Fasbenders Woche: Unvernünftige – Helden der Freiheit

Bedrohungsszenario Ökodiktatur ist real – Grüne Anti-Atom-Sekte wird den Fortschritt nicht aufhalten – Identitätskrise der Gesellschaft: Die deutsche Teilung ist zurück
Fasbenders Woche: Unvernünftige – Helden der Freiheit

In Dänemark sind 95 Prozent aller Menschen über 50 Jahre vollständig gegen COVID-19 geimpft; letzte Woche wurden dort sämtliche Corona-Maßnahmen aufgehoben. Wie es heißt, vertrauen die Dänen ihrer Regierung und ihren Experten mehr als andere Nationen. Wer will, kann die Dänen also zum Vorbild erklären. Oder die Chinesen. Dort, in China, gilt der Wunsch der Mächtigen wie ein Befehl.

Man kann aber auch, und das in gar nicht so schlechter europäischer Tradition, die Freiheit in den Mittelpunkt stellen, und das bedeutet ganz zentral: die Freiheit zur Unvernunft. Gäbe es nur die Gebote der Vernunft und des Guten, so bräuchte es keine Freiheit. Die vollkommene Herrschaft der Vernunft (oder der wissenschaftlichen Erkenntnis) begründet das vollkommene Sklavenreich: den Ameisenstaat, in dem das richtige Verhalten bereits genetisch angelegt ist.

Der Mensch ist genetisch zur Unvernunft fähig; das unterscheidet uns von den Ameisen und Bienen. Die können nur das Richtige tun – wir können auch anders. Zugegeben, die Folgen solcher Unvernunft sind hoch. Wir schaden uns selbst und unbeteiligten Dritten, unsere Unvernunft führt zu Zwistigkeiten und Konflikt, fördert Egoismus und Rücksichtslosigkeit. Sie treibt den Fortschritt, aber das Ergebnis ist auf jeden Fall suboptimal. Ein freier Menschenstaat wird niemals so perfekt funktionieren wie ein Ameisenstaat. Dafür bietet er eben: Freiheit. Deren Preis ist hoch, und dass wir ihn freiwillig und gerne zahlen, beweist nur ihren Wert.

Die Pandemie hat gezeigt, dass viele Menschen solcher unvernünftiger Freiheit gar nicht bedürfen. Sie wären auch im Ameisenstaat frei und glücklich – Hauptsache, die Gebote und Verbote werden von der Vernunft diktiert. Verböte man ihnen Fleisch und Milch, würden sie widerspruchslos Veganer. Verböte man ihnen das klimaschädliche Autofahren, stiegen sie widerspruchslos aufs Rad.

Wer die intellektuelle Debatte verfolgt, weiß bereits: Die Umwertung der Werte hat längst begonnen. Die Perspektive der Ökodiktatur ist real. Follow the Science: unterwerft euch der Wissenschaft. Aus freien Stücken. Die Pandemie hat auch gezeigt, dass wahrscheinlich eine Mehrheit im Öko-Ameisenstaat brav ihren Dienst tun wird. Die Hoffnung ruht auf den Anderen, den Außenseitern und Eigensinnigen, den Querdenkern, den Verweigerern und Widerspenstigen. Eben den Unvernünftigen. Nur die Unvernunft kann (vielleicht) dafür sorgen, dass George Orwell nicht doch noch, mit einigen Jahrzehnten Verspätung, Recht behält.

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Es klingt absurd: Eine klimaneutrale Form der Stromerzeugung, die für über 10 Prozent der weltweit produzierten Elektrizität steht, gilt in der EU immer noch nicht als "grüne Energie". Die Rede ist von der Kernkraft. Und eben das soll sich jetzt ändern. Noch im November soll die Atomenergie, so will es eine Initiative der Franzosen und einiger osteuropäischer Länder, auch offiziell diesen Status erhalten.

Die Grünen schreien Zeter und Mordio – was soll man anderes erwarten? Für ihre Anhänger ist Kernenergie Teufelswerk. Wie besessen wettern sie gegen jeden, der sich für die Kraft aus dem Atom stark macht. Die Bezeichnung Anti-Atom-Sekte wäre nicht zu weit gegriffen.

2022 werden die letzten drei deutschen Kernkraftwerke der Angst vor dem Gottseibeiuns geopfert – Anlagen, deren Laufzeit problemlos um viele Jahre zu verlängern wäre. Dann haben die grünen Sektierer es geschafft, den Anteil der Kernkraft an der Stromerzeugung von 23 Prozent im Jahr 2010 auf null Prozent zu senken. Ein Treppenwitz: Ausgerechnet in dem Jahrzehnt, in dem die Menschheit die ungeheure Herausforderung der menschengemachten Erderwärmung begreift, nehmen quasi-religiöse Eiferer reihenweise klimaneutrale Kraftwerke vom Netz.

