Geht es um die geopolitischen Energieinteressen der Vereinigten Staaten, passt kaum ein Blatt Papier zwischen die neue Biden-Administration und der von Vorgänger Donald Trump. Dies lässt sich vor allem an der Erdgaspipeline Nord Stream 2 nachvollziehen.
Seit Jahren gilt Washington als vehementer Kritiker des Projektes. Dabei gibt man vor, die Interessen der EU zu vertreten. Denn es sei zu befürchten, dass die involvierten Regierungen sich blauäugig in zu große Abhängigkeit des gemeinsamen mutmaßlichen Erzrivalen Russland begeben. Das widerspreche wiederum nicht nur den nationalen US-Interessen, sondern auch denen der "europäischen Partner".
Auch unter Biden wächst der Druck auf die Verbündeten und Partner daher unvermindert weiter. Wie berichtet wird, lässt die US-Regierung nun Informationen über Unternehmen auswerten, die am Vorhaben beteiligt sind. Dies geht aus jüngsten Aussagen von US-Außenminister Antony Blinken hervor.
"Jedes Unternehmen, das an der Nord-Stream-2-Pipeline beteiligt ist, riskiert US-Sanktionen und sollte die Arbeit an der Pipeline sofort einstellen."
Blinken fügte hinzu, dass sich auch die Biden-Administration verpflichtet fühle, die 2019 und 2020 eingeführten Sanktionen in Bezug auf die Pipeline einzuhalten.
Nicht ungewöhnlich für Belange der "nationalen Sicherheit" sind US-Demokraten und Republikaner im Widerstand gegen Nord Stream 2 vereint. Ausdruck fand dies nun in einer wohlwollenden Geste des republikanischen US-Senators Ted Cruz. Dieser gilt als einer der schärfsten Kritiker des Pipelineprojektes. Kurz nach Blinkens Aussage zog Cruz sein Veto gegenüber zwei Wunschkandidaten von US-Präsident Biden zurück, darunter William Burns für den Posten als Direktor der Central Intelligence Agency (CIA).
Der texanische Senator ergänzte, dass er seinen Widerstand gegen die zweite Nominierung Bidens, die Diplomatin Wendy Sherman, aufrechterhalten werde, bis die Regierung auch Schiffe und weitere am Projekt beteiligte Unternehmen vollumfänglich sanktioniere.
Nicht nur für den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump handelt es sich bei der Verlegung der Gaspipeline um einen "schlechten Deal". Gleicher Ansicht ist nach Aussage Blinkens auch Trumps Nachfolger Biden.
Das in diesem Jahr in Kraft getretene US-Sanktionsregime sieht Strafmaßnahmen für Unternehmen vor, die an der Verlegung der Pipeline beteiligt sind oder Versicherungen bzw. Zertifizierungen für den Bau anbieten. Fast 20 Unternehmen, zumeist Versicherungsfirmen, sind infolge von Sanktionsandrohungen bereits aus dem Projekt ausgestiegen.
Die Regierung Biden erwägt zusätzliche Sanktionen, um den Bau der fast fertiggestellten Pipeline auf den letzten Metern doch noch zu verhindern. Demzufolge erwägt man nun, auch gegen die Muttergesellschaft des Projektes, die Nord Stream 2 AG vorzugehen.
Am Dienstag wiederholte US-Außenminister Blinken die Position seiner Regierung, wonach die Verlegung der Nord-Stream-2-Pipeline von Russland nach Deutschland den eigenen Interessen der Europäischen Union, aber auch der Ukraine untergrabe. Bei seinem ersten Europabesuch als neuer US-Außenminister erklärte Blinken in Brüssel, er werde sich mit seinem deutschen Amtskollegen am Rande der NATO-Tagung treffen, um das Thema zu besprechen.
Mit ihren beiden rund 1.230 Kilometer langen Leitungssträngen gilt Nord Stream 2 als bereits zu 90 Prozent fertiggestellt.
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