Moskwitsch statt Renault: Eine Legende kehrt zurück
Neben "Wolga", "Lada" und "Niwa" war der "Moskwitsch" eine der bekannteren sowjetischen Pkw-Marken, zumindest DDR-Bürger werden sich noch erinnern. Das Werk im Südosten Moskaus, in dem er jahrzehntelang hergestellt wurde, war einer der Erstlinge der sowjetischen Industrialisierung und hatte 1930 die Produktion aufgenommen. In den Folgejahren wuchs es auf die Größe einer größeren Kleinstadt heran und beschäftigte in seinen besten Zeiten über 60.000 Arbeiter, die jährlich 400.000 Neuwagen vom Band laufen ließen.
Nach dem Zerfall der Sowjetunion und der damit verbundenen Wirtschaftskrise wurde das Werk 1993 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und privatisiert. Die Geschäfte liefen offensichtlich nicht allzu gut, denn 2010 wurde die Produktion eingestellt und die AG abgewickelt. Die riesige Autostadt war inzwischen auf einige wenige Montagehallen zusammengeschmolzen, der größte Teil des Areals stand leer oder wurde an branchenfremde Nutzer vermietet. Ebenjene verbliebenen Montagehallen wurden 2014 durch den französischen Renault-Konzern, schon seit den 60er Jahren Kooperationspartner und Technologielieferant, übernommen, der dort seine eigenen Marken sowie die von Nissan endmontieren ließ, um die zum Schutz der heimischen Produktion inzwischen stark angehobenen Einfuhrzölle auf Pkws zu umgehen.
Im Mai 2022 gab Renault bekannt, sich aus Russland zurückzuziehen, und übertrug das Eigentum am Moskauer Werk der Moskauer Stadtregierung. In deren Regie wurde eine neue Aktiengesellschaft mit der Bezeichnung "Moskauer Autowerk Moskwitsch AG" geschaffen und damit der Traditionsname wiederbelebt.
Am Mittwoch hat das Automobilwerk "Moskwitsch" nun seinen Betrieb wieder aufgenommen. Die Nachrichtenagentur RIA Nowosti berichtete von der Eröffnungsfeier.
In Serie geht zunächst der "Moskwitsch 3 Urban Crossover". Es handelt sich dabei um einen kompakten Crossover mit einer Länge von 4.410 mm, einer Breite von 1.800 mm und einer Höhe von 1.660 mm bei einem Radstand von 2.620 mm und einem geräumigen Innenraum mit ergonomischen Sitzen. Das Modell ist mit einem aufgeladenen Benzinmotor (1,5 Liter, 150 PS, 210 Nm) ausgestattet, der mit einem CVT-Automatikgetriebe oder einem Sechsgang-Schaltgetriebe kombiniert ist. Das Exterieur des Fahrzeugs zeichnet sich durch geometrische Karosserielinien und moderne LED-Beleuchtung mit markantem Leuchtenblock aus.
Die Serienproduktion wurde von Denis Manturow, seines Zeichens stellvertretender Ministerpräsident und Leiter des Ministeriums für Industrie und Handel, sowie dem Moskauer Oberbürgermeister Sergei Sobjanin eröffnet.
Der Minister wies in seiner Ansprache darauf hin, dass in diesem Jahr nicht nur die Großserienmontage des Moskwitsch 3, sondern auch die Produktion von Elektroautos aufgenommen wird. Manturow sagte:
"Die Aufgabe für die nahe Zukunft besteht darin, bis Ende 2023 Montageprozesse mit lokalen Zulieferern einzurichten. Die nächste Etappe wird die Schaffung unserer eigenen universellen Plattform für das einheimische Elektrofahrzeug sein, dessen Produktion Ende 2025 anlaufen soll."
Er bezeichnete diesen Arbeitsbereich als eine Priorität für das Werk. Bis zum Jahr 2025 gibt es laut Ministerium ausgearbeitete und durchfinanzierte Pläne, den Grad der technologischen Unabhängigkeit von Importen zu erhöhen. Die vollständige technologische Unabhängigkeit mit hundertprozentiger Lokalisierung aller Zulieferer in Russland solle bis 2027 erreicht werden.
Die Aufnahme der Produktion in vollem Umfang am Standort Moskau werde rund 40.000 neue Arbeitsplätze für die Moskauer schaffen, versprach Manturow.
Sobjanin erinnerte daran, dass das Werk weniger als sechs Monate nach dem Ausscheiden von Renault aus dem Unternehmen in Betrieb genommen wurde:
"Viele dachten, dass dies (der Weggang von Renault – Anm. d. Red.) das Ende der russischen Automobilindustrie bedeuten würde, aber in Wirklichkeit war es ein weiterer Anreiz, die Produktion wiederzubeleben. Moskau führt heute ein neues Modell unter der alten Marke 'Moskwitsch' ein, und das ist ein historisches Ereignis."
Der Bürgermeister zeigte sich zuversichtlich, dass das Werk in einigen Jahren Elektroautos auf einer eigenen Plattform herstellen wird. Moskau verfüge bereits über Kompetenzen im Bereich der Elektromobilität, von Schienenfahrzeugen bis hin zu elektrisch betriebenen Wasserfahrzeugen. Auf den Straßen Moskaus sind immer mehr Elektrofahrzeuge unterwegs. Das sei die Zukunft, betonte der Oberbürgermeister, sowohl in Bezug auf die Technologie als auch auf die ökologisch verträgliche Mobilität in Großstädten.
Laut Mitteilung des Ministeriums für Industrie und Handel wird der Verkauf des Moskwitsch 3 Crossovers in der Hauptstadt bereits im Dezember beginnen. Die Fahrzeuge der Marke werden in Zukunft in staatliche Nachfragestützungsprogramme aufgenommen.
In Anlehnung an die derzeitige internationale Klassifizierung werden die Modelle der wiederbelebten Marke numerische Codes haben, die die Fahrzeuggröße und den Rang innerhalb der Familie angeben. Je nach Änderung können die Codes zusätzliche Buchstabencodes enthalten. Ein "E" steht zum Beispiel für Elektrofahrzeug.
RIA Nowosti erinnert in seiner Reportage daran, dass Renault bei seinem Weggang das Werk ohne Technologie, ohne Konstruktionsunterlagen und ohne Komponenten zur Unterstützung der Produktion hinterließ, dafür jedoch mit Lohnschulden gegenüber der Belegschaft für das Jahr 2021 in Höhe von 691 Millionen Rubel, die die Moskauer Regierung sofort beglich, nachdem sie Eigentümerin des Werks geworden war. Die Wiederbelebung des Werks wird in drei Phasen erfolgen, die sich über einen Zeitraum von sechs Jahren erstrecken. Ein eigenes Händlernetz für den Verkauf und die Wartung der Fahrzeuge ist bereits im Aufbau.
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