Abschied von "Mutter" und "Vater"– US-Kongress soll nun geschlechtsneutral kommunizieren
Seit Jahren gehören Fragen der sogenannten Inklusion und Vielfalt zu den wichtigsten Themen der Demokratischen Partei der USA. Nun wollen die führenden Köpfe der Partei eine Vorbildfunktion übernehmen und die Inklusion in der eigenen Sprachpraxis verankern. In der neuen Zusammensetzung haben die Demokraten die bislang höchste Zahl von LGBT+-Unterstützern im Kongress erreicht.
Diese Tatsache schlägt sich nun in einer Reform für Sprachregelungen nieder. Der Vorsitzende des Ausschusses für Geschäftsordnung, James McGovern von den Demokraten, und seine Parteikollegin Nancy Pelosi, die Sprecherin des Repräsentantenhauses, stellten am Freitag ein weitreichendes Paket "ethischer Reformen" vor.
Diese sollen "alle geschlechtlichen Identitäten anerkennen, indem Pronomen und familiäre Beziehungen in den Regeln des Repräsentantenhauses geschlechtsneutral formuliert werden". Es soll sichergestellt werden, dass wir "alle Mitglieder, Delegierten, ansässigen Kommissare und ihre Familien einschließen – einschließlich derer, die nicht binär sind".
Allerdings gibt es nach Angaben der parlamentsnahen Zeitung The Hill gar keine nicht-binären Vertreter im Repräsentantenhaus oder im Senat, und der erste offen nicht-binäre Abgeordnete der Nation wurde erst Ende letzten Jahres gewählt.
Dennoch sollen die Änderungen für den neuen Verhaltenskodex des Kongresses gelten. Dieser wird bei jeder neuen Zusammensetzung des US-Kongresses etwa alle zwei Jahre neu angepasst. Ein separates Dokument der Reformer legt im Detail dar, welche Begriffe aus dem offiziellen Verhaltenskodex des Hauses gestrichen werden sollen:
"Dazu gehören 'Vater, Mutter, Sohn, Tochter, Bruder, Schwester, Onkel, Tante, Cousin ersten Grades, Neffe, Nichte, Ehemann, Ehefrau, Schwiegervater, Schwiegermutter, Schwiegersohn, Schwiegertochter, Schwager, Schwägerin, Stiefvater, Stiefmutter, Stiefsohn, Stieftochter, Stiefbruder, Stiefschwester, Halbbruder, Halbschwester, Enkel, [und] Enkelin'."
Diese Begriffe würden durch "Elternteil, Kind, Geschwister, Geschwister des Elternteils, Cousin ersten Grades, Kind des Geschwisters, Ehepartner, Schwiegereltern, Schwiegerkind, Schwiegergeschwister, Stiefelternteil, Stiefkind, Stiefgeschwister, Halbgeschwister, [und] Enkelkind" ersetzt werden.
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Es sollen Hinweise auf das Geschlecht auch aus den Worten "Seemann" (Englisch "seaman") und "Vorsitzender" ("Chairman") entfernt und durch "seafarers" und "Chair" ersetzt werden – nur um einige andere Vorschläge zu nennen.
Pelosi und McGovern lobten das Gesamtpaket, weil es "umfassende Ethikreformen einschließt, die Rechenschaftspflicht gegenüber dem amerikanischen Volk erhöht und dieses Repräsentantenhaus zum integrativsten in der Geschichte macht."
"Diese zukunftsorientierten Vorschläge spiegeln unsere Prioritäten als Ausschuss (engl. Caucus) und als Land wider – einschließlich der Bekämpfung des Coronavirus, der wirtschaftlichen Ungleichheit, der Bekämpfung der Klimakrise, der Förderung der Inklusion und der Förderung der Integrität in der Regierung", sagte Pelosi in einer Erklärung.
Da die Demokraten nun mit 222 Mitgliedern wieder eine knappe Mehrheit im Repräsentantenhaus besitzen, gibt es wenig Zweifel, dass die vorgeschlagene Sprachreform als Teil des neuen Verhaltenskodex beschlossen wird. Genauso wenig Zweifel gibt es auch daran, dass zumindest ein Teil der Republikaner die neuen Regelungen ignorieren wird. Mehrere empörte und spöttische Kommentare aus dem konservativen Lager der Republikanischen Partei, die der Ankündigung folgten, bestätigen das.
"Die Demokraten verbieten 'geschlechtsspezifische' Pronomen aus den Regeln des Repräsentantenhauses. (...) Da ist was außer Kontrolle geraten. Können wir ein Amen bekommen?", witzelte der Abgeordnete Jim Jordan, ein Republikaner aus Ohio, und bezog sich dabei auf einen Demokraten, der das Eröffnungsgebet des Kongresses einen Tag zuvor mit "A-men und A-women" beendet hatte.
Auch der republikanische Abgeordnete Guy Reschenthaler nahm Bezug auf das Gebet. "Das Gebet zur Eröffnung des 117. Kongresses endete mit "amen und a-women". Amen ist Lateinisch für "So sei es." Es ist kein geschlechtsspezifisches Wort. Leider sind Fakten für Progressive irrelevant. Unglaublich", schrieb er auf Twitter.
The prayer to open the 117th Congress ended with "amen and a-women." Amen is Latin for "so be it." It's not a gendered word.Unfortunately, facts are irrelevant to progressives. Unbelievable. pic.twitter.com/FvZ0lLMDDr
— Rep. Guy Reschenthaler (@GReschenthaler) January 3, 2021
Auch der Abgeordnete aus Kalifornien und bekennende Trump-Unterstützer Kevin McCarthy ist zum entschlossenen Gegner der Sprachreform avanciert. Beim Sender Fox News kritisierte er die Sprachregeln als volksfern und radikal.
Democrats:- Won't let you say "amen" in a prayer- Won't let you say "gendered" words like "father" and "mother"- Won't let dissenting voices be heard in the halls of Congress pic.twitter.com/kGD0wlqIpz
— Kevin McCarthy (@GOPLeader) January 4, 2021
Der Ökonom und Publizist Paul Craig Roberts nannte die Reform eine "Zerstörung von Sprache und Bedeutung im Namen einer winzigen Minderheit". "Nicht zu wissen, wer wer ist oder ob wir eine Person oder ein unbelebtes Objekt ansprechen – sagen die Demokraten – mache uns inklusiver. Wenn die Republikaner dafür stimmen, haben wir mehr als nur eine politische Partei, die ausgelöscht werden muss", schrieb er in einem polemischen Artikel.
Manche der heutigen Äußerungen dieses einstigen Autors des wirtschaftspolitischen Programms der Reagan-Regierung (Reaganomics) gelten als radikal. Aber auch er steht mit seiner Ablehnung einer radikalen Sprachreform in einem gespaltenen Land sicherlich nicht allein.
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