Nordamerika

Mordanschlag auf US-Richterfamilie: Verbindungen zu Epstein und Deutscher Bank?

Der Mann, der verdächtigt wird, den Sohn von Richterin Esther Salas erschossen und ihren Ehemann verwundet zu haben, wird als frauenfeindlicher Antifeminist dargestellt. Die Situation ist aber komplexer. Es gibt Verbindungen zum Fall der Deutschen Bank, den Salas übernommen hatte.
Mordanschlag auf US-Richterfamilie: Verbindungen zu Epstein und Deutscher Bank?© Den Hollander; Esther Salas; Jeffrey Epstein. © RoyDenHollander.com; Rutgers University; Reuters / Handout

Rechtsanwalt Roy Den Hollander wurde mit einer angeblich selbst zugefügten Schusswunde in einem Auto in New York tot aufgefunden. Er wird von den Behörden als Hauptverdächtiger im Fall der Ermordung des Sohnes und der Schüsse auf den Ehemann von Esther Salas in deren Haus in New Jersey am Sonntag angesehen.

Ob er tatsächlich der Schütze war, ist bislang unklar. Als er tot in seinem Auto aufgefunden wurde, trug Hollander wie auch der Täter eine FedEx-Uniform. Ein weiteres Indiz ist ein im Auto gefundenes Paket, das an die Richterin adressiert war. Ein mögliches Motiv für die Bluttat ist weiter unklar. Hollander bezeichnete sich auf seiner Webseite als Spezialist für "antifeministische Rechtsstreitigkeiten, Nachforschungen und Beratung in allgemeinen Firmenangelegenheiten".

Laut Medienberichten wurde die Richterin Salas, die Hollander einst als "faule und inkompetente, von Obama ernannte Latina-Richterin" beschimpfte, so sehr von ihm gehasst, dass er jetzt – erst fünf Jahre später – versuchte, ihre Familie zu töten. Zwar verlief für ihn im Jahr 2015 ein unter dem Vorsitz von Salas geführtes Verfahren tatsächlich nicht gut (für ihn). Dieses "Motiv" erklärt aber nicht, warum er "nur" ihre männlichen Verwandten erschießen wollte, ohne zu versuchen, sie selbst zu töten. Aus welchem Motiv der Anwalt am Ende Selbstmord beging, bleibt ebenfalls unklar.

Die Beleidigungen, die an Salas gerichtet waren, sind durchaus hart, aber sie stammen aus einem von ihm selbst veröffentlichten Manuskript, das von Frauenfeindlichkeit geprägt ist und sich gegen diverse Frauen richtet, vor allem gegen seine russische Ex-Frau, die er als "russische Mafia-Schlampe", "Prostituierte" und "Stripperin, Callgirl, Zuhälterin, Geldwäscherin und Drogenschmugglerin für die russische Mafia" bezeichnet. Auch seine Mutter kommt dabei nicht gut weg. Ihr widmete er ein Buch in der Hoffnung, dass sie "in der Hölle brennen wird".

Was Salas betrifft, so landete Roy Den Hollander einst vor ihrem Gericht mit einer Klage gegen die nur für Männer geltende Wehrpflicht in der US-Armee. Seinem Buch zufolge wollte der Anwalt damals "die Richterin um ein Date bitten, dachte aber, sie könnte ihn wegen Missachtung des Gerichts belangen". Er missbilligte ihre Behandlung des Falles, ging aber bald zu größeren Prozessen über und verklagte mehrere Nachrichtenreporter, darunter Chuck Todd und Katy Tur von NBC und David Brooks von der New York Times wegen Veröffentlichung "gefälschter Nachrichten" über Donald Trump als den damaligen Kandidaten für das Amt des US-Präsidenten.

In der Medienberichterstattung über die Vergangenheit Den Hollanders wird die Tätigkeit des Anwalts bei Kroll Associates, einer dubiosen Firma mit Verbindungen zum US-amerikanischen und israelischen Geheimdienst, nicht erwähnt. Informell bekannt als die "private CIA", waren in den Reihen von Kroll zahlreiche ehemalige Agenten von CIA, FBI, Mossad und MI6 tätig. Ein Mitglied der Bush-Familie saß in ihrem Beirat, bevor dieser im Jahr 1991 aufgelöst wurde. Selbst der damalige Gouverneur im US-Bundesstaat Arkansas, Bill Clinton, engagierte die Firma während seines ersten Präsidentschaftswahlkampfes. Offiziell arbeitete Den Hollander in den Jahren 1999 bis 2000 für Kroll. Da das Unternehmen aber schon zuvor eng mit Anwälten zusammenarbeitete, könnte auch seine Geschäftsbeziehung zu Kroll schon länger bestehen.

