Nordamerika

Amoklauf mit antirussischem Nachspiel: Moskau befeuert angeblich Waffendebatte in den USA

Im Westen nichts Neues: Mal wieder soll sich Moskau in die US-Innenpolitik eingemischt haben. Im Nachgang des Amoklaufs in Florida hätten russische Propaganda-Kanäle die Waffendebatte befeuert – behauptet zumindest eine Plattform aus dem Umfeld der Neokonservativen.
Amoklauf mit antirussischem Nachspiel: Moskau befeuert angeblich Waffendebatte in den USAQuelle: www.globallookpress.com © Global Look Press

Obwohl schon vor Jahren von einem US-Präsidenten zur "Regionalmacht" erklärt, soll Russland beinahe bei jedem politisch relevanten Ereignis auf der Welt seine schmutzigen Finger im Spiel haben. Dieser Eindruck muss sich den Medienkonsumenten zumindest aufdrängen angesichts der nicht enden wollenden Vorwürfe gegenüber Moskau, die beinahe täglich mit neuen Verschwörungstheorien unterfüttert werden.

Eine kleine Auswahl wichtiger Ereignisse der jüngeren Vergangenheit lässt erahnen, wie grenzenlos-groß der Einfluss der vermeintlichen Regionalmacht tatsächlich sein muss: die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten; dessen Streit mit Footballspielern; der Disput im US-Senat um das FISA-Memo; der Brexit; die Katar-Krise; das Katalonien-Referendum; und nicht zu vergessen die Beeinflussung der Wahlen in Deutschland, in Italien, in Frankreich oder auch in Mexiko sowie die anstehenden US-Kongresswahlen.

Die Ambitionen des Kreml machen weder vor dem britischen Stromnetz halt noch vor der deutschen Telekom, einem französischen Fernsehsender oder auch dem Büro einer international kaum bekannten CDU-Abgeordneten. Mal spannt Moskau orthodoxe Juden für seine finsteren Pläne ein, mal müssen Pokémon-Spieler oder auch Umweltschützer herhalten. Und nicht zu vergessen die fantastischen Cyber-Waffen des Kreml.

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Wenn es gegen Russland geht, ist keine Verschwörungstheorie zu billig, kein Vorwurf zu abenteuerlich, um nicht doch irgendwo im Medienmainstream unterzukommen. Und kann man den Kreml einmal nicht direkt für ein Unglück haftbar machen, so muss er doch bestrebt sein, von einem solchen in perfider Weise zu profitieren. Und so war es nur eine Frage der Zeit, bis Moskau auch im Zusammenhang mit dem jüngsten Amoklauf in Florida Vorwürfe gemacht wurden. Dort hatte am Mittwoch ein Teenager in einer Schule in Portland 17 seiner ehemaligen Mitschüler erschossen.

Es dauerte einen ganzen Tag, bis Moskau medial ins Visier genommen wurde: "Russische Bots überfluten Twitter nach Parkland-Attentat mit Pro-Waffen-Tweets", lautete eine Überschrift im US-Magazin  Wired am Donnerstag. 

Jede Eilmeldungs-Nachrichtensituation ist eine Gelegenheit für Trolle, Aufmerksamkeit zu erregen, Emotionen zu provozieren und Propaganda zu verbreiten. Das weiß auch die russische Regierung", heißt es in der Einleitung des Artikels.

Im Nachgang des Amoklaufs habe es einen "sofortigen Anstieg themenverwandter Tweets von politischen Propaganda-Bots und mit Russland verbundenen Twitter-Accounts" gegeben.  

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Unüberprüfbare Vorwürfe einer russophoben Plattform 

Wired beruft sich auf eine Auswertung des vom German Marshall Fund ins Leben gerufenen Projekts "Hamilton 68". Dieses hat sich zur Aufgabe gemacht, "russische Propagandabemühungen auf Twitter in Echtzeit zu beleuchten". Dazu wertet die Initiative 600 Twitter-Accounts aus, die es als Einflussagenten des Kreml identifiziert zu haben glaubt.

Den Angaben von Hamilton 68 zufolge haben die angeblich pro-russischen Twitter-Kanäle nach dem Amoklauf in Portland am häufigsten den Hashtag #guncontrolnow verwendet. Dieser wird vor allem von Befürwortern schärferer Waffengesetze benutzt.

Das beißt sich zwar mit der Überschrift des Wired-Artikels, aber in dessen Verlauf wird dieser Widerspruch dann aufgeklärt: Es entspreche der "russischen Strategie, Zwietracht zu fördern", indem sowohl Positionen der Befürworter als auch der Gegner schärferer Waffengesetze verbreitet werden. Bret Schafer vom Hamilton-68-Projekt sagte dem Magazin dazu:

Ich glaube, dem Kreml ist es völlig egal, ob wir die Waffengesetze verschärfen oder nicht. Das Thema wird einfach als Köder benutzt.

Die Darstellung hat nur einen Haken: Die Angaben lassen sich nicht überprüfen, da das Projekt nicht offenlegen will, um welche Russland zugerechneten Accounts es sich überhaupt handelt. Man wolle "Einzeldebatten" über die jeweiligen Accounts vermeiden, heißt es zur Rechtfertigung.

Aber vermutlich besteht dafür ein ganz anderer Grund: Denn bei den angeblichen russischen Propaganda-Trolls handelt es sich in Wahrheit vor allem um Anhänger der Alt-Right-Bewegung in den USA, wie sich bereits im Zusammenhang mit der Bundestagswahl herausgestellt hatte.

Hinzu kommt die nicht vorhandene politische Neutralität des Projekts. Die Initiative wird von erklärten US-Kriegstreibern und führenden Neokonservativen mit einer klar anti-russischen Agenda geführt. Die russophobe Propaganda-Plattform wird übrigens auch von deutschen Steuerzahlern finanziert.

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