Moskau erlebt eine deutliche Zunahme der Corona-Befunde. Der Moskauer Bürgermeister Sergei Sobjanin hat gegenüber Journalisten erklärt, die russische Hauptstadt sei mit einer "neuen Welle" der Pandemie konfrontiert und stehe dabei vor Komplikationen. Am Donnerstag erreichte die Zahl der neu registrierten Fälle mit über 9.000 einen Höchststand seit Beginn der Pandemie.
Angesichts der steigenden Anzahl der positiv Getesteten und der aufgrund der Skepsis der Bürger langsam voranschreitenden Impfkampagne werden in Moskau laut der Stadtregierung nur Geimpfte das Recht auf normale medizinische Betreuung haben. Nothilfe und Palliativversorgung werden alle Patienten unabhängig von der Impfung bekommen. Die Patienten mit Krebs, Blutkrankheiten und diejenigen, die Kontraindikationen für eine Impfung haben, werden von der neuen Regelung ausgeschlossen.
Anfang dieser Woche hatte Sobjanin ein Dekret über die Verpflichtung von 60 Prozent der Beschäftigten in den Bereichen Dienstleistungen, Handel, Gastronomie, Verkehr, Gesundheitswesen, Wohnungswesen und kommunale Dienstleistungen, Bildung und Kultur COVID-19-Impfung unterzeichnet. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter die erste Dosis des Impfstoffs bis zum 15. Juli und die zweite bis zum 15. August erhalten.
Nach Angaben der Moskauer Regierung haben sich zum 16. Juni 1,8 Millionen Bewohner der Stadt mit einer Bevölkerung von fast 12 Millionen Menschen gegen COVID-19 impfen lassen. In Russland sind so weit lediglich etwa zehn Prozent der Gesamtbevölkerung vollständig geimpft.
Am Donnerstag erklärte der Sprecher des russischen Präsidenten Dmitri Peskow, die niedrige Impfrate und "totaler Nihilismus" der Bürger hätten zum dramatischen Anstieg der Coronavirus-Inzidenz geführt. Dennoch wies der Kremlsprecher den Vorwurf zurück, dass der Kampf gegen die COVID-19-Pandemie in Russland auf staatlicher Ebene verloren sei. Er verwies darauf, dass die Infrastruktur für die Massenimpfung der Bevölkerung bereitgestellt sei:
"Wir dürfen nicht vergessen, wie heimtückisch diese Infektion ist und dass verschiedene Länder mit unterschiedlichen Amplituden der Wellen dieser Infektion konfrontiert sind. Eine andere Sache ist, dass wir bei den Impfraten im Rückstand sind. Verglichen mit vielen Ländern hinken wir hinterher, hier haben wir wenig Erfolg. Aber nicht, weil etwas fehlt. Alles ist mehr als genug, all das wurde bereitgestellt und die gesamte Infrastruktur wurde vor einigen Monaten geschaffen."
Nichtsdestotrotz gab Peskow zu, dass sich die Werbekampagne für die Impfung als nicht erfolgreich erwiesen habe. Der Sprecher unterstützte die Eröffnung in Moskau der "COVID-19-freien" Restaurants, in denen nur Vollgeimpfte arbeiten werden und die ausschließlich Menschen mit einem Nachweis der Vollimpfung besuchen dürfen. Auf den Vorwurf, dass dies eine Spaltung der Bürger in Geimpfte und Nichtgeimpfte bedeuten werde, erwiderte Peskow:
"Die schrecklichste Aufteilung der Russen ist zwischen denjenigen, die auf der Intensivstation liegen und künstlich beatmet werden müssen, und denen, die es nicht sind. Und damit es diese Aufteilung der Russen nicht gibt, müssen wir alles tun, was wir können."
Der Moskauer Bürgermeister Sobjanin teilte mit, die Mehrheit der Fälle, über 89 Prozent, mit einer Mutation des Coronavirus, der sogenannten indischen Variante, infiziert seien. Diese sei aggressiver als die Wuhan-Variante und man brauche zweimal mehr Antikörper, um dieser zu widerstehen. Der Bürgermeister gab zu, die Moskauer Regierung eröffne fast jeden Tag neue Stationen und neue Krankenhäuser zur Betreuung der COVID-19-Patienten und bewältige die Welle jedoch kaum.
Dem Beispiel der russischen Hauptstadt mit der obligatorischen Impfung für einzelne Gruppen der Bevölkerung folgten die Region Moskau, die Region Kemerowo, Sachalin und die Stadt Tula.
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