Nordamerika

Russische "Kopfgeld-Affäre": Willkommene Wahlkampfmunition für Joe Biden

Russland habe afghanischen Extremisten "Kopfgelder" für die Tötung von US-Soldaten angeboten, behaupteten jüngst die New York Times. Für den designierten US-Präsidentschaftskandidaten Joe Biden eine willkommene Wahlkampfhilfe. Ex-Sicherheitsberater Bolton forderte derweil neue Sanktionen gegen Russland.
Russische "Kopfgeld-Affäre":  Willkommene Wahlkampfmunition für Joe BidenQuelle: Reuters © Kevin Lamarque

von Kani Tuyala

Seit Tagen beherrschen die jüngsten Artikel der New York Times zu vermeintlichen russischen Kopfgeldern für getötete Soldaten der US-Koalition in Afghanistan das politische Washington. Und längst wird die "Kopfgeld-Affäre" auch wohlwollend in Deutschland weitergesponnen.

Wie seither nicht mehr nur Times-Journalisten mit Verweis auf anonyme Quellen berichten, sei Trump bereits im Februar 2019 von den US-Geheimdiensten über die vermeintlichen Vorgänge informiert worden. Vorgänge die, wie die Washington Post berichtet, etliche US-Todesopfer gefordert haben "sollen".

Russische Kopfgelder, die mit den Taliban verbundenen Kämpfern angeboten wurden, um Koalitionskräfte in Afghanistan zu töten, sollen laut Geheimdienstinformationen, die bei Verhören von gefangenen Kämpfern durch das US-Militär in den letzten Monaten gesammelt wurden, zum Tod mehrerer Mitglieder der US-Streitkräfte geführt haben", heißt es in dem Artikel.

Trumps ehemaliger Sicherheitsberater, außenpolitischer "Falke" und Buchautor, John Bolton, sprang auf den rollenden Zug auf, um erneut gegen Trump auszuteilen und neue Sanktionen gegen Russland zu fordern.

Wenn die Berichte wahr sind, dass Russland den Taliban-Kräften Kopfgeldzahlungen für die Tötung von Amerikanern in Afghanistan angeboten hat, kommt das einem direkten Angriff auf die Amerikaner gleich. Zumindest müssen wir starke Wirtschaftssanktionen als Teil einer umfassenden Reaktion in Betracht ziehen", so Bolton auf Twitter.

Auch US-Präsidentschaftsbewerber Joe Biden hätte sich neue Sanktionen gegen Russland gewünscht und bemüht das "Völkerrecht". Russland wieder an den exklusiven Tisch der G7 zu laden, sei ebenfalls ganz offensichtlich ein vollkommen abwegiges Ansinnen Trumps - der ja ohnehin bekanntlich eine "Marionette Putins" ist.

Nicht nur, dass er es versäumt hat, Russland wegen dieser ungeheuerlichen Verletzung des Völkerrechts zu sanktionieren oder ihm irgendwelche Konsequenzen aufzuerlegen, Donald Trump hat auch seine peinliche Kampagne der Ehrerbietung und Erniedrigung vor Wladimir Putin fortgesetzt. Diese Informationen liegen der Times zufolge vor. Dennoch bot er an, Putin in den Vereinigten Staaten zu empfangen, und versuchte, Russland zum Wiedereintritt in die G7 einzuladen", so Biden.

Wohl kaum eine Räuberpistole ist mehr dazu angetan, das antirussische-Narrativ in Washington so passgenau zu bedienen, wie die Räuberpistole aus dem Hause New York Times.

Dass nicht nur Trump, sondern auch der Kreml und die Taliban die jeweiligen Vorwürfe zurückweisen, tut der Popularität der Behauptungen natürlich keinerlei Abbruch. Im Gegenteil: Die Beweispflicht wird offensichtlich umgekehrt und es ist unmöglich für Trump, seine Unschuld zu beweisen. Zu willkommen sind außerdem die Anschuldigungen der New York Times für die Kontrahenten Trumps und die Gegner eines US-Abzugs aus Afghanistan, als dass man sich vom Fehlen jeglicher handfester Beweise irritieren lassen würde.

