Merz-Kandidatur für CDU-Vorsitz: Sozialdarwinist und Lobbyist des Großkapitals

Die Kandidatur von Friedrich Merz für den CDU-Vorsitz ist eine Kampfansage an die Bevölkerung. Als Rechtsanwalt hat er nicht nur eine politische Karriere im Europaparlament und Bundestag hingelegt. Sein Einfluss reicht weit in mächtige Wirtschaftskreise hinein.
Merz-Kandidatur für CDU-Vorsitz: Sozialdarwinist und Lobbyist des GroßkapitalsQuelle: www.globallookpress.com © Global Look Press

von Susan Bonath

So hat der 62-Jährige seit 2009 den Vorsitz des 1952 gegründeten Netzwerks „Atlantik-Brücke“ inne. Die private Organisation soll „eine wirtschafts-, finanz- und militärpolitische Brücke zwischen den USA und Deutschland schlagen“. Mit anderen Worten: Sie dient der gemeinsamen Durchsetzung imperialistischer Ziele der westlichen Zentren. Außerdem ist Merz Mitglied der privaten, die Politik der führenden Wirtschaftsnationen beratenden Denkfabrik „Trilaterale Kommission“ für Europa.

Er sitzt darüber hinaus in unzähligen Gremien diverser Versicherungskonzerne, Finanzdienstleister, Banken und Beraterfirmen. Doch sein mächtigster Posten ist wohl der Vorsitz im deutschen Aufsichtsrat des weltweit größten und einflussreichsten Vermögensverwalters namens BlackRock. Der Finanzkonzern mit Hauptsitz in New York City verfügte Ende 2017 über ein horrendes Kapital von 6,29 Billionen US-Dollar, umgerechnet 5,53 Billionen Euro – Tendenz steigend.

BlackRock ist an allen vom Deutschen Aktienindex (DAX) erfassten Konzernen beteiligt. Zwar verzeichnet der Finanzkonzern meist weniger als 8 Prozent der Anteile. Dies räumt ihm aber wichtige Mitspracherechte ein. Vor allem beschert es BlackRock gigantische Profitanteile. Dazu gehören sämtliche Branchen, darunter mit BMW, Daimler und Volkswagen die Automobilindustrie sowie die Chemiebranche mit BASF, Covestro und Bayer-Monsanto. Mit dabei sind Pharmakonzerne wie Beiersdorf, Fresenius und Merck sowie Stahl-, Technologie- und Rüstungsgiganten wie ThyssenKrupp, Siemens und Infineon.

Auch in der Konsumgüterbranche, bei Banken und Finanzdienstleistern, bei Immobilienkonzerne wie Vonovia und Energieriesen wie RWE sowie bei diversen Versicherungen, Verkehrsunternehmen, Software-Produzenten, der Telekom, der Post und der Lufthansa hat BlackRock seine Finger im Spiel.

Der Sozialdarwinist: 132 Euro sind genug zum Leben

Mit Friedrich Merz würde nicht nur ein Mann der Interessen des Großkapitals den Vorsitz der deutschen Christdemokraten übernehmen, sondern auch ein sozialchauvinistischer Hassprediger. Während seiner Zeit im Bundestag gab er immer wieder den Armen die Schuld an ihrer Lage, während er selbst fürstlich abkassierte. Mehr noch: Im Jahr 2008 rief er beispielsweise bei einer FDP-Tagung eine „Offensive für die soziale Marktwirtschaft“ aus.

Wörtlich klang das bei Merz so:

Wir müssen für die moralische Überlegenheit unserer Wirtschaftsordnung kämpfen.

Schon heute reiche das Wachstum der Volkswirtschaft nicht mehr aus, um alle sozialen Versprechen zu erfüllen. Von den Arbeitnehmern erwarte er „volle Zustimmung für die Begrenzung des Sozialstaats“. Dann wurde er noch deutlicher: Eine Grundsicherung von 132 Euro pro Monat reiche für Bedürftige aller Art völlig aus. Man müsse sparen und den Niedriglohnsektor ausweiten.

Nicht zu Unrecht ist die Empörung vor allem in alternativen Medien groß. Die Nachdenkseiten bezeichnen eine mögliche Wahl von Merz zum CDU-Vorsitzenden als „wohl größten politischen Unfall, der Deutschland passieren könnte“. Andere Medien sprechen von Lobby-Politik für „globalistische“ US-Interessen. Offenbar handele es sich um eine Verzweiflungstat der CDU, an der – wie an vielem anderen – die zwar farblose, aber zu jeder opportunistischen Schandtat bereite Bundeskanzlerin Angela Merkel schuld habe. 

Der Krisenmanager: Fall der demokratischen Maske

Das ist zu kurz gegriffen. Betrachten wir es einmal aus der Sicht des Großkapitals und des in dessen Auftrag tätigen deutschen Staatsapparats. Erstens wäre Merz als CDU-Chef aus dieser Sicht das Gegenteil von einem politischen Unfall. Die Politik würde schlicht das Großkapital direkt ans Ruder lassen. Offenbar ist sie bereit, dafür die demokratische Maske ganz fallen zu lassen. Sie scheint auf umfassendes politisches Unwissen in der Bevölkerung und unter anderem dadurch bedingten geringen Widerstand zu spekulieren.

