Nordamerika

Studie: Mehr als die Hälfte der US-Senioren lebt in Armut

Eine Untersuchung der Massachusetts-Universität bei Boston beschreibt die finanzielle Belastung, der viele ältere US-Bürger aufgrund der gestiegenen Lebenshaltungskosten ausgesetzt sind. Die hohe Inflation droht die Situation weiter zu verschärfen.
Studie: Mehr als die Hälfte der US-Senioren lebt in ArmutQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Fotostand / K. Schmitt

US-Amerikaner, die 65 Jahre und älter sind, leben häufiger in Armut als jüngere Erwachsene. Das hat eine Studie der Massachusetts-Universität ergeben. Bei den 35- bis 54-Jährigen ist die Wahrscheinlichkeit, in Armut zu leben, am geringsten. Nach Angaben des Ministeriums für Gesundheit und Soziales liegt die durchschnittliche Armutsgrenze für eine alleinstehende Person bei 12.880 Dollar pro Jahr. Für einen Vier-Personen-Haushalt liegt sie bei 26.500 Dollar pro Jahr.

Der "Elder Index" des Gerontologie-Instituts der Massachusetts-Universität in Boston erfasst Daten zu den Kosten für Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, Wohnung und Transport. Aus dem Index geht hervor, dass derzeit 54 Prozent der allein lebenden älteren Frauen nach den föderalen Armutsstandards als arm gelten und nicht in der Lage sind, für die wesentlichen Lebenshaltungskosten aufzukommen, und dass 45 Prozent der alleinstehenden Männer in die gleiche Kategorie fallen.

Im Jahr 2020 zeigten die Daten der Untersuchung auch, dass die wirtschaftliche Situation von mehr als zwei Millionen älteren Paaren als prekär galten. Jan Mutchler, Direktor des Gerontologie-Instituts, erklärte:

"Jede kleine Veränderung der Umstände - steigende Preise, ein medizinischer Notfall - kann das Budget einer älteren Person völlig aus dem Gleichgewicht bringen."

Die Corona-Maßnahmen führte zu einer höheren Arbeitslosenquote bei Menschen über 55 Jahren im Vergleich zu ihren ein paar Jahre jüngeren Kollegen. Bei den über 55-Jährigen war die Wahrscheinlichkeit, erwerbslos zu werden, um 17 Prozent höher als bei ihren jüngeren Kollegen, insbesondere in den ersten sechs Monaten der Corona-Situation. Laut dem US-amerikanischen Seniorenverband AARP war es das erste Mal seit 50 Jahren, dass ältere US-Bürger im Vergleich zu jüngeren Arbeitnehmern eine höhere Arbeitslosenquote verzeichneten.

Außerdem wurden ältere US-Amerikaner im Vergleich zu jüngeren Arbeitnehmern langsamer wiedereingestellt. Diese Arbeitsplatzverluste führten zu einer unsicheren Altersvorsorge für ältere Bürger.

Die Inflation hat sich auch negativ auf US-amerikanische Rentner ausgewirkt, die von einem festen Einkommen leben, wie die Washington Post berichtete. 56 Millionen US-Amerikaner im Alter von 65 Jahren und älter mussten ihr Budget anpassen, um einer Inflationssteigerung von 9 Prozent gerecht zu werden. Leslie Morgen, eine 65-jährige pensionierte Lehrerin, die in Asheville im US-Bundesstaat North Carolina lebt, fragte:

"Das tägliche Überleben ist zu einer großen Sorge für mich geworden."

Die Lehrerin hörte mit dem Rauchen auf, kauft weniger Lebensmittel ein und schränkt ihre heißen Duschen ein, um Geld zu sparen.

"Ja, ich kann mir das, was ich jetzt tue, leisten, aber ich gerate langsam in Panik. Ich fange an zu denken: 'Wie soll ich das alles bezahlen?'"

Etwa 12 Prozent der Erwachsenen verlassen sich in Gänze auf ihre Sozialversicherung, die im Durchschnitt 1.658 Dollar pro Monat auszahlt und seit 2021 nur um magere 93 Dollar gestiegen ist. Eine alleinstehende Person bei guter Gesundheit benötigt dem Index zufolge 27.096 Dollar für die Grundversorgung. Das sind 14.100 Dollar mehr als die offizielle staatliche Armutsgrenze. Ramsey Alwin, Präsident und Geschäftsführer des Sozialverbandes "National Council on Aging", sagte:

"Es gibt den Mythos, dass die Sozialversicherung und Medicare auf wundersame Weise alle Bedürfnisse der Menschen im Alter abdecken. Die Realität ist, dass dies nicht der Fall ist, und viel zu viele Menschen sind nur eine Krise von der wirtschaftlichen Unsicherheit entfernt."

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