"Europa nicht den Angstmachern überlassen" – Wie Heiko Maas für die EU-Wahl trommelt
von Andreas Richter
Der deutsche Außenminister Heiko Maas hat auf seinem Twitter-Profil einen Aufruf zur Teilnahme an den Wahlen zum EU-Parlament Ende Mai veröffentlicht. Das 45 Sekunden lange Video ist ein schönes Beispiel für die Unehrlichkeit der heutigen politischen Rhetorik.
Heute ist #Europatag! Das ist ein guter Zeitpunkt, den Mund aufzumachen: gegen die ewigen Angstmacher. Und auch, um mit der Familie, mit Freunden und Bekannten darüber zu sprechen, warum es so wichtig ist, am 26. Mai wählen zu gehen. #europaistdieantwortpic.twitter.com/SbLh1oLJmF
— Heiko Maas (@HeikoMaas) 9. Mai 2019
Maas, der in seiner Jugend von seinem früheren Förderer Oskar Lafontaine "Heikochen" gerufen wurde und sich selbst auf seinem Twitter-Profil als "Bundesaußenminister & Saarländer" vorstellt, sagt in diesem Video:
In etwas mehr als zwei Wochen finden ja Europawahlen statt. Und im Moment sind in Europa viele Populisten und Nationalisten unterwegs, die uns Angst machen wollen. Angst vor Vielfalt, Angst vor Minderheiten, und das dürfen wir nicht zulassen. Die große Mehrheit der Menschen ist für Europa, weil sie wissen, dass all die großen Herausforderungen – die Globalisierung, der Klimawandel, die Digitalisierung –, dass wir das nur gemeinsam hinbekommen werden. Und deshalb dürfen wir das Feld den Angstmachern nicht überlassen. Ein guter Moment, um den Mund aufzumachen, um zu zeigen, die Mehrheit weiß, dass wir nur zusammen die richtigen Lösungen finden werden. Und weil Europa die Antwort ist. Und deshalb: Wählen gehen!
Maas benutzt eine Reihe von manipulativen Begrifflichkeiten, um EU-kritische Positionen unmöglich zu machen und die eigenen zu legitimieren.
Da ist zunächst Europa. Auch wenn diese Sitte mittlerweile auch bei der Linken Einzug gehalten, man kann es nicht oft genug wiederholen: Die EU ist nicht Europa. Nicht politisch, nicht geographisch, nicht historisch. Wer kann schon gegen Europa sein, dessen Name in der griechischen Mythologie auch der einer schönen Königstochter und Geliebten des Zeus war?
Es gibt viele gute Gründe, die EU abzulehnen, ein technokratisches Konstrukt, das – die letzten Jahre haben dies eindrücklich gezeigt – eben nicht im Interesse ihrer Bürger agiert. "Europa" ist in diesem Zusammenhang ein Kampfbegriff, die dem Staatenverbund eine moralische und historische Tiefe verleihen soll, die er nicht besitzt.
Auch der Begriff Populismus wird manipulativ verwendet. Ursprünglich bezieht sich der Begriff auf eine politische Sprache, die auch durch Vereinfachungen auf Affekte im Volk zielt. In diesem Sinne sind alle heutigen Politiker Populisten. Maas allerdings benutzt den Begriff, um politische Positionen abzuwerten, die vom Mainstream abweichen.
Ähnlich verhält es sich mit dem Nationalismus. Dieser Begriff bezeichnet erst einmal nur die Vorstellung, dass eine Nation einen eigenen Staat besitzen sollte. Durch die Verklammerung mit ihren extremen Erscheinungsformen wie Rassismus und Chauvinismus soll die Idee diskreditiert werden, dass der Nationalstaat auch heute die angemessene politische Organisationsform eines sich als demokratisch verstehenden Gemeinwesens ist.
Und dann ist da die Angstmache: "Angst vor Vielfalt, Angst vor Minderheiten", die man nicht zulassen dürfe. Damit wird jede noch so sachliche Debatte über Migration und ihre Folgen praktisch für unzulässig erklärt. Vielfalt ist das Zauberwort, mit dem Migration und jeder Form von Minderheitenpolitik eine höhere Weihe verliehen wird. Und mit "Angstmachern" braucht man sich inhaltlich natürlich nicht auseinanderzusetzen.
Was Maas hier vorträgt, verrät im Grunde ein zutiefst undemokratisches Denken. Dem EU-Mainstream gegenüber kritische Positionen werden durch den manipulativen Gebrauch von Begriffen deligitimiert; eine inhaltliche Diskussion ist auf diese Weise überhaupt nur innerhalb eines sehr engen Meinungskorridors möglich.
Die gute Nachricht ist, dass Heiko Maas kaum noch jemanden erreichen wird, der nicht ohnehin mit ihm auf einer Linie liegt. Ob das tatsächlich die von ihm behauptete Mehrheit ist, darf wenigstens bezweifelt werden. Und vielleicht ist Europa ja tatsächlich die Antwort – die Antwort auf die EU.
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