Meinung

Der Tag des Sieges: Eindrücke aus Rostow

Der 9. Mai ist nicht einfach nur ein weiterer Feiertag in Russland. Es ist vielleicht der bedeutendste von allen, an welchem seit 1945 jedes Jahr der Tag des Sieges gefeiert wird - des Sieges über Deutschland, über Hitler, über die Nazis und den Rassenwahn.
Der Tag des Sieges: Eindrücke aus Rostow© Zlatko Percinic

von Zlatko Percinic

Es war ein Sieg, der ungeheuerliche Opfer von allen Völkern der damaligen Sowjetunion gefordert hatte und nur sehr wenige Familien hatten das Glück, nicht in irgendeiner Art und Weise vom "Großen Vaterländischen Krieg" betroffen gewesen zu sein. Deshalb wird auch heute, am 9. Mai 2018, 73 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, in ganz Russland dieser Feiertag begangen. Es ist aber viel mehr als eine Feier, infolge derer vielleicht schon am Nachmittag, aber ganz sicher am Abend der Wodka tausende Kehlen feuchthalten wird. Es ist der Tag der Erinnerung an die Gefallenen und der Ehrung derer, die teilgenommen haben, der Verteidiger des Vaterlandes, wie sie von ihren Angehörigen liebevoll genannt werden.

Über das Zurschaustellen eindrucksvoller Gerätschaften bei Dutzenden von Militärparaden in Russland, die dem eigenen Volk eine gewisse Stärke und somit Sicherheit suggerieren und Gegner abschrecken soll, laufen auch jedes Jahr zehntausende Menschen durch die prachtvollen Paradestraßen. Mittels auf Schilder abgedruckter Porträts wollen sie ihren Familienangehörigen dafür danken, dass sie für das Wohl ihrer Nachkommen diese Opfer erbracht haben.

Dieses alljährliche Spektakel kommt manchen von uns in den westlichen Ländern vielleicht etwas befremdlich vor. Viele hier können es nicht mehr nachvollziehen, weshalb Begriffe wie "Vaterland" und "Patriotismus" in der heutigen Zeit und einer modernen Gesellschaft noch so einen großen Stellenwert haben können. In einer Zeit, da in Deutschland tatsächlich aus einem Ministerium sogar der Vorstoß kam, solche Begriffe geschlechtsneutral zu definieren und dabei auch noch die letzte Bindung an eine Wertewelt zu trennen, die auch Deutschland einst zum Land der Dichter und Kultur gemacht hatte...

Wenn ich den Menschen hier darüber berichte und sie nach ihrer Meinung dazu befrage, ruft das ihrerseits Befremden und Erstaunen hervor. Hier in Rostow am Don, wo in ein paar Wochen auch einige Begegnungen der Fußball-Weltmeisterschaft ausgetragen werden und ich heute diesen Tag des Sieges miterleben darf, ist die Liebe zum Vaterland keine reine Männerdomäne. Es sind eigentlich Frauen, die am meisten Emotionen zeigen, wenn die Kapelle vorbeizieht und die am lautesten jubeln, als die örtliche Abteilung der Nachtwölfe auf ihren blitzblank polierten Motorrädern erscheint. Frauen jeglichen Alters tragen irgendein militärisches Accessoire, ob es die alte sowjetische Mütze oder eine moderne Tarnhose ist.

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Egal ob jung oder alt, Mann oder Frau, alle teilen hier dieselben Werte unter einem Begriff, der in Deutschland offiziell verpönt ist. Man ist stolz darauf, was Russland in den letzten Jahren geschafft hat, obwohl natürlich nicht alles so läuft wie manche es sich vorstellen oder vielleicht gerne hätten. Gerade hier in Rostow, von wo aus gesehen keine zweihundert Kilometer weiter westlich ein Krieg tobt, weiß man um die Bedeutung einer starken Armee. Von den Menschen die ich getroffen habe, spricht niemand von einem Krieg mit dem Westen. Man will, wie jedes andere Volk auch, einfach in Frieden leben können und dass die eigenen Vorstellungen respektiert werden. Aber sollte es doch anders kommen und irgendjemand dem eigenen Land einen Krieg aufzwingen, dann möchte man darauf vorbereitet sein. Auch dazu dient der Tag des Sieges: sich zu erinnern.

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