Nordamerika

Chelsea Manning: US-Bundesgericht entscheidet über erneuten Antrag auf Freilassung

Die ehemalige Geheimdienstanalystin und WikiLeaks-Informantin Chelsea Manning hat beim höchsten Bundesgericht in Alexandria, US-Bundesstaat Virginia, einen weiteren Antrag auf Erleichterung ihrer Kautionsauflagen eingereicht. Die Chancen auf Erfolg sind jedoch gering.
Chelsea Manning: US-Bundesgericht entscheidet über erneuten Antrag auf FreilassungQuelle: AFP © Eric Baradat

Chelsea Manning wurde im Jahr 2010 wegen Spionage und Geheimnisverrat inhaftiert. Ihr wurde vorgeworfen, fast 750.000 geheime oder streng geheime Dokumente des US-Militärs an das internetbasierte Medienportal WikiLeaks weitergegeben zu haben. Im Jahr 2013 wurde sie hierfür rechtskräftig verurteilt und verbüßte bis ins Jahr 2017 eine insgesamt siebenjährige Haftstrafe.

Im Mai 2019 wurde Manning erneut inhaftiert, da sie sich weigerte, vor einem Schwurgericht gegen Julian Assange und dessen Informationsplattform WikiLeaks auszusagen. Dabei gab es diesmal nicht einmal einen Schuldspruch mit einer daraus resultierenden Gefängnisstrafe gegen Manning, da diese selbst nicht angeklagt, sondern nur als Zeugin geladen war. Geltendem US-Recht zufolge, sind Zeugen jedoch verpflichtet, vor einem Schwurgericht auszusagen. Da Manning die Aussage verweigerte, wurde sie wegen Behinderung der Justiz kurzerhand in Beugehaft genommen und mit einer hohen Geldstrafe belegt. Heute stehen ihr zwei Optionen zur Verfügung: Entweder sie sagt vor dem Schwurgericht aus, oder sie zahlt ihre Strafe in Höhe von rund 250.000 US-Dollar, die auf einen abzuleistenden Tagessatz von 1.000 US-Dollar festgesetzt wurde.

Aus ihrer heutigen Situation heraus wird es Manning unmöglich sein, diese hohe Strafe zu bezahlen – einmal davon abgesehen, dass sie aufgrund ihres Gefängnisaufenthaltes ohne aktives Einkommen ist. Aber selbst eine berufstätige Durchschnittsamerikanerin wird niemals in der Lage sein, 1.000 Dollar täglich aufzubringen. Mannings Anwälte sehen dies ähnlich und legten in ihrem Antrag vom Mittwoch dem Gericht gegenüber die Situation dar. So hatte sich Manning bereits Anfang 2019 in einem früheren Verfahren geweigert, gegen WikiLeaks auszusagen. Hierfür kassierte sie zwei Monate Haft, wurde anschließend vor das Schwurgericht gestellt und verweigerte auch dort die Aussage. Seitdem sitzt Manning unter den oben genannten Bedingungen in einem Gefängnis im US-Bundesstaat Virginia.

Ihren Anwälten zufolge ist gesichert, dass Manning zu keiner Aussage gegen WikiLeaks gezwungen werden kann. Ihre Standhaftigkeit vor zwei Gerichten in dieser Sache spräche für sich. Auch die Tatsache, dass die Gefangene aus dem Gefängnis heraus niemals in der Lage sein wird, die Auflagen zu erfüllen, nehme der Inhaftierung jegliche Grundlage. Außerdem wurde die vorbildliche Führung der Gefangenen betont. Vor diesem Hintergrund reichten am vergangenen Mittwoch Chelsea Mannings Anwälte beim Bundesgericht von Virginia einen weiteren Antrag auf Erleichterung der Kautionsauflagen und somit ihre Freilassung ein.

Frühere Anträge wurden von der Bundesanwaltschaft jedoch lapidar abgetan. Manning könne sich durch eine Aussage selbst aus dem Gefängnis befreien, so die Meinung der Behörde. Deren strikte Haltung in diesem Fall könnte aber einen besonderen Hintergrund haben. Manning hatte im Mai vergangenen Jahres angekündigt, ihre Memoiren schreiben zu wollen. Sie stand kurz vor der Unterzeichnung eines Autorenvertrages mit einem interessierten Verlag. Wenige Wochen später folgte ihre Inhaftierung wegen Aussageverweigerung und der Vertrag platze.

Doch auch wenn die Behörden dem jüngsten Antrag auf Freilassung nicht stattgeben werden, so wird Manning nicht für immer hinter Gittern bleiben. Ihre Haftstrafe endet, losgelöst von der Geldstrafe, in rund sieben Monaten. Manning wird frei sein, so oder so. Aus Sicht der Behörden wäre es ein Leichtes, das Unumgängliche schneller Realität werden zu lassen. Sollten sie dieses nicht tun, ist die Motivlage klar: Rache.

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