Einer der Ersten, der die Steilvorlage dankend annahm, ist der designierte demokratische US-Präsidentschaftsbewerber Joe Biden. Nicht nur in der Corona-Krise habe Trump versagt. Wie Biden am Dienstag in Wilmington im US-Bundesstaat Delaware erklärte, habe Trump zudem seine Pflicht nicht erfüllt, US-Soldaten vor dem Treiben der russischen Regierung zu schützen.

Das Trump behauptet, nicht von den US-Nachrichtendiensten über das angebliche russische Kopfgeld-System informiert worden zu sein, weil die Geheimdienstler die Informationen als "nicht konsistent" eingestuft hätten, will Biden bei dieser Gelegenheit ebenfalls nicht gelten lassen.

Der Gedanke, dass er es irgendwie nicht wusste oder nicht informiert wurde, ist eine Pflichtverletzung, wenn das der Fall ist. Und wenn er informiert wurde und nichts dagegen unternommen wurde, dann ist das (ebenfalls) eine Pflichtverletzung", erklärte Biden.

Im gleichen Atemzug spannte der ehemalige Vizepräsident seine Frau Jill ein. Diese sei "schockiert" über den Gedanken gewesen, dass auf den verstorbenen gemeinsamen Sohn Beau womöglich ein russisches Kopfgeld ausgesetzt war, während er Dienst in Afghanistan tat.

Es ist eine absolute Pflichtverletzung, wenn auch nur annähernd etwas davon wahr ist", wiederholte Biden mit dem Verweis auf seine Gattin.

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Etliche Beobachter und auch US-Präsident Trump hatten Biden in den vergangenen Wochen die "geistige Fitness" für das US-Präsidentenamt abgesprochen. Jetzt nutzte der ehemalige US-Vize-Präsident die unbewiesenen Anschuldigungen gegen Trump für eine Retourkutsche.

Er spricht über kognitive Fähigkeiten. Er scheint sich kognitiv nicht bewusst zu sein, was vor sich geht. Entweder er liest und/oder lässt sich über wichtige Themen informieren – und vergisst es dann – oder er glaubt nicht, dass es notwendig ist, dass er es wissen muss", war sich Biden auf der Wahlkampfveranstaltung sicher.

Im Februar traf die Trump-Administration mit den Taliban eine Vereinbarung zur Reduzierung der US-Truppenpräsenz. Man vereinbarte einen (brüchigen) Waffenstillstand mit dem Ziel, sich in 14 Monaten vollständig aus Afghanistan zurückzuziehen. Aufgrund der jüngsten "Enthüllungen" ist es fraglich, ob dieser Weg fortgeführt werden kann. 

Völlig unklar und offensichtlich von keinerlei journalistischem Interesse ist bislang zudem, welches taktische Kalkül die russische Regierung dazu getrieben haben soll, Kopfgeld für den Tod einiger US-Soldaten in Afghanistan zu zahlen. Doch zur Not ging es "Putin" wohl einfach mal wieder darum, der Welt seine irrationale "Boshaftigkeit" zu demonstrieren und sich dafür am Ende wieder an den US-Pranger stellen zu lassen.

In der Zwischenzeit meldeten sich auch die Mütter zweier US-Soldaten zu Wort. Ihre Söhne wurden beim Einsatz in Afghanistan vergangenes Jahr getötet. Eingenommen von der Kopfgeld-Erzählung fordern sie nun "eine gründliche Untersuchung" der Vorgänge. Dass die USA seit knapp zwanzig Jahren in Afghanistan einen sinnlosen Krieg führen und daher ohne Frage primär für den Tod unzähliger Söhne verantwortlich sind, spielt keinerlei Rolle mehr.

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