Nordamerika

New York Times: Ukrainischer Angriff auf Konstantinowka war "tragischer Unfall"

Eine Recherche der New York Times über den Angriff auf einen Markt in Konstantinowka vor zwei Wochen bestätigte, dass es sich um eine ukrainische Rakete handelte. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung fiel mit dem Besuch des ukrainischen Präsidenten in den USA zusammen.
New York Times: Ukrainischer Angriff auf Konstantinowka war "tragischer Unfall"Quelle: www.globallookpress.com © Cover Images/Keystone Press Agency

Vor zwei Wochen, am 6. September, ereignete sich auf einem Markt der ukrainisch kontrollierten Stadt Konstantinowka eine Explosion, die 16 Personen in den Tod riss und 33 weitere Personen verletzte. Bereits kurze Zeit nach der Explosion behaupteten ukrainische Medien, dass es sich angeblich um einen russischen Angriff mittels eines Flugabwehrraketenkomplexes S-300 gehandelt habe. Nur 35 Minuten später veröffentlichte auch der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij ein Video, das diesen Einschlag zeigte. In einer Videoansprache behauptete Selenskij dann, dass Konstantinowka von russischer Artillerie getroffen worden sei.

Konstantinowka liegt etwa 60 Kilometer nördlich von Donezk. Gemäß der russischen Verfassung gehört die Stadt zur Donezker Volksrepublik. Videos aus sozialen Netzwerken nährten allerdings von Anbeginn Zweifel an dieser ukrainischen Darstellung. Die Spiegelungen des Geschosses und die Blicke von Passanten unmittelbar vor dem Einschlag zeigten, dass dieser Angriff in Wahrheit aus dem Nordwesten kam, wo die derzeit ebenfalls ukrainisch kontrollierte Stadt Drushkowka liegt, damit also diametral zur Frontlinie im Südosten und Osten. Das Geschoss unbekannten Typs hätte Konstantinowka daher also aus dem ukrainischen Hinterland erreicht und somit schwerlich von der russischen Armee stammen können.

Trotz der ungeklärten Faktenlage berichteten in Deutschland am selben Abend die Tagesthemen der ARD über den Angriff und der Moderator leitete den Beitrag mit der Klage ein, dass man sich zwar an die Nachrichten über den Krieg gewöhnt habe, aber an einem Tag wie heute "können wir nicht vorbeischauen". Eine Ukraine-Korrespondentin wiederholte die ukrainischen Behauptungen und nutzte ihren Beitrag für die ARD, um gleich noch einmal die Lieferung der deutschen Marschflugkörper vom Typ Taurus an die Ukraine zu fordern. Diese sollten endlich helfen, "die russische Armee ins Landesinnere zu verjagen".

New York Times bestätigt: Rakete kam aus ukrainischer Richtung

Nach der Verbreitung dieser wissentlichen oder unwissentlichen Falschmeldungen bemerkten jedoch proukrainische Medien – darunter die in Washington, D. C. ansässige Journalistengruppe Conflict Intelligence Team und sogar der BILD-Reporter Julian Röpcke – bald die Widersprüche in dem Geschehen und mussten zugeben, dass der vermutete Angriff auf den Markt von Konstantinowka nur aus Ukraine stammen konnte. Nun hat auch die US-amerikanische Zeitung New York Times (NYT) das Thema aufgegriffen und veröffentlichte am Montag das Ergebnis ihrer eigenen Recherche über den Raketeneinschlag auf dem Markt von Konstantinowka.

Die Autoren der NYT bestätigen, was bereits zuvor weithin als belegbar galt: nämlich dass die Rakete aus Richtung des ukrainisch kontrollierten Gebiets Konstantinowka traf und nicht, wie von Kiew und der ARD behauptet, von hinter den russischen Linien gestartet worden war. Laut dem Bericht sollen die ukrainischen Behörden den NYT-Journalisten den Zugang zu Beweismaterial wie Wrackteilen oder auch der Absturzstelle verwehrt haben. Den Reportern sei es aber dennoch gelungen, sie befragten zudem Zeugen und sammelten Überreste des Geschosses ein. Ein Sprengstoffexperte bestätigte gegenüber der NYT, der entstandene Krater habe gezeigt, dass die Rakete aus nordwestlicher Richtung angeflogen kam.

Die Abmessungen der Löcher am Einschlagort und der dort gefundenen Fragmente sollen zudem in Größe und Form mit einem bestimmten Waffentyp übereinstimmen: einer 9M38-Lenkwaffe, die von einem mobilen Buk-Boden-Luft-Lenkwaffensystem aus Sowjetzeiten abgefeuert wird, wie sie die ukrainischen Streitkräfte, aber auch die russischen einsetzen. Zwei weitere unabhängige Bombenentschärfungsexperten sollten gegenüber der NYT bestätigt haben, dass die Fragmente und Schäden am Einschlagsort am ehesten mit einer solchen Lenkwaffe der Bauform 9M38 übereinstimmen.

Wie die NYT ebenfalls herausfand wurden in der Stadt Drushkowka, wenige Kilometer nordwestlich von Konstantinowka und wenige Minuten vor dem Einschlag, zwei Boden-Luft-Raketen in Richtung der russischen Frontlinie abgefeuert. Die Zeitung beruft sich sogar auf eigene Reporter, die sich zu diesem Zeitpunkt in Drushkowka aufhielten. Demnach war der Abschuss der ersten Rakete um 14:00 Uhr zu hören, der Abschuss der zweiten Rakete um 14:03 Uhr. Anwohner in der Nähe der Raketenstarts hätten diese als ungewöhnlich laut beschrieben. Dies würde sich laut NYT mit den Aussagen von Zeugen früherer Buk-Starts decken.

