Russland plant Start- und Landebahnen für schwere Militärtransporter im Eis der Arktis

In der Moskauer Staatlichen Technischen Bauman-Universität wurde eine Technologie zur Strukturänderung von Eis entwickelt, die zum Bau von Start- und Landebahnen in der Arktis genutzt werden kann. Das russische Verteidigungsministerium zeigt Interesse an dem Projekt.

Die Arktis ist für Russland seit langem von strategischer Wichtigkeit, die in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen hat. Genannt seien etwa Entdeckungen neuer Rohstoffvorkommen wie Erdgas im Arktisschelf oder die zunehmend längere Navigationssaison aufgrund des Abschmelzens der Polkappen, wodurch sich der Nördliche Seeweg als zukünftige Alternative für den Suezkanal anbietet. Strategische Bedeutung heißt aber auch, dass sich die Flugrouten von Raketen oder Marschflugkörpern der USA oder Großbritanniens, die von U-Booten beziehungsweise Schiffen aus gestartet werden könnten, verkürzen. Daher hat die arktische Region für Russland eine hohe Sicherheitsrelevanz und muss militärisch erschlossen werden.

Hierzu gehören auch Flugplätze für schwere militärische Transportflugzeuge. Diese sollen auch ohne Einsatz von Kufen-Chassis oder Starthilfe-Raketen starten und landen können.

In der Moskauer Staatlichen Technischen Bauman-Universität wurde eine Technologie zur Strukturänderung von Eis entwickelt, die nicht nur zur Einrichtung, sondern auch zur Wartung langer Start- und Landebahnen aus Eis genutzt werden kann. Jewgeni Storoschuk, Prorektor der Bauman-Universität für Wirtschaft und Innovation, gab dies im Rahmen des Militärforums Army-2020 in Kubinka bei Moskau bekannt. Die Medienagentur TASS  zitiert:

Das Projekt sieht die Entwicklung von schnell einzurichtenden Eisflugplätzen vor. Dies wird erreicht, indem die Eisdecke mithilfe spezieller chemischer Reagenzien modifiziert wird, was Flugzeugen ermöglicht, auf dem so vorbereiteten Eisstreifen zu landen.

Ihm zufolge ist das Projekt für die Festlandgebiete der Polarregion konzipiert und wird vom russischen Militär mitgetragen: "Auf diesem Forschungsgebiet arbeiten wir mit dem Verteidigungsministerium zusammen." Als Beispiel für  schwere militärische Transportflugzeuge, die Start- und Landebahnen aus Eis nutzen sollen, führte Professor Storoschuk die Serie Iljuschin IL-76 an, die ein Startgewicht von bis zu 210 Tonnen aufweist.

Der Eisstreifen wird mithilfe von in seinem Innern verlegten, faseroptischen Sensoren auf Festigkeit und eventuelle Risse überprüft. Im Falle eines Auftauens wird der Zustand der Eisfläche durch Nachkühlen oder Zugabe von Reagenzien aufrechterhalten. Man geht davon aus, dass die Fluglotsen solcher Flugplätze auch aus der Ferne über Internetverbindungen vom Lotsenpult aus arbeiten werden.

"Die Technologien werden jetzt getestet, um zu bestätigen, dass unsere Ansätze richtig sind", ließ Storoschuk wissen. Die Testphase werde ein Jahr dauern, so der Experte. Er merkte an, dass die Technologie auch zur Einrichtung von Lagerflächen und –hallen in der Arktis verwendet werden kann.

Das bestehende Interesse an Eisflugplätzen bestätigte Sergei Chatyljow, Militärexperte und Oberst der russischen Luft- und Weltraumkräfte in Reserve, gegenüber Journalisten der Nachrichtenagentur RIA FAN. Ihm zufolge sind solche Flugplätze für Russland unverzichtbar, das sie beim Transport von Versorgungsgütern und Militärpersonal zu entlegenen arktischen Stützpunkten hohe operative Flexibilität bieten.