Nun, Deutschland ist schon manchen Sonderweg gegangen. Aus der globalen Perspektive relativiert sich das ohnehin. Ob in Deutschland ein Kernkraftwerk abgeschaltet wird oder nicht, bedeutet der Welt so viel wie der sprichwörtliche Sack Reis in China. Das beginnt gleich jenseits der Landesgrenzen. In Polen und den Niederlanden plant man den Zubau neuer Atomkraft-Kapazität. Rumänien hat eben erst mit den USA ein gemeinsames Projekt lokaler Mini-KKW gestartet. In Asien, Russland und den USA entstehen ganz neue Technologien der Kernkraftnutzung. Und in Frankreich, wo 70 Prozent des Stroms atomar erzeugt wird, grinst man nur angesichts gründeutscher Träume, die Industriegesellschaft der Zukunft mit Lastenrädern und Windmühlen zu betreiben.

Solange fast 64 Prozent des weltweiten Stroms aus Kohle, Gas und Öl erzeugt werden (und nur 8 Prozent aus Sonne und Wind), sind die einzig nichtfossilen Alternativen, die global wirklich ins Gewicht fallen, die Wasserkraft und das Atom (zusammen gut 26 Prozent). Und da der Anteil der Wasserkraft sich nur begrenzt steigern lässt, greift die Welt zum Naheliegenden: zur Kernenergie. Deren Zukunft ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Das Zeter und Mordio der deutschen 14,8-Prozent-Partei wird unerhört bleiben. Jenseits der Landesgrenzen jedenfalls.

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Hass, Polarisierung, Anmaßung und gegenseitige Verachtung machen sich breit. Während die Sommer immer wärmer werden, liegt ein Schleier von gesellschaftlicher Kälte über dem Land. Das hat nicht nur mit der Pandemie zu tun. Auch die nie überwundene deutsche Teilung spielt hinein. Vielleicht hätten wir 1990 besser beide Staaten beerdigt, DDR und BRD, und einen neuen geschaffen, eine Art Dritter Republik. Dann hätte eine neue, distinkte Identität wachsen können – wir wären jetzt nicht so ein Zwischenwesen, das sich selbst nicht kennt: gleichzeitig Nicht-mehr-Bundesrepublik und Immer-noch-Bundesrepublik.

Das Dilemma der Unionsparteien hat auch damit zu tun. CDU und CSU sind nie über ihre Westnatur hinausgewachsen: Hort der Westbindung, Heimat des BRD-Bürgertums und der Wirtschaftswunder-Gewinnler. Die CSU per definitionem (Bayern), die CDU aus Trägheit. Das belegen schon die Kandidaten für den Parteivorsitz, die allesamt aus NRW stammen. Jetzt zahlt die Union, aber auch die Gesellschaft als Ganzes, den Preis dafür, dass wir es uns alle vor 30 Jahren leicht gemacht haben. Im Osten wollten sie Freiheit und die Deutsche Mark, im Westen wollten sie, dass es schnell geht und nicht zu teuer wird. Der Mauerfall war Disruption genug. Außerdem war die Beitrittsklausel im Grundgesetz schon da – warum also nicht? Nehmen wir die Millionen im Osten huckepack, dann werden die schon (so wie wir).

Doch wir sind nicht ein Land, auch 2021 nicht. In weiten Teilen des Ostens ist die AfD Volkspartei. In den westlichen Städten herrscht die Neue Empfindsamkeit, flirtet man nach drei Generationen sattem Wohlstand mit Verzicht und Selbstbescheidung. Die knorrigen Ostelbier, deren Konservatismus mit dem Schöner-Wohnen-Bürgertum der Schwaben und Hamburger so ganz und gar nichts zu tun hat, sind nie wirklich angekommen. Zudem stößt der knorrige Widerstand auch im Westen auf Sympathie. Die AfD hätte dort entschieden mehr Wähler, wenn sie nicht so unappetitlich wäre. Das wird umso spürbarer, je stärker Themen wie Gender oder Diversität die „fortschrittliche“ Agenda dominieren. Wenn selbst Teile der katholischen Kirche fordern, Gott mit Sternchen zu schreiben, verabschieden sich die Menschen, nicht wenige auf jeden Fall, in die innere Emigration: Das ist nicht mehr mein Land.

Mit dem Beschwören von Kontinuität kommen wir nicht weiter. Jetzt hilft nur noch Disruption, Standpunktfindung durch Erdbeben. Die Union, die ihr gesamtes Präsidium auswechseln will, hat im Grunde eine großartige Chance (ich zweifle sehr, dass sie sie nutzen wird). Jedenfalls brauchen wir ein Deutschland für das 21. Jahrhundert. Dazu gehört, dass der Osten sich endlich Gehör verschafft.

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