Meinung

Fünf Gründe für einen "Linksruck" in der Welt der US-Konzerne

Proftimaximierung um jeden Preis war gestern – heute erwacht das soziale Gewissen bei den US-Konzernen? Zumindest erwacht eine Propaganda links klingender Parolen. "Globaler linker Aktivismus" liegt auf einer Linie mit dem Ziel globaler Dominanz des Big Business.
Fünf Gründe für einen "Linksruck" in der Welt der US-KonzerneQuelle: Reuters

von Michael Rectenwald 

Wie kommt es, dass die größten und profitabelsten US-amerikanischen Unternehmen sich linke Politik auf ihre Fahnen schreiben, wie sie in ihrer neu aufkommenden Werbung und ihrem Aktivismus für soziale Gerechtigkeit zu sehen ist? Ein Tipp: Es liegt nicht daran, dass sie auf einmal gemeinnützig geworden sind und sich der Philanthropie verschrieben haben.

Urteilt man nach den Vorträgen "aufgewachter" US-amerikanischer Konzernbosse bei TED-Konferenzen und nach der "aufgewachten" Unternehmenswerbung sowie nach den PR-Kampagnen, die den Markenaktivismus ("brand activism") der Unternehmen fördern, könnte man naheliegenderweise zu dem Schluss kommen, dass die erfolgreichsten, gewinnorientierten Konzerngiganten in den USA aus dem Geschäft der reinen Geldvermehrung ausgestiegen sind, um zu Zentren linker politischer Propaganda zu werden.

Und es sind nicht nur die "erwachtesten" Konzerngiganten, die linke politische Ideen fördern. Werfen Sie einen Blick auf Crowdfunding-Portale und zählen Sie, wie oft das Wort "Demokratisierung" auftaucht, um die Mission der Start-ups dort zu beschreiben, oder wie viele Start-up-Investitionen mit Blick auf die vermutete progressive politische Perspektive des potenziellen Investors beworben werden.

Was einem begegnet – von den Sitzungsräumen bis zu den Storyboards und darüber hinaus –, ist eine ekelhafte, "erleuchtete" Mischung, zu gleichen Teilen zusammengerührt aus Kommunistischem Manifest, Handbuch der sozialen Gerechtigkeit, scheinheiliger Predigt und Gebrauchtwagenverkauf.

Warum sind die USA des Big Business "erweckt" (gleichwohl noch nicht "verreckt")? Nachfolgend nenne ich einige der möglichen Erklärungen für einen solchen "erweckten" Kapitalismus bzw. "linkes Unternehmertum", in absteigender Reihenfolge von fünf bis eins, wobei fünf die am wenigsten und eins die am meisten überzeugende ist.

5. Die Bosse selbst sind "erwacht"

Konzernlenker und andere Führungskräfte besuchen Business Schools, die nicht weit von den sozial- und geisteswissenschaftlichen Lehrabteilungen entfernt sind. Wirtschaftsprofessoren freunden sich mit Geistes- und Sozialwissenschaftlern an, die bekanntlich oft linksgerichtet sind. Ihr "Linkssein" färbt auf die Wirtschaftsprofessoren ab. Und diese geben es dann an ihre Studenten weiter, die schließlich zukünftig die USA des Big Business leiten.

4. Um auf die Launen der Kunden einzugehen

Die "linken Unternehmen" beglücken Teile ihrer Kundschaft mit dem höchsten verfügbaren Einkommen, diejenigen zwischen 25 und 54 Jahren, die mit ziemlicher Sicherheit an der Ost- und Westküste leben. Diese demografische Kalkulation umfasst auch die um die Jahrtausendwende Geborenen (Generation Y), deren Einstellung bekanntlich eher linksgerichtet ist. Die Wahl dieser "Küsteneliten" gegenüber den "Bedauernswerten" in den "flyover states" (den Bundesstaaten zwischen den Küsten) war eine leichte Entscheidung. Die Bedauernswerten haben sowieso weniger Geld und können zur Hölle fahren, wenn sie keine "erweckten Unternehmen" mögen.

3. "Erweckt" zu sein ist einfacher, als tatsächlich Arbeiter zu bezahlen

"Erwecktes Unternehmertum" funktioniert wie ein Placebo, das heißt als ein Ersatz für wirtschaftliche Zugeständnisse von Unternehmen. Die Aussagen von "erweckten" Konzernbossen, die "erwecktesten" Anzeigen, der "erweckte" Aktivismus – das alles kostet die Unternehmen viel weniger als höhere Löhne und bessere Leistungen für die Arbeiter oder niedrigere Preise für die Kunden. Außerdem scheint die Masse der Dummköpfe immer wieder aufs Neue auf solche Propaganda reinzufallen.

2. Um das Regierungsmonster außen vor zu halten

Der "erwachte Kapitalismus" beruhigt die politische Elite und fördert die Gunst des liberalen Gesetzgebers gegenüber dem Big Business, das auf entsprechend günstige Behandlung durch die Politik setzt. Als Liberale [liberal ist in den USA eher gleichbedeutend mit "sozialdemokratisch" – Anm. Red.] sind diese politischen Akteure schließlich eher dazu geneigt, lästige Vorschriften zu erlassen oder Kartellgesetze zu initiieren, die große Probleme bereiten könnten. Warum sagst du ihnen also nicht einfach das, was sie hören wollen?

1. Die "Erweckung" ist selbst Teil des globalistischen Kapitalismus

Solche linke Politik ist perfekt mit den Agenden globaler Konzerngiganten vereinbar und unterstützt sie. Globale Konzerne und solche "linken Aktivisten" wollen genau die gleichen Dinge:

Globalismus – oder, in marxistischer Terminologie, "Internationalismus" – war schon immer ein Ziel der Linken und ist zu einem Ziel transnationaler Konzerne geworden. Letztere erweitern ihre Märkte weit und breit, während erstere denken, dass sie das große marxistische Ziel vorantreiben: "Proletarier aller Länder, vereinigt euch!"

Uneingeschränkte Einwanderung bietet billige Arbeit für Unternehmen und lässt Linke sich politisch avantgardistisch und moralisch überlegen fühlen, weil sie Antirassisten sind, die jeden willkommen heißen, unabhängig von Rasse, Religion, Geschlecht oder sexueller Orientierung (einschließlich mexikanischer Bandenmitglieder, die Drogen und Kinder verkaufen?) – im Rest des Landes, nicht in den Wohnzimmern der Linken –, um dort ihre Zelte aufzuschlagen.

Transgenderismus oder Polygenderismus, die Vorreiterrolle der linken Identitätspolitik, ist auch gut für die Wirtschaft. Es schafft neue Nischenmärkte für Unternehmensprodukte, hält die Belegschaft gespalten und lenkt Linke mit täglichen Obskuritäten und Absurditäten ab.

Die Auflösung von westlicher Kultur, von Nationen, stabilem Geschlecht, Familie und (warum nicht?) dem Christentum – den Markenzeichen des linken "Fortschritts" und der Avantgarde-Politik – fördert auch die globalen Ziele von Big Business und beseitigt alle verbleibenden Hindernisse für die Dominanz und Governance [statt Government (Regierung) – Anm. Red.] globaler Unternehmen.

Michael Rectenwald ist Autor von neun Büchern, darunter das neueste, "Google Archipelago". Von 2008 bis 2019 war er Professor für Freie Künste an der New York University.

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