Aufgeben ist für Palästinenser keine Option
von Zlatko Percinic
Die Lösung des einhundertjährigen Konfliktes in Palästina zwischen Juden und später Israelis mit Palästinensern wäre die ultimative Krönung für jeden US-Präsidenten. Jimmy Carter hat es als erster US-Präsident versucht und einen zwar wichtigen, aber für die Palästinenser nutzlosen Teilerfolg erzielen können. Das Abkommen von Camp David basierte auf der UN-Resolution 242 vom 22. November 1967 als Reaktion auf die eroberten Gebiete in Ägypten, Syrien und das damals unter jordanischer Herrschaft stehende Westjordanland, einschließlich Ostjerusalems mit dem Tempelberg. Mit der Verabschiedung dieser Resolution durch den Sicherheitsrat wurde Israel aufgefordert, seine "Streitkräfte aus (den) Gebieten, die während des jüngsten Konflikts besetzt wurden", abzuziehen.
Die Formulierung im Text der Resolution wurde auf Drängen Israels absichtlich vage gehalten und nicht näher definiert. Was normalerweise für jedermann klar ist, dass sich Israel aus allen eroberten Gebieten wieder zurückziehen muss, ist in der Welt der Diplomatie noch längst nicht so. Aus welchen Gebieten genau muss Israel seine Truppen wieder abziehen? Müssen alle eroberten Gebiete wieder zurückgegeben werden? Bis wann?
So kam es, dass unter Druck der Regierung von Jimmy Carter die Umsetzung dieser UN-Resolution 242 in Angriff genommen wurde. Da Ägypten damals als mächtigster arabischer Staat auch potenziell wieder eine Gefahr für Israel werden könnte, war es nur zu verständlich, dass sich die Verhandlungen vorerst auch auf diese zwei Länder konzentrierten. Die Palästinenser hofften natürlich, dass der ägyptische Präsident Anwar as-Sadat ihre Interessen in den Verhandlungen mit den Israelis und Amerikanern vertreten würde, dass er ihre Sache zu seiner eigenen machen würde, so wie er und sein Vorgänger Gamal Abdel Nasser – und alle anderen arabischen Herrscher - es öffentlich immer wieder verlauten ließen.
Doch Sadat verhandelte nicht im Namen der Palästinenser, sondern für die Ägypter. Das Camp-David-Abkommen führte am Ende zu einem Friedensvertrag zwischen Ägypten und Israel, wofür Sadat und der israelische Ministerpräsident Menachem Begin mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurden. Obwohl Camp David grundsätzlich ein bilaterales Abkommen war, enthielt es dennoch einige wenige Passagen, in welchen von "legitimen Rechten der Palästinenser" und "voller Autonomie und Selbstbestimmung" die Rede ist. Der Status des Westjordanlandes und Gazas sollte laut Vertrag nach fünf Jahren (also 1984) nachverhandelt werden.
Was Menachem Begin in Wirklichkeit davon hielt, machte er nach der Unterzeichnung vor dem US-Kongress klar:
"Ich glaube von ganzem Herzen, dass das jüdische Volk das Recht auf die Souveränität über Judäa und Samaria (das Westjordanland/Anm.) hat."
Noch deutlicher äußerte er sich bei einem Anlass der führenden jüdischen Elite in New York am Tag danach:
"Ich erkläre hiermit, dass die israelischen Streitkräfte in Judäa, Samaria und dem Gazastreifen bleiben werden, um unser Volk zu verteidigen und sicherzustellen, dass nie wieder jüdisches Blut vergossen wird. Ich erkläre hiermit, dass wir auch nach den fünf Jahren bleiben werden."
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Ende der 1990er-Jahre war es US-Präsident Bill Clinton, der die verfahrene Situation zwischen Israelis und Palästinenser zu entknoten versuchte und spektakulär scheiterte. Genauso wie George W. Bush mit seiner sogenannten "Road Map for Peace" und Außenminister John Kerry mit seinem Vorstoß. Nach seinem Rücktritt sprach Kerry schließlich auch das aus, was viele denken und sich nicht trauen, öffentlich auszusprechen: dass Israel kein Interesse an einem Frieden hat.
