Nordamerika

Pentagon-Whistleblower Daniel Ellsberg im Alter von 92 Jahren gestorben

Die Veröffentlichung der Pentagon-Papiere durch Daniel Ellsberg 1971 war das wohl das größte und folgenreichste Datenleck der USA. Das Misstrauen gegenüber der US-Regierung wurde damit Teil des Lebensgefühls. Am Freitag ist der Militäranalytiker, Autor und Friedensaktivist Ellsberg im Alter von 92 Jahren gestorben.
Pentagon-Whistleblower Daniel Ellsberg im Alter von 92 Jahren gestorbenQuelle: www.globallookpress.com

Der bekannteste Whistleblower der US-Geschichte und Friedensaktivist Daniel Ellsberg starb nach Angaben seiner Familie friedlich in seinem Haus in Kalifornien an den Folgen einer Krebserkrankung im Alter von 92 Jahren. Im Februar dieses Jahres wurde bei ihm Bauchspeicheldrüsenkrebs diagnostiziert, der nicht mehr operabel war. Eine Chemotherapie lehnte er ab. Wenn er einen Grabstein bekomme, so sagte er, solle darauf stehen: "Mitglied der Anti-Kriegs- und der Anti-Atom-Bewegung".

Der frühere Pentagon-Mitarbeiter arbeitete für die Denkfabrik Rand Corporation, als er 1971 zunächst der New York Times Teile eines streng geheimen Schriftsatzes aus dem US-Verteidigungsministerium zuspielte – die "Pentagon Papers" zum Vietnamkrieg. Das rund 7000 Seiten starke Dokument belegte, dass mehrere US-Regierungen die Öffentlichkeit und den Kongress über Einsätze in dem Krieg belogen hatten, insbesondere jene des Präsidenten Lyndon B. Johnson von 1963 bis 1969.

In seinen späteren Jahren war Ellsberg als Autor und Redner aktiv. Aufsehen erregte vor allem sein 2017 erschienenes Buch "The Doomsday Machine", in dem er erläuterte, wie leicht ein Nuklearkrieg – nach seinem Eindruck durchaus auch ohne direkten Befehl der höchsten Entscheidungsträger in den USA oder Russland – ausgelöst werden könnte. 2021 schließlich veröffentlichte er Dokumente mit aktuellem Bezug zu einer heutigen Krisenregion: Amerikanische Militärs hatten 1958 den Einsatz von Atomwaffen gegen die Volksrepublik China bei einem Angriff auf Taiwan erwogen (was Präsident Eisenhower ablehnte).

Die Sorge um eine nukleare Eskalation trieb ihn bis zum Schluss um. Der Unterstützung der USA für die Ukraine gegenüber einer Nuklearmacht stand er kritisch gegenüber. Dies sei nicht, wie er gegenüber der Washington Post erklärte, "irgendein Krieg", kein Konflikt wie im Irak oder in Afghanistan: "In keinem von diesen bestand die Möglichkeit, dass die Welt in die Luft gejagt würde. Hier kann es passieren."

In einem Interview mit der New York Times im März 2023 zog er ein ernüchtertes Fazit: "Ich verlasse eine Welt, die sich in einem schrecklichen Zustand befindet und die überall dort schrecklich ist, wo ich versucht habe, sie besser zu machen. Präsident Biden hat recht, wenn er sagt, dass es hinsichtlich eines Atomkrieges die gefährlichste Zeit seit der Kubakrise sei. Das ist nicht die Welt, wie ich sie mir für 2023 vorgestellt habe. Aber so ist sie." 

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