Russiagate aufgedeckt: NBC veröffentlicht banale Tweets vermeintlicher russischer Trolle
Am Mittwoch veröffentlichte der US-Sender NBC eine Datenbank jener Tweets, welche Twitter nach eigenen Angaben auf "böswillige Aktivitäten" von russischen oder mit Russland verbundenen Konten während der US-Präsidentschaftswahl 2016 zurückführen konnte. Der Mikroblogging-Dienst Twitter hatte zudem 200.000 von vermeintlichen russischen Trollen stammende Tweets gelöscht und öffentlichkeitswirksam darauf verwiesen, dies stehe nicht im Widerspruch zu den Werten der Redefreiheit, sondern sei notwendig, um die Demokratie zu schützen.
Die Veröffentlichung begründet NBC folgendermaßen:
Ermittler haben die Konten auf eine mit dem Kreml verbundene Propagandaorganisation zurückgeführt, die 2013 gegründet wurde und als 'Internet Research Association' (IRA) bekannt ist. Die Organisation wurde von US-Geheimdiensten als Teil einer staatlichen russischen Initiative zur Beeinflussung des Ergebnisses der US-Präsidentschaftswahl 2016 bewertet.
Mehr zum Thema - US-Geheimdienste: Moskau will Novemberwahlen attackieren und Trump habe "grünes Licht" gegeben
NBC übernimmt in seiner Erklärung weiter die Einschätzung des Direktors der nationalen Nachrichtendienste Dan Coats im Wortlaut, der konstatiert, es gebe keinen Zweifel, dass der russische Staat sich einer solchen Methode bediene, da diese kostengünstig sei. Nach den US-Präsidentschaftswahlen im Jahr 2016 seien damit auch die diesjährigen Zwischenwahlen im November ein Ziel des russischen Staates.
Wir erwarten, dass Russland weiterhin Propaganda, Social Media, False-Flag-Personen, gewogene Fürsprecher und andere Mittel des Einflusses einsetzen wird, um zu versuchen, auf seinem breiten Spektrum von Operationen aufzubauen und soziale und politische Spaltungen in den Vereinigten Staaten zu verschärfen.
Weiter heißt es im Zitat des Geheimdienstleiters bei NBC:
Offen gesagt, die Vereinigten Staaten befinden sich im Fadenkreuz.
Höchste Zeit also, zu handeln, wie es scheint. Und so erklärt sich NBC denn auch bereit, zu helfen:
Twitter macht es nicht leicht, die russischen Propagandabemühungen zu verfolgen - diese Datenbank kann helfen.
Mehr zum Thema - Twitter liest Privatnachrichten von Benutzern mit
Die von NBC freigegebene Datenbank wurde mithilfe von "drei Quellen, die mit den Datensystemen von Twitter vertraut sind", erstellt, um es zu ermöglichen, eine vom Kongress veröffentlichte Namensliste mit Tweets jener Konten zu vergleichen, die Twitter wegen angeblicher Verbindungen mit "Kreml-Trollen" suspendiert hatte.
Demnach funktionierten die Twitter-Konten als Teil eines riesigen Netzwerks, von dem böswillige, teils auf Lügen basierende Meldungen ausgegangen seien. Allerdings ist bisher unklar, wie diese Einschätzung zustande kam. Denn zahlreiche der in dieser Enthüllungsdatenbank veröffentlichten Tweets haben nicht einmal vorrangig politische Inhalte, einige richten sich sogar explizit gegen Russland oder die Politik des Kremls. Zudem unterscheiden sich die Beiträge kaum von Inhalten, die weiterhin tagtäglich bei Twitter zu lesen sind.
Tweets über Shopping und für jede politische Vorliebe
Viele Tweets waren politisch, was vor dem Hintergrund einer entscheidenden US-Wahl wenig verwundert. Schließlich war diese das Hauptthema sowohl in konventionellen als auch in sozialen Medien. Doch deren Inhalte bezogen sich auf die Kandidaten beider Parteien.
Einige Inhalte waren eher zugunsten Donald Trumps. So hieß es in einem Tweet "Sorry, Hillary: Trumps Politik ist eindeutig besser für Schwarze." Ein anderer besagte, dass "Donald Trump große Unterstützung von Frauen hat", aber "die Medien werden das nie zeigen".
Andere kritisierten Donald Trump. So hieß es in einem Tweet, dass "66 Prozent der Wähler immer noch gegen Trump stimmen", gefolgt von lächelnden und zwinkernden Emojis. Ein anderer nannte Trump einen #AssClown und teilte einen Link zu einem Artikel namens "Wie Trump seine Partei dazu brachte, Russland zu lieben", was also sogar eher dem Narrativ der Russiagate-Anhänger entspricht.
