Nordamerika

Was beabsichtigt Washington mit seiner militärischen Eskalation in der Karibik?

Geht es um Drogenbekämpfung oder Regimewechsel in Venezuela? Die in die Region entsandten großen US-Kriegsschiffe sind für die angebliche Bekämpfung des Drogenterrorismus wenig geeignet, dafür umso mehr für militärische See-zu-Land-Operationen.
Was beabsichtigt Washington mit seiner militärischen Eskalation  in der Karibik?© Getty: Anadolu / Kontributor

Von Rainer Rupp

Die Vereinigten Staaten haben in der südlichen Karibik eine beispiellose militärische Präsenz mit fragwürdigen Zielen aufgebaut. Offiziell dient sie dem Kampf Washingtons gegen von den USA zu Terror-Organisationen erklärten südamerikanischen Drogenkartellen, zum Beispiel gegen die venezolanische "Tren de Aragua" und das mexikanische "Sinaloa-Kartell". Mit der Entsendung von sieben hochgerüsteten Kriegsschiffen, und einem atomgetriebenen U-Boot und über 4.500 Soldaten und Marines signalisiert die Trump-Administration eine massive Machtdemonstration in der Region.

Doch die Zusammensetzung der eingesetzten Schiffsklassen – von Lenkwaffenzerstörern bis zu amphibischen Angriffsschiffen – deutet auf weitreichendere strategische Ziele hin, die weit über die offiziell angegebene Bekämpfung von "Drogen-Terrorismus" ("narco-terrorism") hinausgehen könnten. Insbesondere die spezielle Eignung dieser Schiffe für räumlich begrenzte Landeoperationen, wobei etwa US-Marines einen Küstenabschnitt gegen feindlichen Widerstand unter eigene Kontrolle bringen und dabei von See her mit allen vorhandenen Mitteln unterstützt werden, inklusive Artillerie, Raketen und den auf den Schiffen stationierten Kampfhubschraubern. Die US-Marines sind eine Spezialtruppe, die für solche Einsätze besonders ausgebildet ist.

Die eingesetzten Schiffsklassen und ihre Fähigkeiten 

Die US-Marine hat eine beeindruckende Flotte in der Karibik stationiert, die aus Schiffen besteht, deren Fähigkeiten für weitreichende militärische Operationen ausgelegt sind. Die eingesetzten Schiffe umfassen:

1. "USS Lake Erie (CG-70)" – Ticonderoga-Klasse, Lenkwaffenkreuzer

Die Ticonderoga-Klasse ist ein multifunktionales Kriegsschiff, ausgestattet mit dem Aegis-Kampfsystem, das Luftabwehr, U-Boot-Abwehr und Oberflächenkrieg ermöglicht. Mit Tomahawk-Marschflugkörpern und Harpoon-Anti-Schiffsraketen kann die "USS Lake Erie" präzise Angriffe auf See- und Landziele durchführen. Ihre jüngste Verlegung durch den Panamakanal in die Karibik vervollständigt die von Washington aufgebaute politisch-militärische Drohkulisse in der Region, die jedoch kaum dazu geeignet ist, Drogenhändler einzuschüchtern. Gleiches gilt für die anderen, aktuell in der Region kreuzenden US-Kriegsschiffe.

2. "USS Iwo Jima (LHD-7)" – Wasp-Klasse, amphibisches Angriffsschiff

Die Wasp-Klasse ist für amphibische Kriegsführung konzipiert und kann bis zu 1.894 Marines, Hubschrauber, Kipprotor-Flugzeuge und Landungsboote transportieren. Mit einer Besatzung von etwa 1.075 Seeleuten ist die "USS Iwo Jima" Teil der "Iwo Jima Amphibious Ready Group", die derzeit vor Puerto Rico operiert. Ihre Fähigkeit, Marines schnell an Land zu bringen, macht sie ideal für Operationen, die eine rasche Machtprojektion erfordern.

