Meinung

"Mehr Respekt!" - Über tote Kinder im Kopf und mangelnde Wertschätzung in Politik und Gesellschaft

Marco Henrichs ist ehemaliger Feuerwehrmann und startet derzeit als deutscher Athlet für den Schwimmstützpunkt der Wolgaregion in Russland. Aus aktuellem Anlass fordert er in seinem Beitrag mehr Anerkennung für den Dienst von Feuerwehr und Rettungssanitätern.
"Mehr Respekt!" - Über tote Kinder im Kopf und mangelnde Wertschätzung in Politik und GesellschaftQuelle: www.globallookpress.com

von Marco Henrichs

Tränen Jahre später!

Was zur Hölle war das denn heute!? In einem ganz normalen, alltäglichen Dialog wurde ich nach einem kleinen Auszug meiner Erlebnisse in 20 Jahren als Berufsfeuerwehrmann befragt. Und plötzlich, Jahre später aus dem Nichts, kamen Tränen bei mir zum Vorschein! Es ist erschreckend, wie ungeachtet der Vielzahl der Schicksale sich eine Handvoll dieser Erlebnisse in den Kopf gebrannt hat.

Einsätze wie dieser hier z. B. aus der langjährigen Zeit bei der Berufsfeuerwehr Köln: "Es ist ca. 1 Uhr morgens. Hausbrand in unserem Wachbezirk in Köln-Mülheim. Zwei Kollegen und ich waren im Angriffstrupp. Also für Menschenrettung und Brandbekämpfung zuständig. Bei unserer Ankunft war der Junge noch am Kinderzimmerfenster im dichten heißen schwarzen Rauch zu sehen. Mit C-Rohr zur Brandbekämpfung und Menschenrettung stürmten wir ins Haus. Jede Sekunde zählt jetzt. Ich hatte den Jungen, nachdem wir die Türe eingetreten hatten, über meine Schulter gelegt. Sind schnell aus dem brennenden Haus raus, um den leblosen jungen Körper dem Rettungsdienst vor dem Haus zu übergeben.

"Die Blicke der Eltern haben sich eingebrannt"

Dann Du guckst durch die Atemschutzmaske in die Augen der hoffnungsvollen Eltern und weißt auf Grund Deiner Erfahrung, dass der Junge tot ist. Danach geht mein Blick in die starren Pupillen des Kindes und er hatte Ähnlichkeit mit meinem kleinen Bruder! Ich gehe zum Löschfahrzeug, ziehe meine Ausrüstung aus und fange an zu weinen. Tränen, die in den 20 Jahren vielleicht nur 4-5 mal bei ähnlichen Einsätzen heimlich geflossen sind. Im Anschluss ein Folgeeinsatz, wo eine schwangere Frau bei einem Verkehrsunfall verstarb. Danach war ich erstmal bedient...

Circa 1.000 Tote in 20 Dienstjahren

Diesen Beruf habe ich knapp über 20 Jahre ausgeübt. Überwiegend in sozialen Brennpunkten bei der Berufsfeuerwehr Köln.

Einsätze wie oben und andere, wie eine Person unter der Straßenbahn, zerfetzte Selbstmörder auf den Bahngleisen usw., gehörten zum Alltag. In all meinen Feuerwehreinsätzen sowie im Rettungsdienst als Rettungsassistent hatte ich hochgerechnet ca. 1.000 Tote in der von Einsätzen stark frequentierten Dienstzeit zu beklagen. Wie viele Menschenleben ich durch meine Hände retten konnte, ist schwer zu schätzen. Es waren aber sehr viele. Danksagungen in all den Jahren gab es vielleicht weniger als ein Dutzend!

Warum erzähle ich das? Es geht um Wertschätzung!

Erlebnisse dieser Art und noch mehr erleben tagtäglich Feuerwehrmänner in Deutschland! Überwiegend Berufsfeuerwehrmänner, aber auch ehrenamtliche Freiwillige Feuerwehrmänner und -frauen, Mitarbeiter aus dem Rettungsdienst, Polizeibeamte und und und...

Lese ich im Gegenzug, wie Berufsfeuerwehrmänner z. B. bei der Berliner Feuerwehr unter der Misswirtschaft einer desolaten Politik leiden und mit Füßen getreten werden, wird mir schlecht. Und es macht mich auch wütend. Es wird geheuchelt, dass sich die Balken biegen - man beschwört, wie wichtig dieser Beruf ist und hinten herum streitet man u. a. um Überstunden und desolate Arbeitsbedingungen.

Ich empfinde nach zwei Jahren Abstinenz von diesem Beruf zwar ab und an Wehmut, habe aber auch viel Lebensqualität gewonnen. Heute begreife ich erst, wie wenig Wertschätzung durch Politik und Gesellschaft durch all die Jahre vorhanden war.

Meine Botschaft an die Politik

Wertschätzt diese Menschen endlich, die täglich ihr Leben für andere riskieren. Wenn schon zunehmend meine ehemaligen Kollegen in Einsätzen aus der Bevölkerung attackiert werden, dann stellt zumindest Ihr Politiker Euch hinter sie! Und das nicht nur durch Floskeln vor der Kamera im Wahlkampf, sondern setzt Euch tatsächlich für sie ein! Sie haben es mehr als verdient.

Danke für die Aufmerksamkeit - Marco Henrichs (ehemals Brandinspektor).

RT Deutsch bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.