Madeleine Albright: "Der Stuhl des Führers der freien Welt ist leer"
Von Zlatko Percinic
Die 81-jährige Madeleine Albright, von 1997 bis 2001 Außenministerin der Vereinigten Staaten von Amerika in der Regierung von Bill Clinton, gewährte ein Interview dem deutschen Spiegel, welches am 11. Juli veröffentlicht wurde. Fälschlicherweise wird beim Vorstellen der „Grande Dame der US-Außenpolitik“ behauptet, sie wäre in der Zeit von 1997 bis 2001 UN-Botschafterin der USA gewesen. Was zunächst wie ein kleiner Fauxpas der Spiegel-Redaktion aussieht, entpuppt sich im Weiteren als Startschuss zu dem Versuch von Madeleine Albright, ein vollkommen verklärtes Bild der USA zu zeichnen. Diese Absicht zieht sich schließlich wie ein roter Faden auch durch das nächste Interview, welches sie der Berliner Zeitung gewährte und dort am 17. Juli veröffentlicht wurde.
Der Grund für diese Interviews war eigentlich PR für Albrights neues Buch „Faschismus. Eine Warnung“ zu machen. Darin warnt sie, wie es der Buchtitel schon selbst nennt, vor der Gefahr eines erneuten Aufkommens des Faschismus in Europa. Im Zuge der Recherche zu ihrem neuen Buch wäre sie „in gewisser Weise geschockt“ worden, dass sowohl Mussolini als auch Hitler „verfassungsgemäß die Macht übertragen“ wurde, sprich auf demokratischem Wege. Als eine Frau, die aus Europa stammt und als Kind mit ihrer Familie vor dem Faschismus in die USA floh, ist es viel eher schockierend, dass sie davon offensichtlich erst während der aktuellen Recherche erfahren haben will.
Was aber in beiden Interviews deutlich durchscheint, ist die Überzeugung der amerikanischen Politik-Elite, dass sie und damit die USA bis zum Amtsantritt von Donald Trump das „Licht der Welt“ waren, um das Matthäusevangelium 5:14 in diesem Kontext zu bemühen. So meinte die ehemalige Außenministerin Bill Clintons:
„Die USA verhalten sich genau spiegelverkehrt zu dem, was von ihnen erwartet wird. Und das ist das Problem. Amerika wurde als ein Land angesehen, das hinter demokratischen Prinzipien und Menschenrechten stand, die USA waren nicht für Folter, man stand nicht auf der Seite derer, die die demokratischen Gesellschaften untergraben. Der Stuhl des Führers der freien Welt ist leer. … Ich habe immer geglaubt, dass die Werte und das demokratische System der Vereinigten Staaten ein Vorbild für andere Länder sind.
Im ersten Moment ist es schwierig, diesen Brocken zu schlucken. Unweigerlich schießt einem die Frage durch den Kopf, ob Albright vom selben US-Amerika spricht, das die Welt mit Kriegen und Folter überzogen hat und nie davor zurückgeschreckt ist, demokratische Gesellschaften oder demokratische Führer zu untergraben, wenn es den US-Interessen dienlich war. Mehrere hunderttausend Menschen wurden von den Amerikanern in den Kriegen von 1969 bis 1975 in Vietnam, Kambodscha und Laos getötet. Als nach dem Zweiten Golfkrieg, der fälschlicherweise oft als Erster Golfkrieg bezeichnet wird (der Erste dauerte von 1980 bis 1988 zwischen Irak und Iran), die USA mit Hilfe der Vereinten Nationen ein brutales Sanktionsregime gegen den Irak durchsetzten, kamen möglicherweise über eine halbe Million Kinder ums Leben. Diese Zahl wurde aber von der Autorin der Studie aus dem Jahr 1995 zwei Jahre später selbst in Frage gestellt, nachdem sie herausgefunden hatte, dass einige Kinder im Jahr 1997 lebten, die aber 1995 als tot gemeldet wurden.
Das änderte aber nichts daran, dass Madeleine Albright in ihrer damaligen Funktion als US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen in einem Liveauftritt sagte, dass der Preis von einer halben Million toten Kindern „den Preis wert waren“. Sie sprach sich dann als Außenministerin auch für den Luftkrieg 1999 gegen Serbien aus. Als sie wegen ihrer Rolle im Krieg gegen Serbien bei einer Signierstunde für ein weiteres Buch am 23. Oktober 2012 in der tschechischen Hauptstadt Prag mit Fotos vom Krieg konfrontiert wurde, und Mitglieder einer Gruppe „Freunde von Serben in Kosovo“ diese Bilder von ihr signiert haben wollten, schrie sie die Männer an:
„Ihr widerlichen Serben! Haut ab!
Richtig interessant wird es, wenn sie europäischen Staaten vorwirft, „auf den Angstfaktor“ zu setzen. Das ist erst einmal nicht falsch, aber sie klammert vollständig aus, wie alle Regierungen in Washington - nicht erst seit 2001 - auf den Angstfaktor gesetzt und damit ihr Land bis zur Unkenntlichkeit verändert haben. Die Islamophobie gipfelte schließlich in der Diskriminierung von Muslimen und den Einreiseverboten für die Bewohner von sechs mehrheitlich muslimischen Ländern (Iran, Jemen, Libyen, Somalia, Sudan, Syrien) unter Trump. Die Paranoia gegenüber Russland, von den US-Medien exzessiv angefeuert, hat ähnlich makabere Züge erreicht, wie zu Zeiten der „Roten Angst“ der McCarthy-Ära.
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