Nordamerika

Kongressbericht: Die US-Hegemonie zu halten wird so teuer wie der Kalte Krieg

Zwei Kriege zu führen sei kein Problem, meinte noch vor einigen Wochen US-Präsident Joe Biden mit Blick auf die Ukraine und Taiwan. Ein neuer Bericht an den Kongress ergibt aber: Gegen einen gleich starken oder fast gleich starken Gegner können sie derzeit gar keinen führen.
Kongressbericht: Die US-Hegemonie zu halten wird so teuer wie der Kalte KriegQuelle: www.globallookpress.com © Iranian Army Office

Der neu veröffentlichte Bericht der Kommission zur nationalen Verteidigungsstrategie, der am Montag dem US-Kongress vorgelegt wurde, war für die Empfänger sicher kein erfreulicher Bericht. Dabei geht es nicht nur um die US-Streitkräfte, sondern ebenso sehr um den Zustand der Rüstungsindustrie, um Rekrutierung und Einsatzbereitschaft und zuletzt auch um die Finanzierung.

Grundlage dieser Betrachtungen ist nach wie vor der Wunsch, eine globale Hegemonie der USA zu erhalten.

"Die Führung der USA muss öffentlich machen, warum diese Herausforderungen wichtig sind und warum die Vereinigten Staaten die unverzichtbare Nation bleiben, um Frieden, Stabilität und eine blühende Wirtschaft zu erhalten."

Zuerst wird jedoch festgestellt (wenn auch nicht explizit ausgesprochen), dass die Bemühungen der USA, ihre potenziellen Gegner voneinander zu trennen, vollständig gescheitert sind.

"Die Vereinigten Staaten sollten zumindest annehmen, dass, wenn sie in einen direkten Konflikt eintreten, in den Russland, China, Iran oder Nordkorea verwickelt sind, dieses Land von wirtschaftlicher und militärischer Hilfe der anderen profitiert. Wir glauben auch, dass diese Partnerschaft die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass ein Konflikt mit einem Land sich auf viele Fronten ausweiten und gleichzeitige Anforderungen an die Ressourcen der USA und der Verbündeten stellen wird. Bemühungen, diese Staaten zu isolieren und durch internationale Mittel – wie Sanktionen, Embargos und Tadel zu zwingen – werden durch die Nähe zwischen Russland und China weit schwieriger, ob in den Vereinten Nationen oder andernorts."

Die Dimension des möglichen Konflikts, den die USA zu führen imstande sein sollen, ist also deutlich gewachsen, und es wird mehrfach wiederholt, dass es um eine Herausforderung in den Dimensionen des Zweiten Weltkriegs ginge.

Dann beginnt aber die lange Liste der Probleme. Das beginnt bereits bei der Diplomatie:

"Auch wenn führende Kräfte im State Department sich direkt auf alle größeren Bedrohungen für die Vereinigten Staaten konzentrieren, fehlen dem State Department insgesamt sowohl die Kultur als auch die Ressourcen, um ein anhaltendes diplomatisches Engagement der USA weltweit zu führen."

Lösungsansätze, die vorgeschlagen werden, sind eine weitere Ausweitung der Propaganda und eine völlige Unterordnung einer Reihe anderer Institutionen unter die geopolitischen Ziele:

"Die Kommission erkennt, dass die Herangehensweise der US-Regierung an wirtschaftliche Investitionen, darunter internationale humanitäre und Entwicklungshilfe und wirtschaftliche Unterstützung durch USAID, die Investitions- und Handelsfähigkeiten der Internationalen Entwicklungsfinanzierungsgesellschaft der USA, die Export-Import Bank, das Büro des US-Handelsvertreters und die Ministerien für Finanzen, Handel und Energie besser koordiniert und besser auf die Umsetzung der nationalen Sicherheits- und Verteidigungsstrategien ausgerichtet werden müssen."

Dabei gilt diese Anforderung nicht nur nach außen, auch im Inneren wird im Kern eine völlige Mobilisierung der Gesellschaft vorgeschlagen:

"Beispielsweise müssen die Ministerien für Verteidigung, Handel, das State Department und das Finanzministerium mit dem Bildungsministerium und Staats- wie Lokalregierungen zusammenarbeiten, um den Rückgang des Anteils US-amerikanischer High-School-Absolventen umzukehren, die die Anforderungen an Bildung und/oder körperliche Leistungsfähigkeit erfüllen, um in den Militär-, Staats- oder diplomatischen Dienst zu treten."