Dies ist ein Zeichen der ökonomischen Krise des Kapitalismus, die es zu managen gilt. Trotz aller Lobhudelei auf eine boomende Wirtschaft in Deutschland ist zu konstatieren: Die Profitrate im weltweiten Maßstab fällt. Ein sicheres Zeichen dafür sind die niedrigen Leitzinssätze. Die Europäische Zentralbank hält den Leitzins seit 2016 auf Null. Auch bei den meisten anderen Zentralbanken geht es abwärts. So hob die FED den Satz zwar kürzlich um 0,25 Punkte auf 2,25 Prozent an. Im Langzeitvergleich sieht das jedoch anders aus. So lag der US-amerikanische Leitzins vor 25 Jahren noch bei 8 Prozent.

Kampf des Großkapitals gegen die fallende Profitrate

Das bedeutet: Die Wirtschaftskrise ist bereits da, sie wird nur verschleiert. Die fallende Profitrate bewirkt nämlich folgendes: Das Kapital steht unter dem Zwang, sich stets neu zu verwerten und zu wachsen. Doch ihm gehen neue lukrative Anlagemöglichkeiten aus. Zugleich bedarf es immer weniger Arbeitskraft. Spekulationen, die darauf abzielen, aus ebendieser einzigen Profitquelle in der Zukunft Mehrwert abzupressen, laufen ins Leere. Die berühmten Blasen platzen, die Armut verschärft sich, Kaufkraft schwindet, die Profitrate fällt weiter. Kurzum: In einer solchen Phase des Kapitalismus – die notwendigerweise zu erwarten gewesen war – streitet sich das Großkapital um Anteile an den noch verwertbaren Resten. Was läge da näher, als es direkt an die Macht zu lassen?

Zweites agierte der Kapitalismus schon immer global. Denn eine derartig wachsende Verwertungsmaschine benötigt Rohstoffe. Die lagern nun einmal nicht vor der Haustür. Derzeit erleben wir um selbige massive Verteilungskämpfe. Man kann behaupten: Bei allen aktuellen Konflikten und Kriegen in der Welt geht es letztlich darum, die Macht über bestimmte Güter und Ressourcen zu erhalten oder zu erlangen. Dass sie ethnisch, religiös oder nationalistisch aufgeladen sind, ist nur eine Folge dieser Kämpfe.

Kapitalismus bedeutet Globalisierung

Die sogenannte Globalisierung liegt also nicht an Kanzlerin Merkel, sondern in der Natur des Kapitalismus selbst. Nationalstaaten haben dabei allerdings eine wichtige Aufgabe: Sie müssen diese zwangsläufig zunehmend global agierende Profitmaschine territorial managen – und zwar im Sinne der Kapitaleigentümer und gegen die Interessen der Lohnabhängigen. Zu diesem Zweck  arbeiten Imperien durchaus auch partiell zusammen – wie man an der NATO sehen kann. Dabei haben Staaten natürlich auch dafür zu sorgen, dass dies nicht durch ernstzunehmende Aufstände von unten erschüttert wird, also in geordneten Bahnen ablaufen kann.

Drittens ist Angela Merkel geradezu der Inbegriff einer pragmatischen Auftragserfüllerin im Sinne der Konzerne und Finanzkartelle und ihrer einflussreichen Verbände. Im Grunde jedoch hat sie nichts andres getan, als Gerhard Schröder, Helmut Kohl und andere Kanzler vor ihr, und wie es jeder andere an ihrer Stelle ebenso gehandhabt hätte – vielleicht mehr oder weniger in die eine oder andere Richtung populistisch akzentuiert.

Es ist ein Ammenmärchen, dass eine andere Politik in einem kapitalistischen Staat überhaupt die Option hätte, gegen die Interessen des Großkapitals zu agieren, sowohl in Deutschland als auch anderswo. Ob das im Rahmen einer parlamentarischen Stellvertreter-Demokratie geschieht oder mittels einer faschistischen Diktatur, hängt ebenfalls von dessen Zuspruch und finanzieller Förderung ab.

Wegbereiter: Direkte Leitung zwischen Kapital und Staat

Letztlich sind auch der Abbau des sogenannten Sozialstaats sowie die globale Flüchtlingskrise, für deren Management in der Bundesrepublik Kanzlerin Merkel gerne verantwortlich gemacht wird, zwei Folgen der systemisch fortschreitenden Kapitalkonzentration. Wo die Profitrate fällt, kann auch der Staat immer weniger aus dem produzierten Mehrwert abschöpfen. So wird er seinen langfristig schrumpfenden Anteil vermehrt in die Aufrüstung seines Militärs stecken.

Damit verfolgt er ein konkretes Ziel: Um die Profitrate wieder anzukurbeln, muss der Staat für seine Auftraggeber Marktanteile sichern, aber auch weltweit Kapital – inklusive Humankapital – vernichten. So können seine Großkonzerne und Finanzhäuser perspektivisch neu investieren und neue Profite generieren. Man nennt es Imperialismus. Die Entwicklung zu selbigem erfolgt zwangsläufig. Sie war bereits Hauptauslöser für zwei Weltkriege. Heute treibt sie Millionen Menschen auf die Flucht.

Merz am Ruder der CDU würde also lediglich für direktere Wege zwischen Kapital und Regierungspartei sorgen. Zu beenden wäre das Spiel nur, wenn es gelingt, die Produktionsweise von profitgetrieben auf bedarfsorientiert umzustellen. Das verhindert derzeit das unbegrenzt mögliche wirtschaftliche Privateigentum mit nur einem irrationalen Selbstzweck: Bereicherung Weniger aus fremder Arbeitskraft Vieler.

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