Meinung

Die iranischen Volksmudschahedin – Washingtons schmutzige Verbündete

Mit der Unterstützung der iranischen Volksmudschahedin unterstreicht Washington seine Regime-Change-Ambitionen gegenüber der Islamischen Republik. Die Protegierung dieser ehemaligen Terrorbande, die sich inzwischen zu einer totalitären Politsekte entwickelt hat, ist jedoch ein gefährlicher Irrweg.
Die iranischen Volksmudschahedin – Washingtons schmutzige Verbündete© Zakaria Abbedelkafi/AFP

von Arkadi Shtaev

Mitte der 1960er-Jahre von Studenten der Universität Teheran gegründet, entwickelten sich die Volksmudschahedin (MEK – Mojahedin-e-Khalq) zu einer Art Stadtguerilla, deren Ideologie eine krude Mischung aus vulgär-marxistischen Elementen und Versatzstücken der schiitischen Religionslehre beinhaltete. Das Schah-Regime ging konsequent gegen die Gruppierung und ihre Rädelsführer vor, allerdings gelang es den damaligen Machthabern nicht, die Volksmudschahedin bis zur Revolution von 1979 zu eliminieren. Unter ihrem Anführer Masud Radschawi entwickelte sich die Organisation zu einer schlagkräftigen Gruppe, die in dem Sturz des Schah-Regimes eine wichtige Rolle spielte.

Zu Beginn der Revolution agierte die MEK als Unterstützer der Islamischen Republik und deren Protagonisten. Zum Zerwürfnis kam es, als es der MEK nicht gelang, den als links geltenden Präsidenten Abolhassan Banisadr zum Premierminister zu ernennen. Die daraufhin einsetzenden Proteste der Volksmudschahedin wurden unterdrückt, woraufhin die Bewegung in den Untergrund abtauchte und die politischen Führer, unter anderem Rajavi und Radschawi, in Frankreich Zuflucht fanden.  

Handlanger Saddam Husseins gegenüber dem Heimatland

In der Islamischen Republik wurde die MEK verboten, deren Aktivisten verfolgt. Die Volksmudschahedin antworteten mit einer beispiellosen Terrorwelle, der Führungsmitglieder der Islamischen Republik zum Opfer fielen, aber auch unzählige Zivilisten, was deren Popularität in der iranischen Bevölkerung rapide sinken ließ. Der Tiefpunkt wurde diesbezüglich erreicht, als die MEK ausgerechnet während des Ersten Golfkrieges zum Feind Saddam Hussein überliefern, der kurz zuvor den Iran überfallen hatte.

Dies geschah 1986, als die MEK-Führung Frankreich verlassen musste. Im Irak wurden den Volksmudschahedin mehrere Ausbildungslager eingerichtet, direkt an der Grenze zum Iran, inklusive Aufrüstung durch Saddam Husseins Armee. Ferner stellten sich die MEK-Kämpfer als Söldnerbande zur Verfügung beim Kampf gegen Kurden und Schiiten durch das Saddam-Regime, was ihnen auch im Irak jegliche Unterstützung durch die dortige Bevölkerung unmöglich machte. 2009 ließ die irakische Regierung alle MEK-Basen schließen.

Die MEK als Sabotageabteilung der CIA

In der Zwischenzeit hatten die USA ihre Haltung zur MEK geändert und versuchten die Gruppierung – wie zuvor Saddam Hussein – für ihre Ziele zu nutzen. Die Führung der Volksmudschahedin, inzwischen an ein Söldner-Dasein gewöhnt, anscheinend auch ohne politische Überzeugungen, ging darauf ein.

Ausgerechnet unter George W. Bush, während seines "Kriegs gegen den Terror", wurde die exil-iranische Terrorgruppe per Zauberhand zu einer "demokratischen Widerstandsgruppe" umdeklariert, zumindest im öffentlichen Bewusstsein – mit Hilfe der üblichen Methoden der PR, die man in Kriegszeiten auch als Propaganda zu bezeichnen pflegt.

Der ehemalige CIA-Agent Ray McGovern äußerte sich damals bezüglich der Kooperation von CIA und MEK wie folgt:

Für die üblichen Geheimdiensttätigkeiten: Sensoren anbringen, um das iranische Atomprogramm zu überwachen. Angriffsziele für die Luftwaffe markieren. Vielleicht auch geheime Lager einrichten und die Truppenstationierung überwachen. Und ein bisschen Sabotage.

Die Ex-Pentagon-Beamtin Karen Kwiatkowski führte dazu aus:

Die Volksmudschahedin sind bereit, Dinge zu tun, für die wir uns schämen müssten und über die wir am liebsten schweigen. Doch genau für solche Aufgaben benutzen wir sie.

Unterdessen wurde Mariam Radschawi zur neuen Führerin der MEK ernannt, die sich inzwischen Nationaler Widerstandsrat des Iran (NWRI) nennt. Ihre Ernennung wurde flankiert von einem Personenkult, der selbst Ajatollah Chomeini vor Neid hätte erblassen lassen.

Seit 2013 residieren die Volksmudschahedin in Albanien, in einem hermetisch abgeriegelten Camp in der Nähe von Tirana. Heute genießt die MEK die öffentliche Unterstützung im Westen, vor allem in den Machtzentren der USA. Neben dem ehemaligen US-Sicherheitsberater John Bolton, US-Außenminister Mike Pompeo und Donald Trumps Rechtsberater Rudy Giuliani, der sich seine Auftritte in den MEK-Camps fürstlich honorieren lässt, gehören weitere Strategen in Washington zu den aktiven Unterstützern der Sekte. Auch diverse europäische Politiker lassen sich regelmäßig am Nasenring durch die Manege ziehen und bezeichnen die MEK ernsthaft als demokratische Alternative für den Iran.

Die Tatsache, dass die Volksmudschahedin, die sich angeblich nur durch Spenden finanzieren, so gut bei Kasse sind, wirft die Frage auf, wer zu den Sponsoren der Gruppe gehört. Saudi-Arabien käme in Frage, vielleicht aber auch Israel, denn die Volksmudschahedin finanzierten auch kräftig den Wahlkampf der rechtpopulistischen und islamfeindlichen Partei Vox in Spanien mit, was eher nicht im Sinne der Saudis sein kann.

In vielen europäischen Ländern treten die MEK-Vertreter als angebliche iranische Oppositionsgruppe auf, die arglose Passanten auf der Straße ansprechen und mit teils drastischen Bildern auf Menschenrechtsverletzungen im Iran hinweisen, um Spendengelder zu generieren.  

Schon lange verfügen die Volksmudschahedin über mächtige Fürsprecher im Westen, doch seitdem sie mit Bolton, Pompeo und Giuliani gleich drei Sympathisanten im Weißen Haus haben, stellt sich die Frage neu, welche Rolle sie in Washingtons Iran-Politik spielen – und ob sie wirklich der richtige Verbündete sind.

Die Volksmudschahedin, die offiziell Demokratie und Menschenrechte propagieren, wobei diese – wie Aussteiger zu berichten wissen – nicht einmal in der eigenen Organisation eingehalten werden, sind nichts anderes als eine ehemalige Terrorbande, die inzwischen als Geldwäscheorganisation und sektenähnliche Gruppierung im Dienste der CIA fungieren. Eine politische Alternative zu der politischen Realität im Iran ist die MEK mitnichten – auf sie zu setzen dürfte sich als weiterer fataler Fehler Washington in seiner Politik gegenüber dem Iran seit 1979 erweisen.

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