Meinung

"Juden sind Unglück der Ukraine" - Konsul in Hamburg als Sinnbild der ukrainischen Elite

Der ehemalige Konsul im Generalkonsulat von Hamburg, Wassyl Maruschtschinez, wurde wegen menschenverachtenden, Faschismus bejahenden Äußerungen abberufen. Die Einstellung des Konsuls ist kein Einzelfall, sondern eine Komponente der ukrainischen Regierungspolitik.
"Juden sind Unglück der Ukraine" - Konsul in Hamburg als Sinnbild der ukrainischen EliteQuelle: Reuters © Gleb Garanich

ein Gastkommentar von Martin Dolzer

Wassyl Maruschtschinez war bis zum 14. Mai 2018 im Generalkonsulat der Ukraine in Hamburg als Konsul tätig. Zwei Tage, nachdem der aus der Ukraine stammende Journalist Anton Schariy einen Beitrag über ihn auf Youtube veröffentlicht hatte, suspendierte der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin den Diplomaten vom Dienst und ordnete ein Disziplinarverfahren an. Ob der ehemalige Konsul nun endgültig aus dem diplomatischen Dienst entlassen oder lediglich versetzt wird, ist bislang offen.

Maruschtschinez hatte auf seinem nur für Freunde sichtbaren Facebook-Profil kontinuierlich den Faschismus befürwortet und menschenverachtende Inhalte gepostet. "Es lebe die Ukraine! Tod den Antifaschisten!", postete er am 21. August 2015. Mit einem Bild "rot-schwarz der Grund, darauf ein blauer Kreis mit einem links gedrehten Hakenkreuz" proklamierte er am 23. Februar 2014 seine Vorstellungen von einem Staat namens Aria. In weiteren Veröffentlichungen schrieb der Konsul, dass der Massenmord an Juden 1941 in Babi Jar nie stattgefunden habe, ebenso wenig der Holocaust.

"Polen und Ungarn, Zigeuner und Juden" seien das Unglück der Ukraine. Zu seinem 60. Geburtstag postete er eine braune Torte in Form eines Buches. Mit weißem Zuckerguß war darauf "Mein Kampf" geschrieben. Rund 150 Facebook-Freunde hoben oftmals ihren virtuellen Daumen – viele davon Beamte des Kiewer Außenministeriums, ehemalige sowie aktive Diplomaten im Außendienst, darunter die ukrainische Botschafterin in Portugal, Inna Ogniwez.

Es ist auf jeden Fall zu begrüßen, dass der Konsul wegen seiner inakzeptablen Äußerungen abberufen wurde. Allerdings behebt das, selbst wenn der ehemalige Konsul endgültig entlassen würde, lediglich ein Symptom. Deshalb ist es wichtig, auch die Ursachen und Hintergründe zu beleuchten.

Die ukrainische Regierung betreibt nach dem verfassungswidrigen Umsturz infolge der "Maidanproteste" insgesamt eine Politik, in der Vorurteile und massive Repression gegen Andersdenkende an der Tagesordnung sind und ultranationalistische bis faschistische Ideologien, Inhalte und Akteure eine wichtige Rolle spielen. Der zunächst soziale Protest auf dem Maidan wurde schnell seitens der Regierungen der USA und einiger EU-Staaten instrumentalisiert. Nach der gescheiterten "Orangenen Revolution" sahen sie nun eine neue Chance, die Ukraine mit aller Macht aus der russischen Einflusssphäre zu lösen. Folglich wurde eine von ihnen unterstützte Führung aus prowestlichen wirtschaftsliberalen Kräften einerseits und einem nationalistischen und rechten Lager andererseits etabliert. Petro Poroschenko gilt dabei als Mann der USA, der Bürgermeister von Kiew Vitali Klitschko wurde von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung gefördert. Bei dem gewaltsamen Umsturz spielten auch faschistische Kräfte eine zentrale Rolle.

