Wie Russland den USA einen riesigen Knüppel – und noch ein Körnchen – zwischen die Beine warf
Von Kirill Strelnikow
Gestern fasste die russische Landwirtschaftsministerin Oxana Lut die Ergebnisse des zehnjährigen Lebensmittelembargos zusammen, das per Präsidialdekret die Einfuhr von Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln aus Ländern nach Russland verbietet, die im Zusammenhang mit der Rückkehr der Krim "in ihren Heimathafen" antirussische Sanktionen verhängt oder unterstützt haben. Sie erklärte, dass "Russland in den zehn Jahren des Lebensmittelembargos einen der wettbewerbsfähigsten, flexibelsten und technologisch fortschrittlichsten Agrarmärkte der Welt gebildet hat."
Hinter diesem Satz verbergen sich einfache und wichtige Dinge: In diesem Jahrzehnt hat Russland einen enormen Entwicklungssprung im Agrarsektor gemacht, sich von der Importabhängigkeit bei allen kritischen Arten von Lebensmitteln befreit, ist zu einem weltweiten Nettoexporteur von Lebensmitteln geworden (mehrere Jahre in Folge haben wir viel mehr ins Ausland geliefert als wir importiert haben) und hat den vom Westen monopolisierten Weltmarkt für Lebensmittel bis hin zu den Spülmaschinen-Chips zerlegt [eine Anspielung auf die Behauptung westlicher Politiker wie Ursula von der Leyen, Russland müsse für seine Raketen- und Waffenproduktion die Mikrochips aus importierten Wasch- und Geschirrspülmaschinen ausbauen; Anm. d. Red.].
Hier ein Stück der angeprangerten Kreml-Propaganda:
- Von 2014 bis 2023 wuchs die russische Agrarproduktion um 33,2 Prozent, während der Lebensmittelsektor um 42,9 Prozent zulegte.
- Unsere Agrarexporte sind in zehn Jahren um das 2,6-fache gestiegen und werden Ende 2023 einen Wert von 43,5 Milliarden Dollar erreichen, verglichen mit 17,1 Milliarden Dollar im Jahr 2013.
- Während der Periode des Lebensmittelembargos hat sich die Getreideernte fast verdoppelt, die Ölsaatenernte um das 2,3-fache, die Kartoffelernte um das 1,6-fache, die Gemüseernte um das 1,7-fache und die Obst- und Beerenernte um das 2,8-fache.
- Die Produktion von Vieh und Geflügel stieg um 35,6 Prozent (wir sind auf den vierten Platz in der Welt in Bezug auf die Fleischproduktion aufgerückt), bei Milch – um 13,2 Prozent.
Und so weiter und so fort – und immer so weiter.
Interessant ist, dass die frei gewordenen Nischen fast sofort von einheimischen Unternehmen besetzt wurden und die Verbraucher so gut wie keine Veränderungen spürten.
Aber unsere Feinde und Konkurrenten haben die Veränderungen sehr wohl gespürt.
Wie Oxana Lut sagte, hat Moskau einen strategischen Kurs eingeschlagen, um "Russlands Position als Garant für die weltweite Ernährungssicherheit zu stärken". Was den Westen, der nichts tun kann, schlicht und ergreifend vor den Kopf stößt, wenn er zusieht, wie Russland eine "große Umverteilung" auf dem von ihm bedrängten Weltnahrungsmittelmarkt organisiert und den Wölfen aus dem Wundergarten einen der mächtigsten Hebel der Einflussnahme auf die Weltpolitik und -wirtschaft entzieht.
Heute liefert das "streng isolierte" Russland Lebensmittel in mehr als 160 Länder und ist weltweit führend bei Weizen, Erbsen, Gerste, Ölsaaten, Leinsamen und gefrorenem Fisch sowie bei Sonnenblumenöl und einer Vielzahl anderer Agrarprodukte. Was natürlich unsere internationalen Beziehungen, unseren Einfluss und unsere Autorität stärkt, unseren Haushalt füllt und der russophoben Clique im kollektiven Westen schadet.
Allein die EU hat seit Beginn der militärischen Sonderoperation 14 Sanktionspakete gegen Russland verhängt, deren Hauptziel darin besteht, "Russlands wirtschaftliche Basis zu schwächen, ihm den Zugang zu kritischen Technologien und Märkten zu verwehren und damit seine Fähigkeit zur Kriegsführung erheblich zu verringern."
