Meinung

Zweifel an Greta bald verboten? Italienische Aktivisten fordern Zensur gegen "Klima-Leugner"

In Italien haben grüne Aktivisten eine Online-Petition gegen die Veröffentlichung von Beiträgen gestartet, die die Klimaschutz-Kampagne in Frage stellen. Auch "gute Information" sei notwendig, um das Klima zu retten, heißt es in der Petition.
Zweifel an Greta bald verboten? Italienische Aktivisten fordern Zensur gegen "Klima-Leugner"Quelle: Reuters

von Daniele Pozzati 

"Es lebe die Meinungsfreiheit. Die Meinungsfreiheit ist tot." Der gegenwärtige Zeitgeist westlicher Demokratien lässt sich mit diesem Motto vielleicht am besten beschreiben. Ob es um die Konflikte in Syrien oder der Ukraine geht, um die Proteste in Hongkong oder in Venezuela, oder eben jetzt um die Klimaschutz-Kampagne, eins scheint sicher: Jegliche kritische Haltung gegenüber der Mainstream-Berichterstattung wird als Fake News geframed und zunehmend aus dem öffentlichen Diskurs verbannt.

Der Ton macht die Musik immer schriller – in Italien wie hierzulande. Hat man Zweifel an der Klimaschutz-Kampagne, wird man schnell zum "Klima-Leugner" abgestempelt. Die verleumderische Konnotation des neuen Schimpfwortes ist klar, die unterschwellige Botschaft eindeutig. Reduktio ad Hitlerum, ideologische Selbstgerechtigkeit, moralische Panik über Fake News: die Mischung macht – die Zensur. 

BBC, The Guardian und Le Monde als Vorbild 

"Klima-Wandel: Keinen Platz für anti-wissenschaftliche Positionen in den Medien", lautet der Titel einer Online-Petition, die grüne Aktivisten in Italien gestartet haben. Die beigefügte Abbildung zeigt ein grünes Verkehrsschild, wie es man auf italienischen Autobahnen findet: Wer bei der nächsten Kreuzung falsch abbiegt, landet bei Fake News! So nimmt die Petition-Initiatorin Annalisa Corrado die Klima-Debatte wahr.

Der italienischen Zeitung La Verità zufolge ist Corrado die ehemalige Beraterin des Umweltministeriums und derzeit eine Sprecherin der Initiative "Green Italia". Auch die ersten Petition-Unterzeichner gehören zur Elite der italienischen Umweltbewegung, so La Verità, und viele Erstunterzeichner sind Journalisten.  

Corrados Petition wendet sich an die Gewerkschaft der italienischen Journalisten sowie an die italienischen Journalistenkammer: 

Wir bitten Sie, dem Beispiel von BBC, The Guardian und Le Monde zu folgen, die dieser Verzerrung [die Veröffentlichung von skeptischen Meinungen über die Klimakrise, A.d.Ü.] ein Ende gesetzt haben, nachdem sie die zu vielen Fehler bei der Diskussion über den Klimawandel anerkannt haben. Es sollte keinen Platz mehr geben für anti-wissenschaftliche Positionen, die auf Meinungen von Einzelpersonen basieren und nicht durch die validierte Forschung der wissenschaftlichen Gemeinschaft gestützt werden.

The Guardian beispielsweise hatte sich vor einem halben Jahr dazu entschlossen, künftig nur noch von einer "Klimakrise" beziehungsweise einem "Klimanotstand" und nicht von einem "Klimawandel" zu sprechen. Auch soll nicht mehr von "globaler Erwärmung" die Rede sein, sondern von "globaler Erhitzung". 

Die "anti-wissenschaftlichen Positionen"... eines Nobelpreisträgers für Physik

Logisch betrachtet, lässt sich die Botschaft der Klimaschutzbewegung wie folgt zusammenfassen: 1) Es findet ein Klimawandel statt; 2) dieser ist menschengemacht; 3) und äußerst gefährlich für die Erde ("Unser Haus brennt"). In der italienischen – bald europäischen? – Petition heißt es zusätzlich: 

Darüber [Punkt 1-3] besteht kein Zweifel, weil die Wissenschaftler des UN-Weltklimarates (IPCC) es so sagen.

Der Nobelpreisträger für Physik, Prof. Dr. Carlo Rubbia, war Mitglied des Beratergremiums zum Klimawandel, das vom EU-Kommissionspräsidenten José Barroso 2007 ins Leben gerufen wurde. Im November 2014 hielt Prof. Rubbia vor dem italienischen Parlament eine Rede, die heute wegen des "Greta-Phänomens" häufiger denn je in italienischen Medien zitiert wird. Sie ist deshalb ein Beispiel für die "anti-wissenschaftlichen Positionen", die die angebliche Klimakrise in Frage stellen und gegen die sich die Petition richtet. 