3. "USS San Antonio (LPD-17)" und die "USS Fort Lauderdale (LPD-28)" – San-Antonio-Klasse, amphibische Transportschiffe

Die beiden Schiffe der San-Antonio-Klasse dienen dem Transport von Marines, Fahrzeugen und Ausrüstung. Diese Schiffe verfügen über fortschrittliche Kommando- und Kontrollsysteme sowie die Fähigkeit, Landungsboote und Hubschrauber einzusetzen. Beide Schiffe sind in der Karibik stationiert, unterstützen amphibische Übungen mit der "22nd Marine Expeditionary Unit" (MEU) und sind auf schnelle Einsätze an Land ausgerichtet.

4. "USS Gravely (DDG-107)" und "USS Jason Dunham" (DDG-109), "USS Sampson (DDG-102)" – Arleigh-Burke-Klasse, Lenkwaffenzerstörer

Die drei Lenkwaffenzerstörer gehören zur Arleigh-Burke-Klasse, die das Rückgrat der US-Marine bildet. Sie sind mit dem Aegis-Anti-Raketen-Raketen-System, Tomahawk-Raketen gegen Landziele und mit fortschrittlichen Radaren ausgestattet. Diese Zerstörer sind vielseitig einsetzbar für die Luftabwehr, die U-Boot-Abwehr und Angriffe auf See- und Landziele. Ihre Präsenz in der Karibik verstärkt die Fähigkeit der USA, maritime Bedrohungen zu überwachen und präzise Schläge an Land auszuführen.

Zusätzlich ist das atomgetriebene (Rapid Attack) Schnellangriffs-U-Boot "USS Newport News" in der Region aktiv, das für verdeckte Operationen und Aufklärung ausgelegt ist. Laut Bericht von The War Zone vom 2. September 2025 führen diese Schiffe Übungen vor Puerto Rico durch, wobei sie von Aufklärungsflugzeugen wie der P-8 Poseidon unterstützt werden. Admiral Daryl Caudle, Chef der Marineoperationen, erklärte am 28. August 2025, dass diese Schiffe Teil der "venezolanischen Operationen und Missionen" zur Bekämpfung des Drogenhandels seien, wobei genaue Ziele geheim blieben.

Kontext der Operationen

Die offizielle Begründung für diesen Aufbau ist die Bekämpfung von "Drogen-Terrorismus", insbesondere gegen die "Tren de Aragua", die seit Februar 2025 als ausländische Terrororganisation (FTO) eingestuft ist. Der jüngste Vorfall, ein tödlicher Schlag gegen ein Schnellboot am 2. September 2025, bei dem – wie von Washington behauptet – elf mutmaßliche Gangmitglieder getötet wurden, wurde von Präsident Trump als Reaktion auf eine "unmittelbare Bedrohung" verteidigt. Zugleich wird dieser Schlag von nicht wenigen Seerechtsexperten, auch von US-Rechtsexperten, als schweres Verbrechen verurteilt; siehe dazu auch Beiträge auf Just Security vom 3. September 2025 und in der New York Times.

US-Außenminister Marco Rubio und Verteidigungsminister Pete Hegseth beriefen sich wiederum auf die Befugnisse des Präsidenten, als Oberbefehlshaber über Leben und Tod zu entscheiden. Vor dem Hintergrund des erneut von Washington vom Zaun gebrochenen Konflikts mit Venezuela wird die von Trump befohlene extrajuristische Tötung der elf Bootsinsassen von US-Kriegstreibern als Signal an Venezuela gelobt, das von Trumps Entschlossenheit zeuge, gegen das angeblich von Drogenkartellen regierte Land vorzugehen. Verteidigungsminister Pete Hegseth bezeichnete jüngst sogar den venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro als den "faktischen Anführer eines Drogen-'Narco'-Staates" und drohte Maduro, er solle "Grund zur Sorge haben".

