Der Dorftrottel von Schilda: Deutschland rettet der Welt das Klima
von Jens Zimmer
In den USA gibt es sogenannte "Rolling Coal". Das sind große Pickup-Trucks mit Dieselmotoren, die auf Knopfdruck eine riesige schwarze Abgaswolke ausstoßen. Die Opfer dieser Wolken stehen hustend am Straßenrand, oft Fahrradfahrer oder auch Fahrer von Hybridfahrzeugen. Auf Youtube kann man sich solche Aktionen zuhauf anschauen. Es sind ziemlich hässliche Bilder.
Als ich es das erste Mal sah, war ich fassungslos. Wie kommt jemand auf eine so abstoßende Idee? Hier hatte der Begriff "asozial" seine finale Entsprechung gefunden. Am eindrücklichsten war jedoch die totale Unsinnigkeit solcher Aktionen! Es sind nur wenige Jahre vergangen, und schon kann ich die Motivation dahinter – wenigstens ein bisschen – nachvollziehen!
Jahre, während derer mir unentwegt lautstark Umweltschutz heuchelnde "Grüne", korrupte "Umwelthilfen" und mittlerweile sehr verstörte Kinder vorschreiben wollten, wie ich mein Leben künftig zu leben hätte. Mit einer Impertinenz, die bald an Körperverletzung grenzt, aber mindestens einen drastischen Eingriff in die persönliche "Freiheit" darstellt. Mittlerweile auf praktisch allen Sendern, Kanälen, Seiten. Ein nicht endendes Trommelfeuer ständig wiederholter Drohkulissen, Mahnungen, Anschuldigungen, Anklagen und Vorwürfen. Und zwar bezogen auf nahezu jeden Aspekt meines Lebens, in dem ich eigentlich nur das mache, was mir der gesellschaftliche Rahmen vorschreibt.
Man hat quasi mich zu dem alles verursachenden Schädling erklärt, der permanent Elend und Verwüstung auf unserem Planeten sät. Und wenn Sie mal wieder salbadern, was ich tagtäglich alles falsch mache, packt mich manchmal die Idee, kurz nach draußen zu gehen, um den Motor laufen zu lassen, einfach nur so, Ihr nervigen Deppen! Ich fahre zwar keinen umgebauten Pickup-Truck, aber immerhin einen vom Kraftfahrt-Bundesamt langjährig zertifizierten und nachzertifizierten Diesel. Gemäß Euro 4-Norm. Also eine dieser womöglich dennoch todbringenden Höllenmaschinen. Wahrhaft anständige Menschen fahren ja keinen Euro 4-Diesel mehr.
Anständige Menschen fahren heute wenigstens Hybrid. Etwas Schnittiges, das bei grüner Ampel dann doch wieder wie Superman beschleunigen kann. Anständige Menschen fliegen auch nicht mehr über den großen Teich. Die wirklich Anständigen werden stattdessen in einer privaten Jacht übergesetzt und lassen das noch als Boulevard-Spektakel vermarkten. Sollen doch die anderen auch einfach Kuchen essen, wenn sie sich kein Brot leisten können. Apropos: anständige Menschen essen natürlich auch keine Currywurst. Und sie jetten ganz bestimmt nicht zum Tauchen auf die Malediven. Nein, so etwas tut man alles nicht!
Das heißt: einige besonders hochanständige Menschen tun so etwas doch. Die sind dann aber so besonders hochanständig genug, allen anderen dringend davon abzuraten. Es gibt anständige Menschen, die essen zum Beispiel schnell mal ein Eis in Kalifornien. Andere anständige Menschen wandern gerne über die Anden. Doch der Anstand gebietet ihnen, allen anderen zu erklären, warum man so etwas besser nicht tun sollte. Wenn man denn weiß, was sich wirklich heutzutage gehört.
Man trifft sie übrigens besonders häufig im Flugzeug. Vornehmlich an den schönsten und interessantesten Orten der Welt. Was aber nur reiner Zufall ist. Die wirklich Anständigen haben dann auch sofort eine gute, völlig plausible, ja zwingende Erklärung für all das parat. Ein bisschen ein schlechtes Gewissen haben sie natürlich auch. Vor allem aber wissen sie zu erklären, warum alle anderen, nicht so hoch Anständigen besser zu Hause bleiben sollen, oder zu Fuß gehen sollten. Hirsebrei essen. Im Dunkeln. Ohne Heizung. Steuern zahlen nicht vergessen. Schnauze! Ihre Botschaft lautet wie folgt: "Wir leben in Saus und Braus. Macht bitte, bitte nicht den gleichen Fehler."
Bevor sich dieser Menschenschlag auf den goldenen Schild der Moral erhob, nannte man sie im Volksmund schlicht "Arschlöcher". Doch das war damals. Heute zählt nur noch der glamouröse Schein. Alles Projektion, Bühne, Leinwand, Schwindel. Und: Lug und Trug sind mittlerweile viel zu schnell für den Verstand geworden. "Wir" produzieren immer schneller immer mehr totalen Quark, der alle immer mehr verwirrt. Und vermutlich soll das so sein.
Und die Inbrunst, mit der vermeintlich klar denkende Menschen jenen Rattenfängern nun hinterher rennen, ist nur logisch. Kein Schwachsinn ist zu grotesk, als dass sich kein Publikum fände, das sich in quasi-religiöser Verzückung in den Staub wirft und winselt: Bestrafe mich! Hauptsache, es steht irgendwo gut lesbar "Für die Rettung der Welt" dran.
Dabei galten Untergangspropheten vor gar nicht langer Zeit in der Regel als der Inbegriff geistiger Umnachtung. "Betet, das Ende ist nah!", war eine feste Größe in der Welt der Cartoons. Heute paradieren Hunderttausende solcher Comicfiguren phantasievoll geschmückt durch die Straßen, medial gefeiert und bejubelt, und besoffen von sich selbst. Die verwöhnteste Generation aller Zeiten, aufgewachsen in einem unverschuldet unverschämten Wohlstand. Von nichts eine Ahnung, aber der festen Überzeugung, um ihre Zukunft betrogen worden zu sein. Eines ist wohl sicher: von ganz "allein" sind sie da wohl nicht drauf gekommen.
Die Welt wird nicht untergehen. Aber wir werden diesen Zirkus noch eine Weile ertragen müssen. Natürlich ist der Flurschaden dann gewaltig, ganz besonders für Deutschland. Wäre es nur in Schilda, wäre Deutschland dort einfach der Dorftrottel. Wer mit einer solchen Verve gegen die Grundlagen des eigenen Wohlstandes wütet, hat definitiv nicht mehr alle Latten am Zaun. Jedes Kind kennt den Spruch: "Wenn die anderen vom Dach springen, springst du dann hinterher?"
Natürlich nicht. Nun will Deutschland aber offenbar das erste Kind sein, das sich denkt: "Wenn ich jetzt vom Dach springe, dann springen bestimmt die anderen (Nationen) alle hinterher!" Natürlich tun sie das nicht. Schon die Idee ist an Einfältigkeit kaum noch zu übertreffen. Mit stolzgeschwellter Brust springen "wir" natürlich trotzdem. Wir sind die moralischen Vorreiter unserer eigenen Apokalypse. In der festen Überzeugung, dass da unten keine gebrochenen Beine (bestenfalls!) warten, sondern ein Topf voll schimmernden Goldes, genau dort: am Ende des Regenbogens.
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