Russland

Russland: Ex-Bürgermeister von Jekaterinburg nach Festnahme heute vor Gericht

Jewgeni Roisman, ehemaliger Bürgermeister einer der größten Städte Russlands, wurde am Mittwoch wegen seiner öffentlichen Kritik am russischen Vorgehen in der Ukraine festgenommen. Bei einem Schuldspruch drohen ihm bis zu fünf Jahre Haft.
Russland: Ex-Bürgermeister von Jekaterinburg nach Festnahme heute vor GerichtQuelle: AP © Vladimir Podoksyonov

In Russland ist der prominente Oppositionspolitiker und frühere Bürgermeister der Millionenstadt Jekaterinburg, Jewgeni Roisman, festgenommen worden. Zuvor zählte er zu den wenigen Oppositionellen in Russland, die das Land nach dem 24. Februar nicht verlassen haben und noch auf freiem Fuß waren.

Dem 59-Jährigen wird die Verbreitung von Falschnachrichten über das Vorgehen der russischen Armee vorgeworfen. Über weitere Zwangsmaßnahmen soll ein Gericht in Jekaterinburg am Donnerstagnachmittag entscheiden. Der Ex-Bürgermeister wurde bereits dreimal wegen Diskreditierung der russischen Streitkräfte, einem neuen Gesetz aus diesem Jahr, mit Geldstrafen belegt.

Vor etwa einem Monat hatte Roisman ein Foto auf Twitter geteilt, das ihn gemeinsam mit den Oppositionspolitikern Ilja Jaschin, Andrei Piwowarow und Wladimir Kara-Mursa zeigte. Dazu schrieb Roisman "Ich allein bin noch auf freiem Fuß".

Im Internet kursieren zudem Videoaufnahmen, die die Festnahme des Politikers zeigen. Das Video bricht ab, als Roisman seine Wohnungstür öffnet.

Zudem durchsuchte die Polizei am Mittwoch mehrere mit Roisman in Verbindung stehende Objekte, darunter ein Museum und Büros, berichtete die Nachrichtenagentur TASS unter Berufung auf lokale Sicherheitskräfte. Sie beschlagnahmten Unterlagen, Computer und andere Technik, meldete TASS.

Am Mittwochabend versammelten sich einige Anhänger des Politikers in Jekaterinburg. Laut Berichten kam es zu mehreren Festnahmen.

Roisman war von 2013 bis 2018 Bürgermeister von Jekaterinburg, der viertgrößten Stadt Russlands. Eines seiner Markenzeichen im Bürgermeisteramt war der sogenannte "persönliche Empfang". Einmal pro Woche versammelten sich Menschen vor seinem Büro, die dem Bürgermeister direkt von ihren Problemen berichten konnten. Von 2003 bis 2007 war Roisman Abgeordneter der russischen Staatsduma.

Ein Projekt, das ihn landesweit bekannt machte, war der Fonds "Stadt ohne Drogen", mit der er das Drogenproblem in Jekaterinburg bekämpfte. Diese Tätigkeit ist bis heute eine umstrittene Episode in der Biographie des Politikers. Medien und Aktivisten hatten die Stiftung wiederholt für fragwürdige Methoden im Kampf gegen den Drogenhandel und bei der Rehabilitation von Süchtigen kritisiert.

Kommentare aus dem Kreml gab es zu der Festnahme zunächst nicht. Der Gouverneur des Gebiets Swerdlowsk, Jewgenij Kujwaschew, sagte, dass Roisman wie jeder andere Respekt und Gerechtigkeit verdiene. "Ich hatte immer ein schwieriges Verhältnis zu Jewgeni Roisman, wir waren und sind politische Gegner. Aber Gesetz ist Gesetz, und wie jeder Mensch verdient er Gerechtigkeit und Respekt. Ich hoffe, er bekommt sie", sagte Kujwaschew.

Aus der Opposition kamen schärfere Töne. Präsident Wladimir Putin habe sich entschieden, das "halbe Jahr Krieg" mit der demonstrativen Festnahme "des letzten noch in Freiheit befindlichen Oppositionspolitikers" zu begehen, twitterte Kira Jarmysch, Sprecherin des Kremlgegners Alexei Nawalny.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verurteilte im Namen der EU die Festnahme Roismans. "Die EU fordert seine sofortige und bedingungslose Freilassung", twitterte er am Donnerstag.  

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