Mehr zum Thema - Nicht "faschistisches Russland", sondern Twitter hat US-Wahlkampf manipuliert
"Thanksgiving" als Codewort?
Ein Großteil der Tweets befasste sich jedoch mit eher banalen Themen wie Geschenkeinkäufen unter dem Hashtag #ShopSmall with good friends for gifts and laughter oder einem #SurvivalGuide für Thanksgiving. Solange Thanksgiving kein Code für "Einmischung" oder "Kollusion" sein soll, bleibt der genaue Vorwurf von NBC unklar.
Die Behauptungen von NBC erscheinen jedoch umso unverständlicher, wenn man sich ansieht, wie antirussisch oder zumindest russophob einige der Tweets waren.
Einer der verdächtigen Tweets besagt sogar, dass "Hillary versucht hat, uns in der dritten und letzten Debatte vor Trump/Russland zu warnen". Muss wohl eher ein launischer Troll sein, wenn dieser angeblich doch voll und ganz für Trump und für Russland agiere - oder wollte er Russlandgegner als vermeintlich wirre Verschwörungstheoretiker hinstellen?
In einem weiteren Tweet heißt es: "Donald Trump traf den russischen Botschafter während des Wahlkampfes." Es kommt wohl unweigerlich die Frage auf, warum ausgerechnet ein "russischer Troll" so gerne Aufmerksamkeit auf die Beziehung zwischen Trump und Moskau lenken sollte, wenn man bedenkt, dass der Kreml eine solche Verbindung zu seiner Kampagne hartnäckig geleugnet hat.
Mehr zum Thema - "Russische Wahl-Einmischung" - US-Senatoren unzufrieden mit Ergebnissen der Untersuchung [Video]
Am Donnerstag ging die russische Botschaft per Twitter kurz auf das Thema ein und verwies auf den Umstand, dass viele der verdächtigen Tweets auf Russisch und von bekannten Satire-Konten verfasst wurden. Die analytische Kompetenz der Twitter-Nutzer stand der gewisser Sicherheitsdienste in nichts nach, wunderten sich einige doch unter anderem über die Möglichkeit, eine Wahl in einer dem Durchschnittsbürger unbekannten Sprache beeinflussen zu können.
#RussiansDidIt@NBCNews publishes database of deleted "Russian troll" tweets as they put it, which have allegedly influenced 2016 US Presidential election. Only problem: majority of the tweets were written... in Russian, by well-known parody accounts and independent bloggers. pic.twitter.com/BAQLaJD2T9
— Russia in RSA 🇷🇺 (@EmbassyofRussia) 15. Februar 2018
Privatunternehmen und ihr "Auftrag" für die amerikanische Gesellschaft
Dass eigentlich private Unternehmen in den USA gesellschaftliche Aufträge annehmen und damit die Politik des Landes beeinflussen, hat aber nicht erst mit NBC begonnen. Es mag Zufall sein, doch erscheint interessant, dass NBC von General Electric (GE) und der "Radio Corporation of America" (RCA) gegründet wurde. Mitte der 1980er-Jahre übernahm GE den Sender komplett.
Das US-Unternehmen General Electric hat einige Jahrzehnte zuvor wohl die Schauspielkarriere eines gewissen, zu jenem Zeitpunkt angeschlagenen Ronald Reagan gerettet, indem Reagan und seine Familie zu den Hauptprotagonisten der Serienproduktion "General Electric Theater" gemacht wurden. Einzuschätzen, ob dies die politische Zukunft des auch international sehr aktiven Landes mit beeinflusst hat, überlässt RT anderen. In jüngerer Zeit gehörte GE zu den Top Five der Spender für die Clinton-Stiftung.
NBC im Dienst des Geheimdienstes?
Damit sei nur einer von vielen weiteren Einflüssen genannt, denen die US-amerikanischen Wähler neben den vorgeblich manipulativen Tweets ausgesetzt sind. Sofern die als gefährlich eingestuften und verbannten Trolle weiterhin derart uneinheitliche oder banale Inhalte posten, bleibt offen, in welcher Weise sie den US-Wahlen bisher oder in Zukunft etwas anhaben können sollten.
Das zu erklären, erscheint den "Journalisten" von NBC jedoch offenbar überflüssig, solange man auch einfach die Klagen des Direktors des Nationalen Geheimdienstes Dan Coats aufschreiben kann. Wozu dann noch Beweise für schwerwiegende Anschuldigungen?
Mehr zum Thema - Vom Nachrichtendienst zum Sender: Ex-CIA-Direktor Brennan heuert bei NBC an
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.