Im Konflikt um den Donbass kamen dann neben der ukrainischen Armee offen rechtsextreme paramilitärische Einheiten wie zum Beispiel das Regiment Asow oder das Bataillon Aidar zum Einsatz und begingen zahlreiche Kriegsverbrechen. Amnesty International dokumentierte Übergriffe des Aidar-Bataillons, darunter Entführung, Raub, Misshandlung, Erpressung und vorgetäuschte Hinrichtungen. Die UN wirft dem Regiment Asow u.a. das Foltern von Gefangenen vor. Dessen Gründer Andrej Bilezki wurde jedoch von Präsident Petro Poroschenko ein Tapferkeitsorden für den "Einsatz an der Kriegsfront" verliehen. Menschenrechtler verweisen auf Gewaltverbrechen gegen die Zivilbevölkerung, darunter prorussische Menschen, Linke, Ausländer und Homosexuelle, die auch zu Friedenszeiten von Bilezkis Truppen verübt wurden.

Das Regiment Asow war darüber hinaus am 2. Mai 2014 am Massaker von Odessa beteiligt, bei dem mehr als 50 Menschen im Gewerkschaftshaus von einem rechten Mob verbrannt und ermordet und mehr als 200 Menschen verletzt wurden. Bis heute steht keiner der zum Teil bekannten rechten Brandstifter vor Gericht. Der Innenminister der Ukraine, Arsen Awakow, ist Berichten zufolge Hauptfinanzier der aus dem Regiment Asow hervorgegangenen zivilen Frontorganisation "Nationales Korps" und dessen Jugendorganisation "Gefolgschaft", die mittlerweile als eine Art Bürgerwehr unter den Augen der Awakow unterstehenden Polizei andersdenkende verfolgen und drangsalieren. Die Straflosigkeit rechter und staatlicher Täter ist ein zentrales Problem in der Ukraine.

Rechtsstaatlichkeit gilt ebenfalls nicht für Kritiker der ukrainischen Regierung. Dem internationalen Verband "European Journalists" zufolge sind 2017 insgesamt 85 physische Angriffe auf Medienvertreter gezählt worden. Razzien durch ukrainische Behörden und Anschläge von rechten Gruppierungen auf regierungskritische Medienanstalten wie die Mediaholding Westi Ukraine oder den Fernsehsender NewsOne häufen sich. Würde die EU sich an die Werte der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und des EU-Assoziierungsabkommen halten, müsste sie massiven Druck auf die ukrainische Regierung ausüben, die Menschenrechte einzuhalten und Rechtsstaatlichkeit herzustellen.

Die Farbenrevolutionen in den ehemaligen Sowjetrepubliken sind Folge einer zynischen neokolonialen Politik der USA und der EU. Diese Politik nimmt billigend Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen sowie die "indirekte" Zusammenarbeit mit Faschisten in Kauf und richtet sich aggressiv gegen Russland. In Anbetracht der Gesamtsituation sowie der durch den ukrainischen Geheimdienst SBU vorgetäuschten Ermordung von Arkadi Babtschenko ist zu befürchten, dass weitere Provokationen vor oder während der Fußball-WM in Russland geplant sind. Im schlimmsten Fall könnte die ukrainische Armee mit dem Segen von USA und EU gemeinsam mit den genannten rechtsextremen Formationen eine ausgeweitete Offensive gegen die Volksrepubliken Donezk und Lugansk versuchen.

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Die Facebookeinträge von Konsul Maruschtschinez sind kein Einzelfall, sondern Ausdruck eines Aspekts der ukrainischen Regierungspolitik. Sie entsprechen genauso wenig dem "Wiener Abkommen über konsularische Beziehungen" wie die Äußerungen des ehemalige Premierministers Arsenij Jazenjuk, der Menschen aus dem Donbass und Russland als Untermenschen bezeichnet hat; oder das Handeln Arsen Awakows, der rechte paramilitärische Strukturen unterstützt, der EMRK entsprechen.

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Zur Person: Martin Dolzer ist Journalist sowie Sprecher für Frieden, Europa, Justiz, Wissenschaft und Vorsitzender des Eingabenausschuss der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft

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