Der Zeitpunkt dieser Starts stimmt mit dem Zeitrahmen der Rakete überein, die den Markt in Konstantinowka um 14:04 Uhr traf. Zwei Zeugen sagten gegenüber der NYT, sie hätten gesehen, wie die Raketen zum Zeitpunkt des Angriffs von Drushkowka aus in Richtung der russischen Frontlinie abgefeuert wurden. Einer sagte, er habe die Raketen in Richtung Konstantinowka fliegen sehen.

Dort, wo die Raketen vermutlich abgefeuert wurden, entdeckten NYT-Reporter Belege dafür, dass der Ort kurz zuvor vom Militär genutzt worden war, wie etwa Gräben, Abfallgruben und breite Spuren, die zu einem großen Militärfahrzeug passen sollen, sowie Brandspuren, die verschiedene bodengestützte Luftabwehrraketen hinterlassen, wenn sie vom Heck eines großen Fahrzeugs gestartet werden.

"Tragischer Unfall" – womöglich aufgrund einer Fehlfunktion

Nicht ohne voranzuschicken, dass Russlands Militär "wiederholt und systematisch" ukrainische Zivilisten angreifen würde, um die Bevölkerung zu terrorisieren, räumte die NYT schließlich ein, dass der Markt in der Stadt Konstantinowka von einer ukrainischen Buk-Rakete getroffen worden war. Allerdings wird der Angriff nun als ein "tragischer Unfall" dargestellt. Um diese Behauptung zu untermauern, führen die NYT-Autoren die Meinung von "Luftverteidigungsexperten" an, denen zufolge Raketen wie diejenige, die auf dem Markt einschlug, aus verschiedenen Gründen vom Kurs abkommen können. Ursachen können etwa eine "elektronische Fehlfunktion" oder eine defekte Lenkflosse sein, weil "die beim Start beschädigt oder abgeschert wurde".

Der "wahrscheinliche" Raketenunfall könnte sich infolge der vielen Gefechte in der Region ereignet haben. Russische Truppen sollen Konstantinowka in der Nacht vor der Tragödie bereits beschossen haben. Ukrainischer Artilleriebeschuss aus der Stadt sei in einer lokalen Telegram-Gruppe nur wenige Minuten vor dem Angriff auf den Markt gemeldet worden.

Die lange Liste der insgesamt sechs Autoren des Artikels der NYT, darunter vier Pulitzer-Preisträger, soll offenbar Eindruck schinden. Den Autoren kommt allerdings nicht in den Sinn, dass es sich auch um einen durchaus gezielten Angriff unter falscher Flagge gehandelt haben könnte – was ja in einem solch komplexen Kriegsgeschehen wie in der Ukraine auf jeden Fall denkbar wäre. Die Behauptung, wonach Russland für diese Toten in Konstantinowka verantwortlich sei, passt natürlich besser ins propagandistische Narrativ der Ukrainer und deren westlicher Verbündeter.

Absichtlicher Angriff, um mehr Militärhilfe zu erpressen?

Russische Experten vermuten inzwischen, dass die Ukraine unter falscher Flagge und wohlkalkuliert aus Anlass der Visite des US-Außenministers Antony Blinken in Kiew diese Angriff inszenierte, um eine weitere Steigerung der westlichen Militärhilfen zu fordern. Dmitri Poljanski, der erste stellvertretende russische Botschafter bei den Vereinten Nationen, kommentierte am 10. September, der Westen und das Kiewer Regime würden nun versuchen, den Raketenangriff auf Konstantinowka genauso zu "vergessen", wie sie bereits den früheren Angriff auf Kramatorsk "vergessen" haben.

In der ebenfalls im Donbass gelegenen und ukrainisch kontrollierten Stadt Kramatorsk kamen bekanntlich am 8. April 2022 sogar 61 Personen ums Leben, als eine ukrainische Totschka-U-Rakete in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs der Stadt einschlug. Als Reaktion beschuldigte die ukrainische Seite umgehend Russland. In den nachfolgenden Wochen war dieser Tod vieler Zivilisten ein wesentlicher Bestandteil der ukrainischen und westlichen Propaganda. Wie in Konstantinowka sprach auch in Kramatorsk von Anfang an vieles dafür, dass das Geschoss aus ukrainischen Stellungen abgeschossen worden war. Erst als australische Reporter die Seriennummer der Rakete filmten, was diese dann eindeutig als ukrainische Rakete auswies, verschwand das tragische Ereignis von Kramatorsk aus der westlichen Berichterstattung.

Diese zeitliche Verzögerung ist im Fall Konstantinowka wenigstens etwas anders. Die NYT untersuchte den Vorfall und veröffentlichte das Ergebnis ihrer Analyse am Dienstag, am selben Tag, als der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij in New York, USA, eintraf, um an der Generalversammlung der Vereinten Nationen teilzunehmen. Im vergangenen Jahr ließ sich Selenskij nur per Video zu der Generalversammlung zuschalten. Mit ihrer Recherche und dem Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung wollte die NYT womöglich noch rechtzeitig wieder den Nebel des Krieges und des Vergessens über den Toten von Konstantinowka auszubreiten. Vielleicht sollte Selenskij aber auch durch die immer noch recht wohlwollende Berichterstattung daran erinnert werden, wer eigentlich die Fäden hält, an denen sein Schicksal hängt.

Mehr zum Thema – NATO-Chef Stoltenberg: "Bereitet euch auf einen langen Krieg vor"

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.