushaltsregel wurde eingeführt, um sicherzustellen, dass in den "fetten" Zeiten, in denen Öl teuer ist, die Einnahmen aus dem Ölexport teilweise in die Reserven fließen (um Gold oder Yuan zu kaufen). Und in Krisenzeiten – wenn der Ölpreis fällt, wie jetzt – hat das Land die Möglichkeit, seine Reserven zu verkaufen, um die Staatskasse wieder aufzufüllen.

Tschernow erklärt:

"Der Haushaltsregelmechanismus wird den Rückgang der Öl- und Gaseinnahmen nivellieren, wenn die Ölpreise unter 40-45 US-Dollar pro Barrel fallen. In einem solchen Fall beginnt das russische Finanzministerium, die Reserven des Nationalen Wohlfahrtsfonds zur Kompensation der Einnahmeausfälle aktiv einzusetzen."

Es besteht jedoch die Gefahr, dass die Reserven des Nationalen Wohlfahrtsfonds schnell aufgebraucht werden könnten. Olga Belenkaja, Leiterin der Abteilung für makroökonomische Analysen bei der Finanzgruppe "Finam", sagt dazu:

"Der liquide Teil des Nationalen Wohlfahrtsfonds schrumpft weiter. Am 1. April belief sich sein Bestand auf 3,27 Billionen Rubel, was 1,5 Prozent des BIP entspricht. Zum Vergleich: Am 1. Januar 2022 beliefen sich die liquiden Aktiva des NWF auf den Gegenwert von 8,4 Billionen Rubel beziehungsweise 7,3 Prozent des für 2021 prognostizierten BIP. Geht man davon aus, dass bei anhaltend niedrigen Ölpreisen der liquide Teil des NWF irgendwann erschöpft sein wird, so wird das Finanzministerium in Zeiten niedriger Ölpreise nicht über einen solchen Ausgleichsmechanismus verfügen."

Ihr zufolge müssten die Regierung und das Parlament dann zusätzliche Einnahmequellen erschließen, was einer Steuererhöhung gleichkomme, und/oder die Haushaltsausgaben kürzen. Beides würde im Allgemeinen einen Abzug vom Wirtschaftswachstum bedeuten, wobei die entsprechenden Auswirkungen von der Art der Haushaltsausgaben abhängen.

Belenkaja meint:

"Die Alternative wäre ein aggressiverer Staatsschuldenaufbau. Dies würde zu einem höheren langfristigen neutralen Zinssatz beziehungsweise zu höheren Langzeitkreditkosten führen."

Igor Juschkow stellt abschließend fest:

"Was die Haushaltskürzungen betrifft, so wäre eine Reduzierung der Verteidigungsausgaben nach Beendigung der speziellen Militäroperation in der Ukraine für Russland am wenigsten schmerzhaft. Bestimmte Haushaltsposten könnten gestrichen werden. So hat das russische Finanzministerium Anfang 2023 – als das erste Jahresquartal ebenfalls sehr unerfreulich ausfiel – beschlossen, die Dämpfungszahlungen an die Ölunternehmen ab 1. September zu halbieren. Man könnte annehmen, dass eine der ersten Entscheidungen des russischen Finanzministeriums darin bestehen würde, diese Reform zu wiederholen. Aber im Jahr 2023 führte sie zu einem Anstieg der Kraftstoffpreise auf dem Inlandsmarkt, und jetzt können wir eine ähnliche Situation nicht ausschließen."

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 9. April 2025 zuerst auf der Homepage der Zeitung Wsgljad erschienen.

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