Russland

In Russland setzt sich Abstinenz durch: Zahl der Nichtalkoholiker verdoppelt sich binnen 20 Jahren

Das russische Meinungsforschungszentrum WZIOM stellt einen deutlichen Wandel beim Alkoholkonsum in Russland fest. Demnach ist die Zahl der Nichttrinker im Land derzeit fast doppelt so groß wie vor 20 Jahren. Der Entwicklung liegt nicht zuletzt ein Trend zu einer gesundheitsbewussteren Lebensweise zugrunde.
In Russland setzt sich Abstinenz durch: Zahl der Nichtalkoholiker verdoppelt sich binnen 20 JahrenQuelle: TASS © MICHAIL DSCHAPARIDSE

Aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts WZIOM geht hervor, dass der Alkoholkonsum in Russland in den vergangenen 20 Jahren einen deutlichen Wandel erlebt hat. Immer mehr Einwohner des riesigen Landes, dem klischeehaft eine große Liebe für Wodka nachgesagt wird, leben abstinent. WZIOM führt diese Entwicklung auf ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren zurück. Darunter werden neben der Anti-Alkohol-Politik der russischen Regierung auch der Generationenwandel und der allgemeine Trend zu einer gesunden Lebensweise genannt.

Im Vergleich zu den Statistiken aus dem Jahr 2004 holte die Zahl der Russen, die überhaupt keine Spirituosen trinken, die Zahl der Alkoholkonsumenten ein: Zu den Abstinenzlern zählten sich 48 Prozent der Befragten, während 52 Prozent zugaben, regelmäßig Alkohol zu trinken. Vor 20 Jahren gaben lediglich 27 Prozent der Befragten an, keinen Alkohol zu trinken, 73 Prozent der Befragten hingegen konsumierten regelmäßig Alkohol.

Der stark vom Islam geprägte Föderationskreis Nordkaukasus entpuppte sich mit 71 Prozent der Abstinenzler als die "nüchternste" Region Russlands. In den übrigen Regionen des Landes lag die Zahl der Nichttrinker zwischen 45 und 50 Prozent. Frauen gaben mit 53 Prozent häudiger als Männer mit 43 Prozent an, keine Spirituosen zu konsumieren. Auch Mitarbeiter von Staatsunternehmen erwiesen sich im Unterschied zu ihren Kollegen aus dem privaten Sektor überwiegend als Nichttrinker (51 gegenüber 39 Prozent).

Ein Umbruch wurde darüber hinaus beim Spirituosenranking festgestellt. Während man in der UdSSR Wodka bevorzugt hatte, setzte sich Anfang der 2000er-Jahre Bier als Lieblingsalkoholgetränk der Russen durch. Im Jahr 2004 gab fast jeder Zweite (47 Prozent) dem Gerstensaft den Vorzug. Wein und Wodka teilten sich damals den zweiten Platz: Jeder dritte Russe (33 Prozent) konsumierte diese Spirituosen am liebsten.

Die jüngste Erhebung zeigte einerseits einen starken Rückgang des Konsums und andererseits eine Umverteilung dieser drei Alkoholgetränke auf der Beliebtheitsskala: Wein eroberte mit 19 Prozent die Tabellenspitze, gefolgt von Bier mit 18 Prozent und Wodka mit elf Prozent. Damit wendete sich Russland in dieser Zeitspanne noch mehr vom nördlichen Muster des Alkoholkonsums ab in Richtung der für den Mittelmeerraum üblichen Trinkgewohnheiten.

Übrigens traten in der Umfrage ausgeprägte geschlechtsspezifische Unterschiede zum Vorschein. Für Wein sprachen sich 26 Prozent der Frauen, aber lediglich elf Prozent der Männer aus. Zu Bier und allen starken Spirituosen bekannten sich überwiegend die Männer: Lediglich 13 Prozent der Frauen nannten Bier als Lieblingsgetränk gegenüber 25 Prozent der Männer. Bei Wodka waren es fünf Prozent gegenüber 19 Prozent, bei Weinbrand fünf Prozent gegenüber neun Prozent und bei Whisky ein Prozent gegenüber fünf Prozent.

Unter den Weinliebhabern fanden sich laut der Umfrage mehr Akademiker (26 Prozent) und wohlhabendere Personen (24 Prozent).

Die WZIOM-Forscher fragten zudem nach den Ursachen des übermäßigen Konsums von Alkohol. Sowohl im Jahr 2004 als auch im Jahr 2024 erklärten 38 Prozent der Befragten diesen mit dem Wunsch, Stress abzubauen. Mehr als ein Viertel (27 Prozent im Jahr 2024 gegenüber 29 Prozent im Jahr 2004) erklärten ihn mit mangelnder Willensstärke. Jeder Fünfte (20 Prozent im Jahr 2024 gegenüber 17 Prozent im Jahr 2004) führte den Alkoholmissbrauch auf den Wunsch zurück, ein Unglück "im Alkohol zu ertränken". Als weitere Ursachen wurden Entspannung (26 Prozent im Jahr 2024 gegenüber 37 Prozent im Jahr 2004), sozialer Druck (18 Prozent im Jahr 2024 gegenüber 23 Prozent im Jahr 2004) und Unsicherheiten über die Zukunft (14 Prozent im Jahr 2024 gegenüber 25 Prozent im Jahr 2004) genannt.

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