USA: Biden will COVID-19-Auffrischungsimpfung – Gesundheitsbehörden offenbar dagegen

Die US-Regierung behauptet, dass sie "immer der Wissenschaft folgt". Doch als sie sich für eine Auffrischungsimpfung einsetzte, haben die Gesundheitsbehörden dringend gebeten, noch abzuwarten, da deren Wirksamkeit bislang unklar sei. Das europäische ECDC hat eine ähnliche Empfehlung abgegeben.

US-Präsident Joe Biden hat kürzlich Pläne erörtert, nächste Woche neue Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung der sogenannten Delta-Variante zu enthüllen. In einem aktuellen Bericht der New York Times (NYT) wird jedoch behauptet, dass hochrangige Beamte der US-Zentren für Krankheitskontrolle und -prävention (CDC) und der US-Arzneimittelbehörde (FDA) dem Weißen Haus geraten haben, seinen Plan für Auffrischungsimpfungen zurückzufahren.

Nach Angaben der NYT haben diese Beamten den Pandemiekoordinator des Weißen Hauses Jeff Zients um Zeit gebeten, um mehr Daten zu sammeln, um die Wirksamkeit einer dritten COVID-19-Impfdosis zu prüfen – auch bekannt als Auffrischungsimpfung.

Diese neue Entwicklung würden die CDC viel enger an ihr EU-Äquivalent, das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC), angleichen. Laut Reuters sagt das ECDC, es bestehe kein dringender Bedarf für eine COVID-19-Auffrischungsimpfung.

Die Beweise für die Wirksamkeit in der Praxis zeigen, dass alle in der Region zugelassenen Impfstoffe einen hohen Schutz gegen COVID-19-bedingte Krankenhausaufenthalte, schwere Erkrankungen und Todesfälle bieten, so das ECDC. Die Behörde erklärte jedoch, dass zusätzliche Dosen für Menschen in Betracht gezogen werden können, die nur begrenzt auf die Standardimpfung ansprechen, und fügte hinzu, dass diese Impfungen anders als Auffrischungsimpfungen behandelt werden sollten.

Die NYT berichtete, dass Dr. Janet Woodcock, die amtierende Leiterin der FDA, und Dr. Rochelle P. Walensky, die Leiterin der CDC, das Weiße Haus am Donnerstag gewarnt hatten, dass ihre Behörden in den kommenden Wochen entscheiden könnten, ob sie Auffrischungsimpfungen nur für Empfänger des Impfstoffs von Pfizer-BioNTech empfehlen – und möglicherweise zunächst nur für einige von ihnen.

Die beiden Leiter des Gesundheitswesens brachten ihre Argumente bei einem Treffen mit Zients vor. Mehrere Personen, die von der Sitzung erfahren haben, sagten, es sei unklar, wie Zients reagiert hat. Aber er hat seit Monaten darauf bestanden, dass das Weiße Haus immer dem Rat der Regierungswissenschaftler folgen wird, egal wohin dieser führt, so die NYT.

Es wird erwartet, dass die Berater der FDA bei einem Treffen am 17. September zwei Schlüsselfragen erörtern werden, um eine Auffrischungskampagne in diesem Herbst zu erwägen. Erstens: Lässt der Schutz durch die ersten Impfungen nach? Und zweitens: Werden Auffrischungsimpfungen helfen?

Als Antwort auf die Fragen der NYT erklärte das Weiße Haus, dass es lediglich versuche, "der Wissenschaft zu folgen". Doch mit seinem Alleingang hat das Weiße Haus die Autorität der CDC und der FDA bei solchen gesundheitsbezogenen Entscheidungen an sich gerissen, so Reuters. Eine dem FDA-Beratungsgremium nahestehende Quelle, die nicht autorisiert war, offiziell zu sprechen, sagte:

"Die Empfehlung sollte nicht vor den Daten kommen, wie es hier geschehen ist. Und deshalb sind die Leute so aufgebracht."

Biden hatte angekündigt, dass jeder Erwachsene acht Monate nach der zweiten Impfung eine Auffrischungsimpfung erhalten soll, da dies die Pandemie schneller beenden werde. In den letzten Wochen haben sich immer mehr Ärzte gegen Auffrischungsimpfungen ausgesprochen und behauptet, dass es besser wäre, sie Menschen in den Entwicklungsländern zu verabreichen, die noch keine Impfung erhalten haben, um sich vor dem Auftreten einer neuen, tödlicheren und infektiöseren Variante zu schützen.

Wie die Nachrichtenseite Endpoints News berichtet, sind kürzlich hochrangige Beamte der FDA wegen ihrer Meinungsverschiedenheiten über Auffrischungsimpfungen zurückgetreten. Marion Gruber, Direktorin des Büros für Impfstoffforschung und -prüfung (Office of Vaccines Research & Review – OVRR) der FDA und 32 Jahre Veteranin der Behörde, wird Ende Oktober zurücktreten, und der stellvertretende Direktor des OVRR, Phil Krause, der seit mehr als einem Jahrzehnt bei der FDA tätig ist, wird im November gehen.

Laut Endpoints News sagte ein ehemaliger leitender FDA-Mitarbeiter, dass sie die Behörde verlassen, weil sie frustriert sind, dass die CDC und ihr ACIP-Komitee in Entscheidungen involviert sind, die ihrer Meinung nach von der FDA getroffen werden sollten. Der ehemalige FDA-Mitarbeiter sagte auch, er habe gehört, dass sie über CBER-Direktor Peter Marks verärgert seien, weil dieser nicht darauf bestanden habe, dass diese Entscheidungen innerhalb der FDA getroffen werden sollten. Was ihnen schließlich zum Verhängnis wurde, war, dass das Weiße Haus der FDA bei den Auffrischungsimpfungen zuvorkam.

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