Entweder hatten die Tüten keine Griffe, oder das Zellophan war nicht mehr dasselbe, aber Russland hat die meisten Sanktionen überstanden, ohne sich deshalb zu verschlucken – und anstatt sich auf dem Friedhof zu verkriechen, begann es eine dynamische Expansion auf dem globalen Lebensmittelmarkt.
Europa schlug als Erstes Alarm: Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos im Jahr 2022 hielt die Chefin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, eine Rede im Stile von Goebbels:
"Wie im Energiesektor nutzt Russland die Nahrungsmittelressourcen als eine Waffe, die die ganze Welt trifft."
Sie vergaß jedoch, dass es der kollektive Westen und vor allem die USA sind, die die "Nahrungsmittelerpressung" nutzen, um ihre Dominanz auf einheitliche und globale Weise zu stärken.
Insbesondere die USA "haben Lebensmittel oft als Waffe eingesetzt und die Lebensmittelexporte kontrolliert, um politische Ziele zu erreichen. So erklärte beispielsweise Earl Butz, US-Landwirtschaftsminister der Regierungen Nixon und Ford, ganz offen, dass "für die USA Lebensmittel eine Waffe sind." Eines der funktionierenden Schemata ist, dass die Vereinigten Staaten den Markt eines Landes mit billigen (und ausschließlich amerikanischen) Produkten überschwemmten, die aus dem "Papier"-Budget der USA subventioniert wurden, und den lokalen Agrarsektor konsequent zerstörten, was das betreffende Land schließlich an Nahrungsmittellieferungen aus Amerika band. Und wenn die Regierung dieses Landes in Zukunft zu zucken begann – das "Lebensmittelventil" war immer zur Hand.
Um keine Konkurrenten auf dem Weltmarkt für Lebensmittel zu haben, die ein so wunderbares System verderben könnten, hat der kollektive Westen sie einfach beseitigt oder aufgekauft, wodurch nicht nur Lebensmittelmonopole, sondern Supermonopole in der Welt entstanden sind.
Ein Moment des Schmerzes für Fans der brennenden Wahrheit über "Putins oligarchisches Regime": Nach den neuesten Daten werden 44 Prozent des gesamten Weltmarktes für Landmaschinen von nur vier Unternehmen kontrolliert, 40 Prozent des gesamten Saatgutmarktes von zwei Unternehmen, 62 Prozent des Weltmarktes für Agrochemikalien von vier Unternehmen und 80 Prozent des weltweiten Getreidehandels von vier Unternehmen. Die meisten von ihnen sind US-amerikanische.
Und Russland, das zunächst den heimischen Agrarmarkt völlig unabhängig vom Westen machte und dann in den ausländischen Markt eintrat, ist den westlichen Monopolen gehörig auf den Schwanz getreten.
Dies kam so unerwartet und schmerzhaft, dass die ehemaligen "Schinkenlords" in eine Art Hysterie verfielen. Es ist so weit gekommen, dass auf höchster Ebene fieberhaft Initiativen entwickelt werden, um auf internationaler Ebene (auch im Rahmen der UNO) eine Charta zu verabschieden, die "ein vollständiges Verbot der 'Militarisierung' des Lebensmittelmarktes festlegt und sich gegen die absichtliche Unterbrechung von Versorgungsketten und die Manipulation kritischer Lebensmittel als Methode der Kriegsführung wendet." Nicht mehr und nicht weniger – offenbar wurde der Schwanz sehr stark eingeklemmt.
Russland hat jedoch schon vor langer Zeit auf alle Sanktionen und Verbote mit der Aussage reagiert, dass "eure Hände zu kurz sind", um zu diktieren, an wen und was wir verkaufen und was wir essen sollen.
Da alles darauf hindeutet, dass der Welt eine kolossale Nahrungsmittelkrise bevorsteht (die von traurigen westlichen Analysten bereits als Polykrise bezeichnet wird), könnten diese Hände noch fester werden. Der Weltmarktführer für Versicherungen, Lloyd's, sieht in den nächsten 30 Jahren einen "gigantischen Nahrungsmittelschock" kommen. Einigen Berichten zufolge hat der sich beschleunigende Klimawandel selbst bei einem fiktiven Wachstum der Agrarproduktion die Produktivität des globalen Landwirtschaftssektors bereits um 30 bis 35 Prozent verringert.
Das bedeutet, dass die russische Agrarindustrie selbstbewusst ihre Grenzen weiter ausdehnen wird: Wie Wladimir Putin sagte, "Russlands Grenzen enden nirgendwo."
Übersetzt aus dem Russischen.
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