Angesichts der Tatsache, dass Richterin Salas vor weniger als einer Woche, ehe ihr Sohn und ihr Ehemann erschossen wurden, von Investoren der Deutschen Bank mit einer Klage gegen die Firma beauftragt wurde, sind auch Krolls Verbindungen zu dieser Bank bemerkenswert. Dennoch gibt es sogar in den Medien bisher keinerlei Spekulationen über die Motive von Den Hollander.

In der Klage, die Salas jetzt am Gericht behandeln soll, wurde der Bank vorgeworfen, es versäumt zu haben, riskante Kunden hinreichend zu überprüfen – wie Jeffrey Epstein, den berüchtigten und inzwischen ebenfalls verstorbenen Pädophilen, der verdächtigt wurde, seine eigenen recht umfangreichen Verbindungen zum israelischen und US-amerikanischen Geheimdienst zu haben,.

Nach seinem Ausscheiden bei Kroll Associates im Jahr 2008 gründete Jules Kroll die Kroll Bond Rating Agency, eine Kreditratingagentur, die für hochrangige Mitarbeiter der Deutschen Bank so zu einer zweiten Heimat geworden war und von denen sie über ein halbes Dutzend Mitarbeiter auf Geschäftsleitungsebene und darüber hinaus beschäftigte. Diese "Drehtür"-Beziehung sorgte dafür, dass die KBRA lautstark in der Presse die Deutsche Bank gegen Vorwürfe von Fehlverhalten verteidigte – egal, wie fundiert solche auch waren.

Laut Vanity Fair wurde Jules Kroll bereits vom Vater der jetzt im Epstein-Fall inhaftierten Ghislaine Maxwell, dem Medienguru und israelischen Spion Robert Maxwell angeheuert, um "Leute zu identifizieren, die hinter ihm her sind, sein Imperium vernichten wollen, ihm finanziellen Schaden zuzufügen und sein Leben sowie sein Geschäft auf jede erdenkliche Weise zu zerstören". Robert Maxwell starb unter mysteriösen Umständen, trotz erheblicher gegenteiliger Indizien offiziell als Selbstmord erklärt,  noch bevor er das "Memorandum über Verdachtsmomente und unerklärliche Ereignisse" zusammenstellen konnte, das er Kroll schicken wollte, so behauptet es das Magazin.

Wenn der offensichtliche Mordanschlag auf Salas und ihre Familie tatsächlich mit dem Fall der Deutschen Bank in Verbindung steht, würde das Spekulationen Nahrung geben, ob Hollander tatsächlich Selbstmord beging. Immerhin sind auch die Umstände des Ablebens von Epstein in einem New Yorker Gefängnis höchst verdächtig, das in jenem entscheidenden Zeitfenster stattfand, in dem seine Bewachung zufällig schlief und die Überwachungskameras in dem Stockwerk, in dem er untergebracht war, nicht funktioniert haben sollen.

Thomas Bowers, in den Jahren von 2012 bis 2015 Leiter der Abteilung für Privatvermögen-Management, wurde vor dem Erntedankfest in seinem New Yorker Haus an einem Seil hängend entdeckt, gerade als FBI-Agenten hofften, ihn zu den von ihm genehmigten Darlehen an Epstein und seine verschiedenen Briefkastenfirmen befragen zu können. Bowers soll auch Epsteins Privatinsel besucht und an Veranstaltungen in dessen New Yorker Wohnung teilgenommen haben.

Die Bundesbehörden erklärten auch den Tod von Den Hollander rasch zum Selbstmord und ließen an die Presse durchsickern, er habe sich erschossen – noch bevor sein Name überhaupt offiziell bekannt war und unmittelbar nachdem sie den Anwalt mit einer Schussverletzung tot aufgefunden hatten. Da in den Kreisen, in denen sich Epstein bewegte, schmutzige Spiel eher die Regel als die Ausnahme sind, scheinen die tödlichen Schüsse im Haus von US-Bundesrichterin Salas mindestens einer weiteren Untersuchung würdig zu sein.

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