Nun ist der nächste Vorstoß aus Washington da. Donald Trump kündigte in gewohnt bombastischer Manier an, den Palästinensern und Israelis einen "Deal des Jahrhunderts"unterbreiten zu wollen. Ausgerechnet sein unerfahrener Schwiegersohn Jared Kushner soll es sein, der den "ultimativen Deal" ausarbeitet und in die Wege leitet. Vollkommen von sich überzeugt, meinte Kushner, dass er der Meinung sei, dass das "palästinensische Volk weniger an den Kernfragen ihrer Politiker interessiert ist als daran, wie ein Deal ihnen und künftigen Generationen neue Möglichkeiten, mehr und besser bezahlte Jobs und Aussichten auf ein besseres Leben bieten wird".
Das zeigt, wie naiv die Amerikaner, und dabei insbesondere das Team Trump, an diesen einhundertjährigen Konflikt rangeht. Natürlich wollen die Palästinenser für sich und die nachfolgenden Generationen "besser bezahlte Jobs" und Aussichten auf ein besseres Leben haben. Wer möchte das denn nicht? Aber unter keinen Umständen werden sich die Palästinenser kaufen lassen. Das haben sie, mit einigen wenigen Ausnahmen, in den letzten einhundert Jahren nicht getan und werden es auch jetzt nicht tun. Und schon gar nicht werden sie einen amerikanischen Vorschlag als neutral und fair betrachten, wenn als Urheber des "ultimativen Deals" fünf Männer gelten, die allesamt nicht als objektiv gelten können.
- Jared Kushner: Schwiegersohn von Donald Trump und amerikanischer Jude
- David Melech Friedman: US-Botschafter in Israel und amerikanischer Jude
- Jason Greenblatt: US-Sonderbeauftragter für intern. Verhandlungen und amerikanischer Jude
- Ron Dermer: Israelischer Botschafter in den USA und amerikanischer Jude
- Benjamin Netanjahu: Israelischer Ministerpräsident und israelischer Jude
Offiziell ist der neue amerikanische Plan noch nicht vorgestellt worden, aber es sind einige Punkte durchgesickert, die auch angesichts der Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem Sinn ergeben. Demnach wird es kein Ostjerusalem als Hauptstadt des "künftigen" Palästina geben; es ist eine komplette Entmilitarisierung des palästinensischen Staates mit Lufthoheit für die Israelis vorgesehen; nur eine kleine Zahl von Dörfern im Osten und Norden von Jerusalem werden von IDF-Soldaten geräumt, damit die fiktive "Hauptstadt" im jetzigen Dorf Abu Dis entstehen kann; Israel behält die komplette Kontrolle über das Jordantal. Und das alles für eine Handvoll von US-Dollars? Natürlich würde es einige palästinensische Geschäftsmänner/Politiker geben, die sich lieber persönlich bereichern wollen, als noch jahrelang mit den Israelis über einen Staat Palästina zu streiten, der ohnehin nicht mehr realisierbar ist.
Aber wer die Palästinenser kennt und mit ihrer kulturellen Widerstandskraft, dem "sumut", vertraut ist, wird wissen, dass sie niemals auf diesen amerikanischen Kuhhandel eingehen werden. Jared Kushner sollte sich besser damit vertraut machen und sich die Bilder von Palästinenser anschauen, die noch heute, siebzig Jahre nach ihrer Vertreibung, die Schlüssel zu ihren ehemaligen Häusern aufbewahren, was generationenübergreifend zum Symbol ihres Widerstandes geworden ist. Aufgeben ist keine Option für sie, egal ob es sich dabei um einen "ultimativen Deal", "Jahrhundertdeal" oder was auch immer handelt.
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