Russland

Russlands Kinobranche kämpft mit "Parallelverleih" und "alternativer Synchronisation" ums Überleben

Der Rückzug der größten Filmkonzerne vom russischen Markt und die damit verbundene Krise in der Filmindustrie zwingen die Verleiher, nach alternativen Möglichkeiten für den Vertrieb ausländischer Filme zu suchen. Es gibt auch Pläne, weiterhin ausländische Filme zu synchronisieren.
Russlands Kinobranche kämpft mit "Parallelverleih" und "alternativer Synchronisation" ums ÜberlebenQuelle: Gettyimages.ru © Margarita Ostromenskaya

Mit dem Beginn der Militäroperation in der Ukraine verließen alle großen Filmfirmen den russischen Markt: Sony, Disney, Paramount, Warner Bros. und andere haben ihre Aktivitäten in Russland eingestellt und die Premiere neuer Filme abgesagt. So etwa hat Warner Bros. "Batman" in Russland genau einen Tag vor der angekündigten Premiere gestrichen. Seitdem kämpft der russische Filmverleih, der sich gerade erst von den Auswirkungen der Corona-Pandemie erholt hatte, mit seiner schwersten Krise der letzten Jahre. Und die Methoden zur Krisenbewältigung sind oft genauso kreativ wie die Filmdrehbücher.

So wird beispielsweise die Möglichkeit des sogenannten "Parallelvertriebs" von Filmen diskutiert. Dabei geht es um die Vorführung ausländischer Filme ohne die Zustimmung der Filmgesellschaften, die sich vom Markt zurückgezogen haben. "Ich spreche nicht von direkter Piraterie und Diebstahl", zitiert die Fachzeitschrift Bulletin des Filmverleihs Alexei Rjasanzew, Chef des großen Filmverleihunternehmens "Karoprokat". Und weiter:

"Der Parallelvertrieb von Filmen der großen Studios kann fortgesetzt werden: Wir eröffnen ein Bankkonto, und das Geld für den Vertrieb, das den großen Studios zusteht, wird hier angesammelt. Wenn sie möchten, bezahlen wir ihnen alles in Rubel, denn der Vertrieb ist legal, wenn auch ohne Ihre Zustimmung."

Dadurch, so Rjasanzew, könne man Filmpiraterie und illegale Kinos bekämpfen.

Experten sind jedoch der Meinung, eine solche Initiative werfe viele Fragen auf, und nicht nur rechtlicher oder ethischer Art. Insbesondere sei nicht klar, wie eine solche Verbreitung rein technisch möglich wäre – woher die digitalen Filmkopien kommen würden und wie sie entschlüsselt werden könnten.

Eine weitere neue Initiative zur Bekämpfung der Krise ist die sogenannte "alternative Synchronisation". Im März wurde in Russland ein Studio gegründet, das Synchronsprecher und -regisseure, die aufgrund der Krise arbeitslos geworden waren, sowie Übersetzer ausländischer Filme zusammenbrachte. Sie planen, weiterhin ausländische Filme zu synchronisieren, damit die Kinobesucher "die Stimmen ihrer geliebten Filmfiguren nicht verlieren". Das Studio hat bereits sein erstes Projekt produziert und sammelt nun Geld, um die Synchronisation des Streifens "Phantastische Tierwesen: Dumbledores Geheimnisse" zu finanzieren. Der Film solle von denselben Schauspielern vertont werden, die auch bei den offiziellen Produktionen mitgewirkt haben.

Der Verband der russischen Kinobetreiber, der sich derzeit aktiv darum bemüht, Filme aus Asien und Südamerika auf den russischen Markt zu bringen, während westeuropäische und amerikanische Streifen verschwinden, bezeichnet die Situation als äußerst schwierig. In einer Erklärung auf der Webseite des Verbands heißt es:

"Der kritische Repertoiremangel in den nächsten zwei Monaten wird zu einem Rückgang der Kinoeinnahmen um mehr als 80 Prozent führen und die Schließung von mindestens 50 Prozent der Kinos zur Folge haben. Unter den derzeitigen Bedingungen haben russische Filmproduzenten zum ersten Mal die Möglichkeit, auf einem Markt zu arbeiten, auf dem es keinen Wettbewerb gibt. Es ist jedoch unmöglich, die Menge an Filmen, die sich kurzfristig aus dem Verleih zurückgezogen haben, zu ersetzen. Im Gegensatz zu den meisten anderen betroffenen Branchen hat die Filmvorführungsbranche von vornherein nicht die Möglichkeit des Parallelimports. Eine Filmkopie ist kein physisches Medium mehr."

Während der Pandemie wurde das Überleben der Kinobranche unter anderem durch staatliche Subventionen gesichert. Nun habe der Verband der Kinobetreiber zusammen mit anderen Akteuren des russischen Kinomarktes die russische Regierung um eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 6,5 Milliarden Rubel (umgerechnet rund 96 Millionen Euro) gebeten, berichtet die Zeitung Wedomosti. Die Regierung zögere allerdings, den Kinos diese finanzielle Unterstützung zu gewähren. Laut den Quellen der Zeitung habe die Regierung Zweifel an der Zweckmäßigkeit der Bereitstellung dieser Summe, da das Geld wahrscheinlich keinen ernsthaften Einfluss auf die Situation haben werde. Ein weiterer Grund für die Ablehnung sei laut Wedomosti die Tatsache, dass viele der großen Kinoketten ausländische Eigentümer haben. Die Kinokette "Karo" hat etwa einen amerikanischen Miteigentümer, während der Inhaber von "Cinema Park" eine zyprische Firma ist.

Der Rückzug großer Unternehmen der westlichen Filmbranche aus dem russischen Markt hat sich jedoch auch auf sie selbst ausgewirkt. Schließlich war der Anteil Russlands am weltweiten Filmverleihmarkt vor der Ukraine-Krise bedeutend gewesen. Wie Die Presse unter Berufung auf APA und Reuters schreibt, war Russland ein wichtiger Markt für Hollywood: So erreichte im Jahr 2021 die Erlöse hier 601 Millionen US-Dollar (rund 536,66 Mio. Euro) oder 2,8 Prozent der Kinoeinnahmen. Der Streamingdienst Netflix musste seinen Rückzug vom russischen Markt sogar mit dem größten Umsatz- und Aktienrückgang seiner Geschichte bezahlen: Der Aktienkurs des Unternehmens, das zu Beginn der Corona-Pandemie zu den größten Gewinnern der Krise gehört hatte, sei laut Business Insider seit Anfang 2022 um mehr als 40 Prozent gefallen. Einer der Gründe dafür sei Deaktivierung von Hunderttausenden russischen Kundenkonten.

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