Profit über Menschenleben gestellt? Pharmakonzerne wegen Opioidkrise in den USA vor Gericht

Das Unternehmen Johnson & Johnson muss sich neben drei anderen Pharmakonzernen in Kalifornien vor Gericht verantworten. Den vier Firmen wird vorgeworfen, die sogenannte Opioidkrise in den USA durch irreführendes Marketing vorangetrieben zu haben.

Die Pharmakonzerne Johnson & Johnson (J&J), Teva, Endo International und Allergan werden in Kalifornien beschuldigt, die Gefahren der Langzeiteinnahme von Schmerzmitteln verharmlost zu haben, um ihre Profite zu steigern. Zu den Klägern zählen die Bezirke Santa Clara, Los Angeles, Orange und die Stadt Oakland. Dort leben zusammengenommen rund 40 Prozent der Bevölkerung des US-Bundesstaates. Hintergrund ist die sogenannte Opioidkrise in den USA. Zwischen 1999 und 2019 starben dort fast 500.000 Menschen an Überdosen verschreibungspflichtiger oder illegaler Schmerzmittel – allein im Jahr 2019 waren es rund 50.000 Todesopfer.

US-Pharmaunternehmen verzeichnen jährlich Miliardengewinne mit Schmerzmitteln. J&J, derzeit einer der führenden Hersteller von COVID-19-Impfstoffen, war bereits in den 1970er Jahren in Verruf geraten. Der Konzern soll damals Asbest in ein Babypuder-Produkt gemischt haben, was noch Jahrzehnte danach zu Krebserkrankungen geführt haben soll.

In Sachen Opioidkrise erging bereits 2019 ein Urteil gegen J&J im US-Bundesstaat Oklahoma. Das Unternehmen sollte 465 Millionen US-Dollar Schadensersatz wegen irreführenden Schmerzmittel-Marketings zahlen. J&J kündigte daraufhin an, Berufung gegen die Entscheidung einlegen zu wollen.

In dem aktuellen Verfahren in Kalifornien geht es ebenfalls um Schadensersatz und um die Erzwingung einer Änderung bei der Vermarktung von Schmerzmitteln. James Williams, der Anwalt des Bezirks Santa Clara in dem aktuellen Verfahren in Kalifornienerklärte: 

"Die Angeklagten haben den Profit über das Leben gestellt und die Öffentlichkeit über die wirklichen Gefahren von Opiaten getäuscht."

Sollten die Konzerne schuldig gesprochen werden, würden insgesamt 50 Milliarden US-Dollar an Strafgeldern drohen. Die Unternehmen weisen jedoch jede Schuld von sich und argumentieren, sie hätten sich an die Leitlinien zur Vermarktung von Medikamenten der US-Behörde für Lebensmittel und Medikamente gehalten. Es sei nicht möglich, nachzuweisen, dass ihr Marketing die Krise befördert habe.

Mehr zum Thema - Vermarkten um jeden Preis: McKinsey bezahlt für die Befeuerung der Opioid-Krise