Politisches Tauziehen und Hetze gegen Russland: Sergei Lawrow zur Krise in Weißrussland
Die umstrittene Präsidentschaftswahl in Weißrussland am 9. August und die darauffolgende Konfrontation der Unterstützer und Gegner des Amtsinhabers Alexander Lukaschenko gilt mittlerweile als eine der brisantesten Themen der internationalen Agenda. Laut Lawrow bleibt die Lage in der Ex-Sowjetrepublik wegen andauernder Versuche der "durch manche unsere westlichen Partner aktiv unterstützte" Opposition, die Ergebnisse der Wahl anzufechten, weiterhin angespannt. Der Außenminister hat jedoch Hoffnung, dass die Situation sich bald wieder normalisieren werde.
Dabei zeigte er sich besorgt über die Bemühungen weißrussischer Nachbarstaaten, die politischen Prozesse im Land zu ihren Gunsten zu beeinflussen:
Wir wollen vermeiden, dass die Nachbarn dieses Landes und zugleich unsere eigenen Nachbarn, darunter auch Litauen, versuchen, dem weißrussischen Volk ihren Willen aufzuzwingen und im Grunde genommen die Prozesse zu leiten, in denen die Opposition "verdeckt" weitgehend instrumentalisiert wird.
Lawrow gab seine Einschätzung dem politischen Kurs von Lukaschenkos Hauptrivalin Swetlana Tichanowskaja, die sich vorübergehend in Litauen im Exil aufhält. Dass die Oppositionsführerin nicht mit ihrer eigenen Stimme spreche, sei offensichtlich, so der russische Chefdiplomat. Im Kontext ihrer fortgesetzten oppositionellen Tätigkeit aus dem Ausland sagte Lawrow:
Frau Tichanowskaja macht Aussagen, die natürlich eine Menge Fragen provozieren. Sie behauptete, über die engen Beziehungen zwischen Russland und Weißrussland besorgt zu sein. Vor einigen Tagen rief sie die Sicherheitskräfte dazu auf, sich auf die Seite des Gesetzes zu stellen. In ihrer Auslegung ist es eine direkte Einladung zum Eidbruch und praktisch zum Hochverrat. Dies ist wohl eine Straftat. Deswegen müssen diejenigen, die die Rahmenbedingungen für ihre Tätigkeit schaffen und ihr vorsagen, welche Aussagen sie zu machen und welchen Fragen sie Nachdruck zu verleihen hat, sich ihrer Verantwortung natürlich bewusst werden.
Mit Blick auf die deutliche antirussische Rhetorik der weißrussischen Opposition erinnerte der russische Außenminister daran, dass sie noch zu Beginn der Krise behauptet hätte, keine antirussische Tätigkeit zu führen und für ein freundliches Nebeneinander mit Russland zu plädieren. Lawrow ergänzte:
Dabei haben doch alle das Wahlprogramm gesehen, das mehrere Stunden lang auf Tichanowskajas Webseite abrufbar war. Später wurde es dennoch von den Oppositionsführern gelöscht, nachdem sie begriffen hatten, dass es ein Fehler war, dem Publikum ihre Ziele und Aufgaben zu unterbreiten. Zu diesen Zielen und Aufgaben gehörte auch ein Austritt aus der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS), der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) und allen Integrationsstrukturen, in denen Russland vertreten ist, sowie eine Annäherung an die EU und die NATO, eine konsequente Abkehr von der russischen Sprache und eine Weißrussifizierung aller Lebenssphären.
Bei einem solchen Vorgehen nehme man sich ein Beispiel an der Ukraine, in der das von der Mehrheit der Bevölkerung gesprochene Russisch durch die ukrainische Staatssprache verdrängt wurde, so Lawrow. Er kritisierte diesen Schritt der ukrainischen Regierung als einen "feindlichen Akt" und zudem einen gravierenden Verstoß gegen die ukrainische Verfassung.
Ferner ging der Chef des russischen Außenamtes auf die von Lukaschenko vorgeschlagene Verfassungsreform ein, die Lawrow als eine perspektive Idee betrachtete. Er erklärte:
Wie der weißrussische Staatsführer sagte, wird er nach der Verfassungsreform bereit sein, vorgezogene Parlaments- und Präsidentschaftswahlen anzukündigen. Dieser Vorschlag setzt den Rahmen für einen nationalen Dialog. Es ist jedoch wichtig, dass an dem Prozess der Verfassungsreform die Vertreter aller Bevölkerungsschichten Weißrusslands beteiligt sein werden, damit diese Reform völlig legitim und verständlich für alle Einwohner ist. Außerdem werden irgendwelche konkreten Vorschläge gebraucht, die sich darauf beziehen, wann, wo und in welcher Form dieser Prozess beginnen könnte.
Lawrow äußerte sich auch zu der Rolle der OSZE in der Weißrussland-Krise und der Initiative der Organisation, im Dialog zwischen der Regierung und der Opposition zu vermitteln. Der Außenminister betonte:
Die OSZE weigerte sich, dorthin ihre Vertreter zu schicken. Jetzt, als die OSZE ihre Vermittlerdienste anbietet, kann ich Herrn Lukaschenko durchaus verstehen, wenn er sagt, die OSZE habe ihre Chance vertan. Sie konnte ihre Beobachter absenden und sich einen persönlichen Eindruck "aus erster Hand" darüber verschaffen, was dort geschieht und wie die Wahlen verliefen. Sie ignorierten die Einladung hochmütig.
Anschließend bedauerte Lawrow erneut die wiederholten Versuche verschiedener politischer Mächte, die aktuelle Lage in Weißrussland gegen Moskau zu instrumentalisieren. Indessen appellierte der Außenminister an die Verantwortlichen und mahnte sie an die Konsequenzen ihrer Tätigkeit:
Ich wünschte mir, dass sich diejenigen, die die weißrussischen Oppositionellen vollkommen zügellos gegen die Russische Föderation aufhetzen, ihres Teils der Verantwortung bewusst werden, während die Oppositionellen selbst – Frau Tichanowskaja und andere – am Ende doch die Kraft dafür aufbringen, dieser groben und unverhohlenen Manipulierung entgegenzukämpfen.
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