Leitfaden für russische politische Parteien vor den Parlamentswahlen 2021: Die Liberaldemokraten

Die Abstimmung zur Staatsduma in Russland ist vom 17. bis zum 19. September angesetzt. Doch wofür stehen und was versprechen die Parteien? RT bietet einen Überblick. Heute ist die Liberaldemokratische Partei an der Reihe.

Wer sind die Liberaldemokraten?

Die Liberaldemokratische Partei Russlands (LDPR) ist trotz ihrer Bezeichnung eine rechtspopulistische Fraktion, die im Jahr 1989 als Liberaldemokratische Partei der Sowjetunion gegründet wurde und bis zur Auflösung der UdSSR bestand. Gegründet wurde sie von Wladimir Schirinowski, der die Partei bis heute anführt. Trotz ihres Namens hat die Partei nur wenig mit den europäischen liberal-demokratischen Werten gemeinsam. Stattdessen vertritt sie Ansichten, die eher denen der Ultranationalisten ähneln und sich sowohl dem modernen neoliberalen Kapitalismus als auch dem Kommunismus sowjetischer Prägung widersetzen.

Wie haben die Liberaldemokraten bei den letzten Wahlen abgeschnitten?

Im Jahr 2016 lag der Stimmenanteil der LDPR bei 13,14 Prozent, damit landete sie auf dem dritten Platz hinter Einiges Russland und der Kommunistischen Partei. Das Ergebnis war eine Verbesserung gegenüber 2011, als die Partei mit 11,67 Prozent den vierten Platz belegte.

Seit dem Jahr 2016 hat die LDPR jedoch einige Erfolge verzeichnet. Im Jahr 2018 gewann sie beispielsweise die Gouverneursposten in den Regionen Chabarowsk und Wladimir und setzte sich gegen die Regierungspartei Einiges Russland durch.

Welches Ergebnis können die Liberaldemokraten im Jahr 2021 erwarten? Wer unterstützt sie?

Wie bereits im Jahr 2016 gehen die meisten Experten davon aus, dass die LDPR erneut den dritten Platz hinter den beiden beliebtesten Parteien holen wird. Wie auch bei den meisten anderen russischen Parteien hängt die Unterstützung der LDPR von der jeweiligen Region ab. Die Partei ist vor allem im Fernen Osten des Landes beliebt. Insbesondere in Chabarowsk, wo der inzwischen inhaftierte ehemalige Gouverneur Sergei Furgal im Jahr 2018 mit fast 70 Prozent der Stimmen gewann.

Wofür steht die Partei?

Die LDPR ist eine Rechtsaußenpartei. Schirinowski ist weder ein Liberaler noch ein großer Demokrat. Viele der Ideen der Fraktion können als ultranationalistisch und sozial konservativ beschrieben werden. So fand in Moskau in den Jahren 2018 und 2019 ein von der LDPR organisierter "Weltkongress der Friedenskräfte" statt. Daran nahmen Vertreter verschiedener rechtsextremer Organisationen aus mehreren Ländern teil, unter anderen die Nationaldemokratische Partei Deutschlands, die polnische Gruppe Falanga, die skandinavische Widerstandsbewegung Nordiska motståndsrörelsen und Britain First. Wie aus einer Erklärung der LDPR hervorging, sollte die Konferenz als erster Schritt "auf dem Weg zur Rettung der Menschheit vor einem thermonuklearen Krieg, auf dem Weg zum Frieden" angesehen werden.

Die Politik der Partei konzentriert sich fast ausschließlich auf die Ansichten Schirinowskis. Innenpolitisch unterstützt die LDPR populistische Ideen wie die Erhöhung der Renten und des Mindestlohns und setzt gleichzeitig eine Steuererhöhung für die Superreichen durch. Die Partei will "traditionelle Familienwerte schützen" und "die traditionellen Religionen Russlands" einschließlich des Christentums wahren.

Etwas kontroverser sind ihre außenpolitischen Ansichten. Die Partei will alle ehemaligen Gebiete der Sowjetunion unter die Kontrolle Moskaus zurückgeben. Außerdem will sie die NATO auflösen und eine europäische Armee ohne Beteiligung der Vereinigten Staaten schaffen.

Obwohl nicht im offiziellen Manifest, vertritt Schirinowski auch weitere Ansichten, wie zum Beispiel die Wiederherstellung der Monarchie und die Namensänderung des Landes in Russisches Reich. Außerdem hat er gedroht, seine politischen Gegner "zu erschießen oder zu erhängen".

Was muss man noch wissen?

Obwohl die LDPR Teil der systemischen Opposition ist – also oft dem Kreml gegenüber loyal – hat sie sich mehrfach mit den Machthabern auseinandergesetzt. Im vergangenen Jahr wurde der bereits erwähnte Gouverneur von Chabarowsk, Sergei Furgal, festgenommen und nach Moskau gebracht, wo er derzeit wegen eines Mordes vor mehr als 15 Jahren angeklagt ist. Anstelle des verhafteten Furgal ernannte Wladimir Putin den LDPR-Politiker Michail Degtjarjow zum amtierenden Gouverneur.  

Kurz darauf fanden in Chabarowsk große Proteste statt, bei denen Tausende Menschen an mehreren aufeinander folgenden Wochenenden auf die Straße gingen. Viele Einheimische waren wütend, dass die Bundesbehörden ihren gewählten Vertreter absetzten und ihn durch einen in Moskau ansässigen Abgeordneten ohne lokale Erfahrung ersetzten.

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