Mehr oder weniger das Gleiche gilt auch, um die erforderliche Zahl qualifizierter Mitarbeiter für die Rüstungsindustrie zu erreichen. Dabei wird festgestellt, dass die USA ihren technologischen Vorteil bereits weitgehend verloren haben und die Entwicklungszeiten in der Rüstungsindustrie zu lang sind, wenn "selbst relativ schlichte Gegner (wie die Huthi) imstande sind, moderne Technologie (z. B. Drohnen) zu erwerben und mit strategischer Wirkung einzusetzen".

Gleichzeitig sind die Schwächen der Produktion sichtbar geworden. "Auf dem Höhepunkt der Kämpfe im Donbass verbrauchte Russland in zwei Tagen mehr Munition, als das gesamte britische Militär auf Lager hat", wird ein Aufsatz über den Ukraine-Krieg zitiert, und es wird betont, dass Russland trotz aller Anstrengungen des US-Verteidigungsministeriums dreimal so viel Munition produziert, wie die USA und Europa zusammen. "Selbst mit verbesserter Finanzierung werden einige Waffenlager der USA innerhalb der nächsten fünf Jahre kaum aufgefüllt werden können."

Die Rüstungsgüter, die produziert würden, seien zu teuer, ihre Entwicklung dauere zu lang und sie seien schlecht zu verbessern. Das betreffe alle Sparten: "Eine chinesische Werft hat größere Kapazitäten als alle US-Werften zusammengenommen."

Die Zusammenfassung des Verhältnisses zwischen der Rüstungsindustrie und dem Verteidigungsministerium ist geradezu vernichtend:

"Die Kommission stellt fest, dass die Geschäftspraktiken des Verteidigungsministeriums, die byzantinischen Systeme bei Forschung und Entwicklung und bei der Beschaffung, das Vertrauen auf Jahrzehnte altes militärisches Gerät und die Kultur der Risikovermeidung eine Ära nicht herausgeforderter militärischer Dominanz widerspiegeln."

"Byzantinisch" ist eine höfliche Formulierung für "zutiefst korrupt". Um tatsächlich in einem großen Konflikt bestehen zu können, müsste der gesamte Umgang mit der Rüstungsindustrie geändert werden. Die Lösungsvorschläge der Kommission beinhalten unter anderem eine leichtere Zulassung kleiner Unternehmen zur Beschaffung und eine leichtere Zusammenarbeit mit den Alliierten, um die nötige industrielle Kapazität überhaupt erreichen zu können. Dabei soll auch das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen besser beachtet werden; schließlich würden "regelmäßig Munitionen eingesetzt, die bedeutend teurer herzustellen sind als ihre Ziele", wie etwa im Roten Meer zu sehen war.

"Die verringerte Größe des industriellen Sektors der USA, die zunehmende Komplexität moderner Waffensysteme und andere Faktoren bedeuten, dass die USA nicht mehr die Möglichkeit zu einer industriellen Mobilisierung wie im Zweiten Weltkrieg haben, darunter die 'Umwidmung ziviler Industrie für die militärische Nutzung, Massenproduktion, ein langer Aufbau von Truppen, gut ausgerüstete, massive Armeen, die Gegner überwältigen'."

Das Ziel, das der Bericht vorgibt, ist also im Kern nicht zu erreichen. "Das Ergebnis ist ein US-Militär, das heute minimale operationelle Bereitschaft aufweist, aber kaum für morgen bereit ist."

Zu lösen sei das nur durch eine massive Anstrengung, die neben dem Umbau der Rüstungsindustrie, einer mehr oder weniger totalen Mobilisierung der Gesellschaft, einer Entwicklung angepasster militärischer Doktrin, einer Planung für Einberufungen, einer Einbindung der Verbündeten in die Rüstungsproduktion und -wartung auch eine bedeutende Erhöhung des Verteidigungsbudgets bis auf die Werte beinhaltet, die zu Hochzeiten des Kalten Kriegs erreicht wurden. Am Ende des Berichts wird das vergleichsweise zurückhaltend formuliert:

"Das wachsende US-Defizit stellt auch ein nationales Sicherheitsrisiko dar. Daher sollten zunehmende Sicherheitsausgaben von zusätzlichen Steuern und Reformen bei Sozialausgaben begleitet werden."

Aber in der Zusammenfassung des Berichts wird klar formuliert, was damit genau gemeint ist – und diese Stelle belegt, wie unwahrscheinlich es ist, dass die festgestellten Probleme bei der Erhaltung der US-Hegemonie tatsächlich gelöst werden können:

"Die Verteidigungsausgaben im Kalten Krieg beruhten auf einem Spitzensteuersatz von mehr als 70 Prozent und einer durchschnittlichen Unternehmensbesteuerung von 50 Prozent."

Mehr zum ThemaStoltenberg: Europas Rüstungsausgaben gehen überwiegend an US-Firmen – NATO muss Kiew mehr helfen

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.