Venezuela bereitet sich derweil auf einen bewaffneten Kampf vor. Präsident Maduro sprach eine Warnung aus, kurz nachdem Präsident Trump die militärische Präsenz des Pentagon in der südlichen Karibik eskaliert hatte. Letzten Freitag erklärte Maduro:

"Sollte Venezuela in irgendeiner Form angegriffen werden, dann würde es gegen Aggressionen jeder Art in eine Phase des geplanten und organisierten bewaffneten Widerstands durch das gesamte Volk übergehen, sei es lokal, regional oder national, zur Verteidigung von Frieden, territorialer Integrität, Souveränität und unseres Volkes."

Am vergangenen Sonntag wurden dann Zehntausende weitere Soldaten mobilisiert. Zugleich soll die militärische Präsenz auf der der venezolanischen Küste vorgelagerten Insel Nueva Esparta sowie in den Bundesstaaten Sucre und Delta Amacuro ausgebaut werden. Rund 25.000 Soldaten sollen dort eingesetzt werden, mit den 10.000, die bereits in den an Kolumbien grenzenden Bundesstaaten Zulia und Táchira stationiert sind, so Maduro.

Im Gegenzug warnte Trump, dass, falls venezolanische Kampfflugzeuge vom Typ F16 weiterhin US-Kriegsschiffe in regionalen Gewässern bedrohen, diese abgeschossen würden, sollten sie für amerikanische Schiffe als Gefahr eingestuft werden.

Strategische Implikationen

Vor dem Hintergrund dieser politisch-militärischen US-Eskalation gegen Venezuela dürfte die Zusammensetzung der US-Flotte in der Karibik keine Fragen mehr aufwerfen. Die Wasp- und San-Antonio-Klassen sind speziell für amphibische Landungen und Operationen vom Meer aus an Land konzipiert. Die Fähigkeiten der Ticonderoga- und Arleigh-Burke-Klassen, präzise Landziele zu treffen, deuten auf eine strategische Ausrichtung hin. Die "USS Iwo Jima", "USS San Antonio" und "USS Fort Lauderdale" können Truppen und Ausrüstung schnell an Land bringen, was auf Vorbereitungen für eine größere Operation hindeutet. Die Lenkwaffenzerstörer und der Kreuzer bieten zudem Feuerunterstützung und Luftabwehr, was für eine Konfrontation mit einem staatlichen Akteur wie Venezuela geeignet ist.

Natürlich reichen die militärischen Kapazitäten der aktuellen US‑Karibikflotte nicht aus, um Venezuela zu erobern, aber sie könnten ausreichen, um das Land wieder politisch zu destabilisieren. Die Amerikaner könnten zum Beispiel eine strategisch günstig gelegene Insel oder einen Küstenabschnitt erobern und dort eine Gegenregierung zu Maduro ins Leben rufen. Mit entsprechenden finanziellen Versprechen und verdeckten Hilfen könnte dies den US-Marionetten in der venezolanischen Opposition ein neues Leben einhauchen; genug, um für Unruhen zu sorgen.

Ein zynischer Vorwand?

Wie praktisch es doch für die US-Kriegstreiber ist, dass der "Krieg gegen Drogen" in der Karibik plötzlich eine ganze Flotte von Kriegsschiffen erfordert, mit einer Feuerkraft, die ganze Städte dem Erdboden gleichmachen könnte! Es ist lachhaft, wie Trump und Co. unter diesem Vorwand die Karibik militarisieren und behaupten, sie bräuchten Lenkwaffenkreuzer und ‑zerstörer sowie amphibische Angriffsschiffe, um Jagd auf Schnellboote mit Drogen zu machen. Dies ist ein Arsenal für eine maßgeschneiderte Operation vom Meer aus hin zum Land, mit dem Ziel eines Regimewechsels in Venezuela. Der angebliche Kampf gegen den Drogen-Terrorismus ist ein zynischer Vorwand, um mit einem geopolitischen Muskelspiel in der ganzen Region wieder die Dominanz der USA durchzusetzen.

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