Mehrere Tage lang hatten Kanadier im Rahmen des sogenannten "Freedom Convoys" aus Protest gegen die Corona-Restriktionen ihrer Regierung die Grenzbrücke zwischen den USA und Kanada blockiert. Bis in den späten Sonntagabend behinderten die Demonstranten den Verkehr auf den Zufahrtsstraßen und der Ambassador-Brücke selbst.
Die Brücke verbindet die kanadische Stadt Windsor mit der US-Stadt Detroit und gilt als wichtige Transportroute des kanadisch-amerikanischen Handelsverkehrs. Über die Ambassador-Brücke werden rund 25 Prozent des Handels zwischen den beiden nordamerikanischen Ländern abgewickelt. Die Blockade der Verkehrsverbindung führte kurzzeitig sogar zu Lieferengpässen, die besonders die Autoindustrie und deren Zulieferer betrafen.
Nun ist die Grenzbrücke wieder für den regulären Verkehr freigegeben. Am Sonntag hatten Polizeibeamte damit begonnen, die letzten dutzend Protestteilnehmer vor Ort festzusetzen. Mehrere Fernsehsender berichteten und auf den Social-Media-Plattformen gingen Bilder von den Festnahmen viral. Der Polizeiaktion war eine richterliche Anordnung zur Räumung der Brücke vorausgegangen.
Am späten Sonntagabend bestätigten kanadische Behörden und die Detroit International Bridge Company als Betreiberfirma der Ambassador-Brücke schließlich deren Wiedereröffnung. So verwies die US-Zeitung Detroit News auf eine E-Mail der Firma und schrieb:
"Die Detroit International Bridge Company freut sich bekanntgeben zu können, dass die Ambassador-Brücke nun vollständig geöffnet ist und den freien Handelsverkehr zwischen der kanadischen und der US-amerikanischen Wirtschaft somit wieder ermöglicht."
Gegen Mitternacht meldete dann auch die Canada Border Services Agency als zuständige Behörde für Grenzübergänge, Einwanderungs- und Zollkontrollen, dass die normale Grenzabfertigung auf der Ambassador-Brücke wieder aufgenommen worden sei.
Der kanadische Verkehrsminister Omar Alghabra, zeigte sich über die Wiedereröffnung der Brücke erleichtert. Auf Twitter dankte er allen an der Räumungsaktion beteiligten "Regierungsebenen" und Polizisten. Am frühen Montagmorgen schrieb der Minister:
"Großartige Neuigkeiten: Die Ambassador-Brücke ist wieder geöffnet! Vielen Dank an die Strafverfolgungsbehörden und alle Regierungsebenen, die dazu beigetragen haben, dass dies geschehen konnte."
Am 11. Februar hatte ein Gericht in Kanada die Räumung der Brücke angeordnet und die Demonstranten aufgefordert, die Blockade zu beenden. Während einer virtuellen Anhörung verkündete Geoffrey Morawetz, Richter am Obersten Gericht in der kanadischen Provinz Ontario, dass die Räumungsanordnung ab 19:00 Uhr in Kraft treten werde und die Demonstranten die Brücke spätestens zu diesem Zeitpunkt verlassen müssten.
Einige Stunden vor der richterlichen Anordnung war in der Provinz Ontario bereits der Notstand ausgerufen worden. Im Zuge dessen kündigte Doug Ford, der örtliche Ministerpräsident, harte Strafen gegen die Protestler an. Demnach hätten die Blockierer der Ambassador-Brücke mit Geldstrafen von umgerechnet bis zu 70.000 Euro und maximal einem Jahr Gefängnis zu rechnen, sollten sie die Brücke nicht freiwillig räumen. Lastwagenfahrern könne zudem die Fahrlizenz entzogen werden, drohte Ford.
Die Brückenblockade hatte vergangene Woche auch ein Telefonat zwischen US-Präsident Joe Biden und dem kanadischen Premierminister Justin Trudeau zur Folge. Über das Gespräch vermeldete das Weiße Haus, Biden habe den Druck auf seinen kanadischen Amtskollegen erhöht.
Den Angaben zufolge sei der US-Präsident besorgt darüber, dass die Trucker-Proteste und die damit einhergehende Brückenblockade in den USA bereits zu "schwerwiegenden Auswirkungen" bei Unternehmen und Arbeitnehmern geführt hätten. So hätten die Lieferengpässe beispielsweise "Produktionsverlangsamungen, verkürzte Arbeitszeiten und Betriebsschließungen" zur Folge, heißt es in der Meldung des Weißen Hauses. Dem Telefonprotokoll nach habe Trudeau ein rasches Handeln in der Sache versprochen.
Auch in anderen Teilen Kanadas blockieren die Demonstranten aus Protest gegen die Corona-Maßnahmen Grenzübergänge. Durch eine Störung der Lieferketten wollen sie den Druck auf Präsident Trudeau erhöhen. So sind aktuell zwei Übergänge in den Provinzen Alberta und Manitoba geschlossen. Mit Blick auf die Blockaden sagte Trudeau, die Grenzübergänge könnten und würden nicht geschlossen bleiben. Des Weiteren erklärte sein Büro:
"Alle Optionen liegen auf dem Tisch."
Der kanadische Premierminister hatte in der vergangenen Woche mit dem Einsatz des Militärs gedroht, sollten die Proteste in Kanada nicht abflachen. Bislang verzichtete Trudeau allerdings darauf, den Einsatzbefehl zu erteilen.
Die Proteste waren in Folge der von Kanada und den USA ausgerufenen Impfpflicht bei Grenzübertritten ins Rollen gekommen. Bei einer Rückkehr aus den USA müssen ungeimpfte kanadische Lkw-Fahrer den Regelungen zufolge in eine 14-tägige Quarantäne; US-Lkw-Fahrer ohne Impfung dürfen gar nicht in Kanada einreisen.
Die unter dem Begriff "Freedom Convoy" stattfindenden Trucker-Proteste haben inzwischen weltweit Gegner der Corona-Maßnahmen inspiriert. In Frankreich, Neuseeland, Österreich und weiteren Ländern kam es ebenfalls zu sogenannten "Freiheitskonvois". Die Protestbewegung in Kanada kündigte derweil an, ihre Aktionen und den damit einhergehenden Druck auf die Regierung weiter zu intensivieren.
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