Nordamerika

Ein Jahr nach dem "Sturm" auf das Kapitol: Hunderte Gerichtsverfahren gegen Trump-Anhänger

Heute vor einem Jahr hatten Anhänger des damaligen US-Präsidenten Donald Trump das Kapitol in Washington gestürmt, den Sitz von Senat und Abgeordnetenhaus. Der aus dem Ruder gelaufene Protest gegen angebliche Wahlfälschungen zugunsten Joe Bidens hatte keinen Erfolg. Er kostete aber mindestens ein Menschenleben und hat ein juristisches Nachspiel mit drastischen Strafen.
Ein Jahr nach dem "Sturm" auf das Kapitol: Hunderte Gerichtsverfahren gegen Trump-AnhängerQuelle: AFP © Win McNamee / Getty Images North America

Am 6. Januar vor einem Jahr protestierten Tausende Anhänger des damaligen Präsidenten Donald Trump gegen das, was sie als Ergebnis von Wahlfälschungen sahen: Die Wahl von Joe Biden zum 46. Staatschef der Vereinigten Staaten. Senat und Abgeordnetenhaus waren an jenem Tag dabei, die Wahlergebnisse der einzelnen Staaten amtlich festzustellen, und alle Augen richteten sich auf Mike Pence, den Vizepräsidenten, der als Sprecher des Senats die Befugnis hatte, den Ergebnissen zu widersprechen. Das hätte zur Folge, dass die Parlamente der einzelnen Staaten über die Entsendung von Wahlmännern neu zu befinden hätten, was die Mehrheitsverhältnisse in der Wahlversammlung noch zugunsten Trumps hätte kippen können. 

Trumps Anhänger waren für den Tag aufgerufen, sich in den weitläufigen Parkanlagen südlich des Weißen Hauses zu versammeln, auf der "Elipse", einer großen Wiese unmittelbar südlich des Präsidentengartens, auf der Freedom Plaza, einem Platz unmittelbar daneben, und vor dem Denkmal für George Washington. Insgesamt ist dies eine zusammenhängende Fläche von fast einem Quadratkilometer Größe, die schon legendäre Kundgebungen mit Hunderttausenden Teilnehmern gesehen hat. Am 6. Januar 2021 versammeln sich hier in den Morgenstunden mindestens 75.000 Menschen, um den Reden Trumps und dessen Unterstützer zu lauschen. Trump selbst spricht von "Hunderttausenden aus aller Welt". Bis zum Kapitol, wo gerade die Wahlergebnisse eröffnet werden, sind es von hier mehr als zwei Kilometer. 

Als Donald Trump um 12.00 Uhr Ortszeit auf die Bühne tritt, deutet sich an, dass die Republikaner im Abgeordnetenhaus und im Senat nicht nach Trumps Plan handeln. Und auch Trumps Vize Pence fiel ihm in den Rücken und widersprach den Ergebnissen aus den kritischen Staaten nicht. Das veranlasste den Noch-Präsidenten zu einer Tirade: Mehrmals warf er Pence in seiner mehr als einstündigen Rede "Verrat" vor.

Am Schluss der Rede ruft Donald Trump seine Anhänger auf, zum Kapitol, dem Parlamentssitz, zu gehen und dort weiter zu protestieren. Bis zu 15.000 Protestierende folgen diesem Aufruf und treffen kurz vor 14.00 Uhr dort ein. Trump-Unterstützer und Radiomoderator Alex Jones spricht zu ihnen und fordert sie auf, friedlich zu bleiben. Die Mehrheit bleibt es auch, aber an mehreren Stellen kommt es zu ersten Handgemengen Protestierender mit der Polizei. Radiomoderator Michael Brown behauptet fast zeitgleich, dass es sich dabei um verkleidete Aktivisten der Antifa und der BLM-Bewegung handele. 

Zwischen 14.10 Uhr und 14.15 Uhr gelingt es mehreren Dutzend Protestierender an mehreren Stellen in das Gebäude einzudringen. Bis auf einzelne Uniformierte stellt sich ihnen zunächst niemand in den Weg. Auf Videos und Fotoaufnahmen sieht man die zum Teil extravagant gekleideten Männer und Frauen – planlos und sichtbar verblüfft über den unerwarteten leichten Erfolg – durch die Hallen des Kapitols wandeln. Zur gleichen Zeit werden die Senatoren und Abgeordneten über Notausgänge evakuiert. Das geschieht so überhastet, dass sie und sogar die Sprecherin der Abgeordnetenkammer Nancy Pelosi alles stehen und liegen lassen.

Um 14.38 Uhr ruft Donald Trump seine Anhänger per Twitter auf, friedlich zu bleiben und die Sicherheitskräfte zu unterstützen. Nach höchstens drei Stunden ist der Spuk vorbei und das Abgeordnetenhaus nimmt um 18.00 Uhr die Tagung wieder auf. Den Wahlergebnissen zugunsten Joe Bidens widerspricht niemand mehr. 

Um 14.44 Uhr erschoss ein Sicherheitsmitarbeiter die 35-jährige Kriegsveteranin Ashli Babbitt. Ein Video zeigt den Augenblick des tödlichen Schusses. Sie ist das einzige Opfer dieses Tages, bei dem die Todesursache klar ist. Drei weitere Protestierende starben an jenem Tag im Umfeld des Kapitols, die offizielle Todesursache lautet bei ihnen jedoch "Herzinfarkt" oder "Amphetamin-Überdosis". Auf der anderen Seite verstarb am nächsten Tag ein Sicherheitsbeamter an Thrombose, ein Zusammenhang mit am Vortag eingeatmeten Pfeffergasen konnte nicht vollständig ausgeschlossen werden.

Die juristische Aufarbeitung des Vorfalls, der in den Medien schnell als Terroranschlag oder gar Umsturzversuch tituliert wurde, dauert bis heute an. Zwar scheiterte das (nach Amtsende ohnehin zweifelhafte) Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump im Senat, seine Anhänger haben jedoch mit gnadenloser Härte in Hunderten von Strafverfahren zu rechnen.  

Die nicht vorbestrafte Immobilienmaklerin Jenna Ryan, die nichts anderes getan hatte,  als zwei Minuten und acht Sekunden innerhalb des Gebäudes zu verbringen, wurde Mitte Dezember zu zwei Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt.  

Die bislang längste ausgesprochene Gefängnisstrafe für das Betreten des Kapitols beträgt fünf Jahre ohne Bewährung. 

Der mit seiner extravaganten Bekleidung mit Hörnern als Schamane  auf den Aufnahmen des 6. Januar 2021 aufgefallene Jacob Chansley wird 3 Jahre und 5 Monate hinter Gittern verbringen müssen. Er befand sich schon seit Januar 2021 in Untersuchungshaft und äußerte sich enttäuscht darüber, von Trump nicht amnestiert worden zu sein. 

Ein 81-jähriger Armeeveteran ist zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt worden.

Selbst für Facebook-Posts an jenem Tag spricht die amerikanische Justiz verhältnismäßig harte Strafen aus, wenn auch "nur" zu Geldstrafen und gemeinnütziger Arbeit.  

In zahlreichen Strafverfahren vor US-Amerikanischen Gerichten steht das Urteil noch aus. Insgesamt hat die Bundesstaatsanwaltschaft wegen der Ereignisse vor einem Jahr bereits Anklagen gegen 727 Personen erhoben. 

Der Beamte, der Ashli Babbitt erschoss, wurde freigesprochen. 

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