Wegen Falschmeldung über "russischen" Angriff auf Polen: AP entlässt verantwortlichen Reporter

Die Associated Press hat am Montag offenbar einen der beiden Journalisten entlassen, die Russland vergangenen Dienstag fälschlicherweise für den Raketeneinschlag in Polen verantwortlich gemacht hatten. Die Falschberichterstattung hätte fast zur Ausrufung des NATO-Bündnisfalls geführt.

Die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) hat Berichten zufolge offenbar einen der beiden Journalisten entlassen, die für die beinah folgenschwere Falschberichterstattung über den vermeintlichen russischen Raketenangriff auf Polen am vergangenen Dienstag verantwortlich waren. Das berichtet die Washington Post unter Berufung auf Mitarbeiter der Nachrichtenagentur. Bei dem am Montag nach einer kurzen internen Untersuchung gekündigten AP-Journalisten soll es sich nach Informationen der Zeitung um Jim LaPorta handeln.

Letzte Woche hatte LaPorta einen ungenannten US-Geheimdienstmitarbeiter zitiert, der den Raketeneinschlag in Polen am vergangenen Dienstag auf eine Rakete aus Russland zurückführte. Die Explosion am 15. November in Przewodów, einem polnischen Dorf nahe der ukrainischen Grenze, kostete zwei Menschen das Leben und löste weltweit Besorgnis und sogar die Angst vor einem Dritten Weltkrieg aus. Stunden später veröffentlichte die AP dann eine Meldung, in der es hieß, ein "hochrangiger US-Geheimdienstmitarbeiter" habe gegenüber LaPorta und seinem Kollegen bestätigt, "dass 'russische Raketen' in das NATO-Mitglied Polen eingedrungen sind und zwei Menschen getötet haben".

Noch bevor die Behörden reagieren konnten, wurde die Geschichte ungeprüft von vielen Zeitungen, Webseites und Fernseh- und Radiosendern aufgegriffen. Aufgrund der Berichterstattung befürchteten die Staats- und Regierungschefs der Welt, dass die NATO angesichts des vermeintlichen russischen Angriffs auf Polen nun in den russisch-ukrainischen Konflikt hineingezogen werde. Noch in derselben Nacht hatte der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki deshalb eine Dringlichkeitssitzung des Ausschusses für nationale Sicherheit und Verteidigungsfragen einberufen. Der lettische Verteidigungsminister Artis Pabriks schlug sogar vor, sich auf Artikel 4 des NATO-Vertrags zu berufen.

Einen Tag später stellte sich die von AP verbreitete Information jedoch als falsch heraus. Sowohl polnische als auch US- und NATO-Beamte erklärten am Mittwoch, dass die Raketen wahrscheinlich nicht wie von AP berichtet von Russland, sondern von einem ukrainischen Luftverteidigungssystem aus abgefeuert worden waren. Der polnische Präsident Andrzej Duda ergänzte, es gebe Beweise dafür, dass Polen nicht zum Ziel, sondern ins Kreuzfeuer einer "Luftabwehrrakete" geraten sei.

"Die ukrainische Verteidigung hat ihre Raketen in verschiedene Richtungen abgefeuert, und es ist sehr wahrscheinlich, dass eine dieser Raketen unglücklicherweise auf polnisches Gebiet gefallen ist", so Duda. "Nichts, aber auch gar nichts deutet darauf hin, dass es sich um einen absichtlichen Angriff auf Polen gehandelt hat." NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg äußerte sich ähnlich. Die ursprüngliche AP-Warnung, die an Tausende von Nachrichtenagenturen in der ganzen Welt verschickt worden war, hatte zuvor jedoch auf eine bedrohliche Eskalation vonseiten Russlands hingedeutet.

Polen ist Mitglied der NATO, und ein russischer Angriff auf dessen Territorium hätte gemäß den Bestimmungen des Verteidigungsbündnisses zur gegenseitigen Selbstverteidigung eine folgenschwere militärische Reaktion des Westens nach sich ziehen können. Im Laufe des Mittwochs zog die AP die Falschmeldung dann schließlich zurück und korrigierte: "Spätere Berichte zeigten, dass die Raketen aus russischer Produktion stammten und höchstwahrscheinlich von der Ukraine zur Verteidigung gegen einen russischen Angriff abgefeuert wurden."

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