Denn sie zeigt, wie man die oben aufgelisteten Prämissen auch diskutieren kann. "Das Erdklima", stellte Prof. Carlo Rubbia fest, "hat sich stets gewandelt". "Heute glauben wir, dass das Erdklima konstant bliebe, wenn wir das CO2 unter Kontrolle hielten – das ist komplett falsch." Prof. Rubbia begann seine Rede mit Beispielen aus vergangenen Erdzeitaltern:

In den letzten Millionen Jahren wurde die Erde von den Vergletscherungen beherrscht, in denen die Temperatur um 10 Grad Celsius geringer war, ausgenommen einiger sehr kurzer Zeiten, in denen die Temperatur so war wie heute. Vor 10.000 Jahren stieg die Temperatur an und ermöglichte dabei den Beginn der Landwirtschaft, die die Grundlage der heutigen Zivilisation bildet.

Dann brachte er auch Beispiele aus historischen Zeiten:

In der Römerzeit überquerte Hannibal mit Elefanten die Alpen. Heute wäre das nicht möglich, weil die Erdtemperatur niedriger ist als in der Römerzeit. Im Mittelalter gab es eine kleine Eiszeit. Rund ums Jahr 1000 stieg die Temperatur wieder: Wie bei der Römerzeit lag sie 1,5 Grad höher als heute. Rund um das Jahr 1500 gab es noch eine kleine Eiszeit, die vor allem im Norden enorme Überlebensprobleme verursachte.

Laut Prof. Rubbia ist es keineswegs sicher, dass der gegenwärtige Klimawandel menschengemacht ist.

Erst ab den 1950er Jahren fand eine deutliche Temperaturerhöhung statt, die in gewisser Weise als Auswirkung menschlicher Aktivitäten angesehen wird – man denke nur an die 11-fache Steigerung beim Energieverbrauch und an die 3-fache Steigerung der Erdbevölkerung von 1940 bis heute. Doch die Erde hat darauf in seltsamen und widersprüchlichen Weisen reagiert. Denn zwischen 2000 und 2014 ist die Erdtemperatur nicht gestiegen, sondern um 0,2 Grad gesunken.

Während seiner Rede kam es auch zu einem Wortwechsel zwischen Prof. Rubbia und dem ehemaligen Umweltminister Italiens, Gian Luca Galletti:

Rubbia: "Stimmt das, Herr Minister, oder nicht?" 

Galletti: "Das stimmt, aber die Vorhersagen zeigen, dass ..." 

Rubbia: "Lassen Sie bitte die Vorhersagen beiseite! Ich interessiere mich für die Tatsachen. Und Tatsache ist, dass in den letzten 15 Jahren die Temperatur nicht gestiegen, sondern gesunken ist."

So "brannte" von 2000 bis 2014 unser Haus, und so "brennt" es 2019 weiter

Von allgemeinem Konsens ...

Die italienische Petition betont, es gebe keinerlei Zweifel an der Klimakrise, weil sich die internationale Wissenschaftsgemeinschaft darüber einig sei. Das ist jedoch eine mittelalterliche, vor-aufklärerische Idee von Wissenschaft. Es ist die Berufung auf eine Autorität, die Argumente unnötig macht, ein neues Ipse Dixit, mit dem der wissenschaftliche Geist nichts zu tun hat. Oder haben sollte. 

Heute hört man häufig von diesem und jenem "allgemeinen Konsens der internationalen Wissenschaftsgemeinschaft". Ein solcher "Konsens" mag in der akademischen Welt eine Rolle spielen – in sich ist Konsens jedoch kein wissenschaftlicher Begriff. 

Man vergisst dabei oft: Naturwissenschaft ist experimentelle Wissenschaft. Sie führt Demonstrationen durch, die auf Naturgesetzen basieren. So verhält es sich nicht erst seit Galileo. 

Unsere "Klimaexperten" führen stattdessen mathematische Modellierungen auf Basis statistischer Daten durch. Daraus entstehen Vorhersagen, die nur jemand mit einer Kristallkugel verifizieren könnte. Denn selbst die ausgefeiltesten mathematischen Modelle garantieren nicht die Richtigkeit einer Theorie, geschweige denn der angebliche Konsens einer angeblichen Wissenschaftsgemeinschaft. Diese "Wissenschaftsgemeinschaft" ist außerdem zu oft auf politische und wirtschaftliche Interessen ausgerichtet, um glaubwürdig zu sein. 

... zur allgemeinen Zensur

Den westlichen Eliten scheint dieser "Konsens" jedoch sehr wichtig zu sein. Und wie die italienische Petition so unverschämt zeigt, verbirgt sich hinter diesem "Konsens" oft der Wunsch, eine Debatte zu verhindern. 

Auch die Panikmache über Fake News dient dazu, offene und öffentliche Debatten über die wichtigsten gegenwärtigen Themen zu verhindern. Fake News ist globish für Zensur.

Für die Petitions-Verfasser gilt ein altes deutsches Sprichwort, dem aktuellen Zeitgeist angepasst: Das Gegenteil von guter Information, ist ihre gut gemeinte Einschränkung.

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