Eine historische Parallelität? Afghanistan und der Deal zwischen Trump und den Taliban
von Arkadi Shtaev
Der Krieg der westlichen Militärmacht in Afghanistan dauert nun schon 18 Jahre an - ganze 18 Jahre, also dreimal so lang wie der Zweite Weltkrieg. Mit dem Unterschied, dass die USA am Hindukusch nicht gewinnen. Diese Niederlage in Afghanistan reiht sich in eine Folge militärischer Niederlagen Washingtons ein.
Denn seit dem Triumph der Alliierten über Nazi-Deutschland und Japan im Zweiten Weltkrieg wurde kein einziger Krieg mehr nachhaltig gewonnen. Wenn man von den konventionellen Großeinsätzen in Korea und Vietnam absieht, so gab es nirgendwo, nicht einmal bei den belanglosen Scharmützeln in Somalia, beim Einsatz der Contras in Nicaragua, vom Debakel Kennedys in der kubanischen Schweinebucht ganz abgesehen, einen Sieg zu vermelden.
Im Südlibanon, im Irak, in Afghanistan hat sich längst bestätigt, dass die konventionelle Kriegsführung der NATO-Stäbe, aber auch Israels und einst die der Sowjetunion, mit der Abnutzungsstrategie, die den Kern des asymmetrischen Krieges bildet, nicht zurechtkommt. Die ungeheuerliche Durchschlagskraft neuer Monsterbomben, inklusive der "bunker buster", hat sich diesbezüglich als untauglich erwiesen.
Der Afghanistan-Feldzug von 2001 war von Anfang falsch konzipiert und vollzog sich ohne jede strategische Grundlage. Die Behauptung, die Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA wurden in den Höhlen am Hindukusch ausgeheckt, hat sich längst als gegenstandslos erwiesen.
Die meisten der Täter von 9/11 hatten die saudische Staatsbürgerschaft und das Attentat wurde in Saudi-Arabien konzipiert. Zwar nicht von der saudischen Regierung, doch gedeckt von dortigen einflussreichen Kreisen. Das wurde auch schnell ermittelt. Statt aber den engen Verbündeten Saudi-Arabien unter Druck zu setzen, wurde Afghanistan als Kriegsziel ausgewählt, obwohl bis heute kein einziger Afghane als Täter oder Mittäter von 9/11 ermittelt werden konnte.
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Krieg gibt es in Afghanistan schon seit 1979. Der Krieg des Westens dort kostete mehr als eine Billion US-Dollar. 150.000 Afghanen verloren seitdem ihr Leben, ebenso 2.400 US-Soldaten – soweit die offiziellen Zahlen.
US-Präsident Donald Trump ist darum bemüht, seinen Deal mit den Taliban als großen außenpolitischen Erfolg zu deklarieren. Dabei ist dieser das Eingeständnis einer Niederlage. Die USA traten diesen Krieg im Jahr 2002 im Rahmen des sogenannten "War on Terror" an, um die Taliban zu vernichten. Das ist offensichtlich nach knapp zwei Jahrzehnten nicht gelungen, denn mit einem besiegten, vernichteten Gegner verhandelt man nicht.
Afghanistan zu erobern ist leicht, es zu beherrschen unmöglich
Afghanistan zu erobern scheint leicht, es zu beherrschen unmöglich. Im Westen wurden 2002 die Erfahrungen Moskaus ignoriert oder abgetan. Inzwischen hat das westliche Militärbündnis die gleichen Erfahrungen machen müssen.
Vor 31 Jahren, am 15. Februar 1989, vollzog sich der sowjetische Rückzug aus Afghanistan. Zehn Jahre zuvor, als die UdSSR noch eine Supermacht war, begann die Intervention der Sowjetarmee im südlichen Nachbarland. Eine Dekade später lag das kommunistische Weltreich darnieder. Es hatten sich Risse im Roten Imperium gebildet. Nach zehnjähriger Intervention, an der zu Spitzenzeiten bis zu 130.00 Sowjetsoldaten mitsamt einem Aufgebot von Hunderten, vielleicht Tausenden von Panzern beteiligt gewesen sind, war es dem Zermürbungskrieg der Mudschahedin erlegen.
In Moskau hoffte man damals, einem Übergreifen des islamischen Flächenbrandes auf das eigene Territorium beziehungsweise auf die eigenen muslimischen Ethnien durch diesen Rückzug entgegenwirken zu können. Das Gegenteil war der Fall. Vom Nordkaukasus bis nach Zentralasien kam es, trotz jahrzehntelanger atheistischer Indoktrination und kommunistischer Propaganda, zu einer "Wiedergeburt des Islams", die den Niedergang der UdSSR beschleunigte.
Nach der Einnahme Kabuls durch die Steinzeit-Islamisten der Taliban im Jahr 1996, fiel Mohammed Nadschibullāh, Präsident des Landes zwischen 1987 und 1992 und auch bekannt als "Stalin von Afghanistan", einer blutigen Abrechnung zum Opfer. Wie ein Stück Vieh ließen die Taliban seinen Leichnam durch die Straßen von Kabul schleifen. Zu dieser Zeit führten die USA rege Verhandlungen mit den Taliban.
Den Strategen in Washington sollte es zumindest zu denken geben, dass sich der Niedergang der Sowjetunion mit dem Rückzug aus Afghanistan beschleunigte, den die USA jetzt anstreben.
Friedhof der Imperien
In diesem Zusammenhang darf nicht unerwähnt bleiben, dass Afghanistan schon seit den Zeiten Alexanders des Großen als "Friedhof der Imperien" bekannt ist. Eine Weisheit, die sogar das britische Imperium im 19. Jahrhundert erleben musste, also zu einem Zeitpunkt, als britische Seeleute mit dem Ausspruch zitiert wurden "Taste salty – must be british" ("Schmeckt salzig - muss also britisch sein"), wenn sie ihre Finger in den Ozean tauchten.
Gewiss, das Desaster von 1842, als die aus Kabul ausbrechende Garnison Ihrer Majestät mitsamt Familien und Hilfskräften in den Schluchten des Hindukusch durch Stammesangehörige massakriert wurde, gehört einer anderen Epoche an. Aber wie heiß es doch so treffend: "Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht begreifen und die Zukunft nicht meistern." Das damalige Ereignis war immerhin so sensationell, dass Theodor Fontane dem einzigen Überlebenden, einem Militärarzt, der bis Dschalalabad gelangte, eine Ballade widmete: "Mit dreizehntausend der Zug begann, Einer kam heim aus Afghanistan."
Die Frage, ob die USA zur Stunde dem unerbittlichen Aufstieg und Fall ausgesetzt sind, der das Schicksal großer Imperien markiert, ja ob dieser durch den angestrebten Rückzug aus Afghanistan gerade eine Beschleunigung erfährt, wird uns die Geschichte beantworten. Schon in absehbarer Zukunft.
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